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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihn fast selbst, diese Frage aus seinem Mund zu hören; niemand war neugieriger auf die Vergangenheit des Revolvermanns gewesen als Eddie. »Das heißt, wenn es wirklich wehtut, Roland… richtig schlimm wehtut… vielleicht…«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ihr es hören müsst, aber ich glaube, ich muss es erzählen. Unsere Zukunft ist der Turm, und damit ich mit ganzem Herzen zu ihm gehen kann, muss ich meine Vergangenheit, so gut ich kann, zur Ruhe betten. Ich kann euch unmöglich alles erzählen – in meiner Welt ist selbst die Vergangenheit in Bewegung und ordnet sich in vielen entscheidenden Dingen neu –, aber diese eine Geschichte mag stellvertretend für alle anderen stehen.«
    »Ist es ein Western?«, fragte Jake plötzlich.
    Roland sah ihn verwirrt an. »Ich verstehe nicht, was du meinst, Jake. Gilead ist eine Baronie der westlichen Welt, ja, und Mejis ebenfalls, aber…«
    »Es wird ein Western«, sagte Eddie. »Rolands Geschichten sind alle Western, wenn man es recht bedenkt.« Er lehnte sich zurück und zog die Decke über sich. Aus Osten wie Westen konnte er schwach das Heulen der Schwachstelle hören. Er suchte in den Taschen nach den Patronen, die Roland ihm gegeben hatte, und nickte zufrieden, als er sie berührte. Er nahm an, dass er heute Nacht ohne sie schlafen konnte, aber morgen würde er sie wieder brauchen. Sie hatten ihr Highwaysurfen noch nicht beendet.
    Susannah beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. »Fertig für heute, Süßer?«
    »Jawoll«, sagte Eddie und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Es kommt nicht alle Tage vor, dass ich mit dem schnellsten Zug der Welt fahre, den klügsten Computer der Welt vernichte und dann herausfinde, dass alle von der Grippe gekillt worden sind. Und das alles vor dem Abendessen. So eine Scheiße macht einen Mann schon müde.« Eddie lächelte und schloss die Augen. Er lächelte immer noch, als der Schlaf ihn übermannte.
     
     

9
     
    In seinem Traum standen sie alle an der Ecke Second Avenue und Forty-sixth Street und sahen über den niederen Bretterzaun auf das Brachgrundstück dahinter. Sie trugen ihre Kleidung von Mittwelt – eine geflickschusterte Kombination von Wildleder und alten Hemden, überwiegend von Spucke und Schnürsenkeln zusammengehalten –, aber keiner der Fußgänger, die auf der Second vorübereilten, schien es zu bemerken. Niemand bemerkte den Billy-Bumbler auf Jakes Armen oder die Artillerie, die sie bei sich trugen.
    Weil wir Geister sind, dachte Eddie. Wir sind Geister, und wir finden keine Ruhe.
    Am Zaun klebten Werbeplakate – eines für die Sex Pistols (eine Revival-Tour, wie das Poster behauptete, was Eddie ziemlich komisch fand – die Pistols waren eine Gruppe, die nie wieder zusammen spielen würde), eines für einen Komiker, Adam Sandler, von dem Eddie noch nie gehört hatte, eines für einen Film mit dem Titel Hexenclub, irgendeine Highschool-Komödie mit okkultem Hintergrund. Über diesem Plakat stand in der staubig-rosa Farbe von Sommerrosen Folgendes geschrieben:
     
    Sieh den mächtigen B ÄREN dort aufgestellt!
    In seinen Augen die ganze W ELT .
    Ein Rätsel das Gestern, die Z EIT wird dünn;
    Und der T URM , der wartet mittendrin.
     
    »Da«, sagte Jake und zeigte darauf. »Die Rose. Seht ihr, wie sie auf uns wartet, dort, mitten auf dem Grundstück.«
    »Ja, sie ist sehr schön«, sagte Susannah. Dann zeigte sie auf das Schild, das neben der Rose stand. Ihre Stimme klang so besorgt, wie ihre Augen aussahen. »Aber was ist damit?«
    Dem Schild zufolge planten zwei Firmen – die Baufirma Mills und das Maklerbüro Sombra –, gemeinsam die Eigentumswohnanlage Turtle Bay zu errichten, deren Häuser genau an dieser Stelle gebaut werden sollten. Wann? Demnächst, mehr hatte das Schild dazu nicht zu sagen.
    »Ich würde mir darüber keine Gedanken machen«, sagte Jake. »Das Schild stand schon früher hier. Wahrscheinlich ist es so alt wie der…«
    In diesem Augenblick zerriss der Lärm eines anspringenden Motors die Stille. Auf der anderen Seite des Zauns, auf der zur Forty-sixth Street gelegenen Seite des Grundstücks, stiegen schmutzigbraune Abgase auf wie Rauchzeichen, die schlechte Nachrichten verkündeten. Plötzlich barsten die Bretter auf dieser Seite, und eine riesige rote Planierraupe brach durch. Sogar die Schaufel war rot, obwohl die Worte, die darauf standen – HEIL DEM SCHARLACHROTEN KÖNIG –, in einem Gelb so grell wie Panik geschrieben waren. Auf dem

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