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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schals erkennen konnte, aber Jake konnte auch einige hellgelbe Tupfer sehen. Da das Ende nun endlich über sie gekommen war, waren alte Feindseligkeiten vergessen.
    Die Purpurwolke holte die Flüchtigen ein – weitgehend alte Leute, die nicht richtig laufen konnten. Diese fielen hin, umklammerten die Hälse und schrien lautlos, wenn das Gas sie einholte. Jake sah ein schmerzverzerrtes Gesicht, das fassungslos aufsah, als sie darüber hinwegfuhren, sah die Augen, die sich langsam mit Blut füllten, und wandte sich ab.
    Vor ihnen verschwand die Schiene im aufziehenden purpurnen Nebel. Eddie zuckte zusammen und hielt den Atem an, als sie eintauchten, aber selbstverständlich teilte sie sich um den Zug, und kein Hauch des Todes drang herein. Sah man in die Straßen unten, war es, als sähe man durch ein Buntglasfenster direkt in die Hölle.
    Susannah legte das Gesicht an Eddies Brust.
    »Bring die Wände wieder zurück, Blaine«, sagte er. »Das wollen wir nicht sehen.«
    Blaine antwortete nicht, und die Wände um sie und unter ihnen blieben durchsichtig. Die Wolke löste sich bereits in zerrissene purpurne Fetzen auf. Hinter ihr wurden die Häuser der Stadt kleiner und rückten dichter zusammen. Die Straßen dieses Stadtteils bildeten ein Wirrwarr von Gassen, scheinbar ohne Ordnung oder Zusammenhang. An manchen Stellen schienen ganze Blocks niedergebrannt worden zu sein… und zwar schon vor langer Zeit, denn die Vegetation forderte diese Stücke zurück und begrub das Geröll unter dem Gras, das dereinst ganz Lud schlucken würde. So wie der Dschungel die großen Zivilisationen der Inkas und Mayas verschluckt hat, dachte Eddie. Das Rad des Ka dreht sich, und die Welt dreht sich weiter.
    Hinter den Elendsvierteln – Eddie war sicher, daß sie das vor den bösen Tagen gewesen waren – lag eine glänzende Mauer. Blaine fuhr langsam in diese Richtung. Sie konnten einen tiefen Einschnitt in dem weißen Stein erkennen. Die Schiene der Bahn führte dort hindurch.
    »SEHT ZUM VORDEREN ABSCHNITT DER KABINE, BITTE«, forderte Blaine sie auf.
    Sie gehorchten, worauf die vordere Wand wieder erschien – ein blau geplosterter Kreis, der im Nichts zu schweben schien. An diesem war keine Tür ersichtlich – falls man von der Baronskabine in den Betriebsraum gelangen konnte, so sah Eddie nicht, wie das möglich sein sollte.
    Vor ihren Augen wurde ein rechteckiger Abschnitt dieser Wand dunkel – von Blau über Violett zu Schwarz. Einen Augenblick später erschien eine grellrote Linie auf dem Rechteck und wanderte über dessen Fläche. Violette Pünktchen erschienen in unregelmäßigen Abständen auf der Linie, und noch bevor Namen neben diesen Punkten aufleuchteten, war Eddie klar, daß er eine Streckenkarte sah, die sich nicht so sehr von denen unterschied, wie sie in den U-Bahnhöfen von New York und den Zügen selbst ausgehängt waren. Lud, Blaines Heimatbahnhof und Endstation zugleich, wurde durch einen hellgrünen Punkt gekennzeichnet.
     

     
    »IHR SEHT UNSERE REISEROUTE VOR EUCH, UND OBWOHL DIESE EINIGE ABSTECHER UND KURVEN MACHT, WERDET IHR MERKEN, DASS UNSER KURS SICH UNBEIRRBAR NACH SÜDOSTEN ERSTRECKT – AUF DEM PFAD DES BALKENS. DIE GESAMTE ENTFERNUNG BETRÄGT ETWAS ÜBER ACHTTAUSEND RÄDER – ODER SIEBENTAUSEND MEILEN, WENN EUCH DIESE MASSEINHEIT LIEBER IST. ES WAR EINMAL VIEL WENIGER, ABER DAS WAR, BEVOR ALLE TEMPORALEN SYNAPSEN ZU SCHMELZEN ANGEFANGEN HABEN.«
    »Was meinst du mit temporalen Synapsen?« fragte Susannah.
    Blaine lachte sein garstiges Lachen… aber er beantwortete ihre Frage nicht.
    »MIT MEINER HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT WERDEN WIR DIE ENDSTATION MEINER STRECKE IN ACHT STUNDEN UND FÜNFUNDVIERZIG MINUTEN ERREICHEN.«
    »Über achthundert Meilen die Stunde am Boden«, sagte Susannah. Ihre Stimme klang fassungslos. »Heiliger Jesus!«
    »ICH GEHE SELBSTVERSTÄNDLICH DAVON AUS, DASS SÄMTLICHE STRECKENABSCHNITTE DER ROUTE NOCH INTAKT SIND. ES IST NEUN JAHRE UND FÜNF MONATE HER, SEIT ICH MIR ZUM LETZTENMAL DIE MÜHE GEMACHT UND DIE FAHRT AUF MICH GENOMMEN HABE, DAHER KANN ICH ES NICHT MIT SICHERHEIT SAGEN.«
    Vor ihnen kam die Mauer am südöstlichen Stadtrand näher. Diese war hoch und dick und oben bereits abgebröckelt. Außerdem schien sie von Skeletten bedeckt zu sein – Tausende und Abertausende toter Ludianer. Die Öffnung, der sich Blaine näherte, schien mindestens fünfzig Meter tief zu sein, und dort war der Turm, welcher die Schiene trug, ganz schwarz, als hätte jemand versucht, ihn

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