Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
herkomme, aber die meisten sind Bürohäuser. Das Ding da vorn sieht mehr nach etwas aus Disney World aus. Weißt du, was es ist?«
    »Nein.«
    »Warum willst du es dann nicht ansehen?«, fragte Susannah.
    Roland riskierte noch einen Blick auf das ferne Funkeln von Licht auf Glas, aber wieder geschah es hastig – kaum mehr als ein Blinzeln.
    »Weil es Ärger bedeutet«, sagte Roland, »und es liegt sowieso auf unserem Weg. Zur gegebenen Zeit werden wir dort sein. Es ist nicht nötig, in Ärger zu leben, bevor der Ärger da ist.«
    »Werden wir noch heute dort ankommen?«, fragte Jake.
    Roland zuckte mit nach wie vor verschlossenem Gesicht die Achseln. »Es wird Wasser geben, so Gott es will«, sagte er.
    »Herrgott, du hättest ein Vermögen als Texter für Glückskekse verdienen können«, sagte Eddie. Er hoffte wenigstens auf ein Lächeln, bekam aber keines. Roland ging einfach über die Straße zurück, ließ sich auf ein Knie nieder, schulterte Tasche und sein Bündel und wartete dann auf die anderen. Als auch sie sich gerüstet hatten, setzten die Pilger gemeinsam ihren Fußmarsch auf der Interstate 70 nach Osten fort. Der Revolvermann ging voran, den Kopf gesenkt und die Augen auf die Spitzen seiner Stiefel gerichtet.
     
     

12
     
    Roland war den ganzen Tag über still, und als das Gebäude vor ihnen näher kam (Ärger, und auf unserem Weg, hatte er gesagt), wurde Susannah klar, dass sie es hier nicht mit Verdrossenheit zu tun hatten oder mit Sorge wegen irgendetwas, was weiter in der Zukunft lag als der heutige Abend. Roland dachte über die Geschichte nach, die er ihnen erzählen wollte, und er war darüber weitaus mehr als nur besorgt.
    Als sie Rast machten und zu Mittag aßen, konnten sie das Gebäude vor ihnen deutlich sehen – ein Palast mit vielen Türmchen, der fast ausschließlich aus Spiegelglas zu bestehen schien. Die Schwachstelle lag ganz in der Nähe, aber der Palast überragte alles ganz gelassen und griff mit seinen Türmchen nach dem Himmel. Natürlich wirkte er hier in der flachen Landschaft von Kansas völlig fehl am Platz, aber Susannah fand, dass es das schönste Gebäude war, das sie in ihrem Leben je gesehen hatte; sogar noch schöner als das Chrysler Building, und das wollte schon etwas heißen.
    Je näher sie kamen, desto schwerer fiel es ihr, woanders hinzusehen. Es war, als würde man eine grandiose Illusion sehen, wenn man die Schäfchenwolken beobachtete, die über die himmelblauen Glaszinnen und Mauern des Glasschlosses dahinzogen… und trotzdem machte es zugleich einen soliden Eindruck. Einen unbestreitbaren Eindruck. Teilweise lag das sicher nur an dem Schatten, den es erzeugte – Trugbilder warfen, soweit sie wusste, keine Schatten –, aber nicht nur. Es war einfach da. Sie hatte keine Ahnung, was etwas derart Wunderbares hier draußen im Land von Stuckeys und Hardee’s zu suchen hatte (ganz zu schweigen von Boing Boing Burgers), aber es war da. Sie ging davon aus, dass die Zeit den Rest offenbaren würde.
     
     

13
     
    Sie schlugen schweigend ihr Lager auf, sahen schweigend Roland zu, wie er den Holzkamin aufschichtete, der ihr Lagerfeuer werden würde, und danach saßen sie schweigend davor und beobachteten, wie der Sonnenuntergang das riesige Glasgebilde vor ihnen in ein Schloss aus Feuer verwandelte. Die Türme und Zinnen leuchteten zuerst blutrot, dann orange, dann in einem Goldton, der rasch zu Ocker abkühlte, als der Alte Stern am Firmament über ihnen auftauchte…
    Nein, dachte sie mit Dettas Stimme. Das is er nich, Mädel. Überhaupt nich. Das is der Nordstern. Derselbe, den du zu Hause gesehen hast, als du auf dem Schoß von deinem Daddy gesessen hast.
    Aber sie stellte fest, dass sie sich den Alten Stern wünschte; den Alten Stern und die Alte Mutter. Zu ihrem Erstaunen verspürte sie Heimweh nach Rolands Welt, und dann fragte sie sich, warum sie das überraschen sollte. Immerhin war das eine Welt, wo niemand sie eine Niggerhure genannt hatte (jedenfalls bislang noch nicht); eine Welt, wo sie ihren Liebsten gefunden hatte… und gute Freunde obendrein. Bei dem Gedanken wurde ihr leicht nach Weinen zumute, und sie drückte Jake an sich. Er ließ sich lächelnd und mit halb geschlossenen Augen drücken. In der Ferne heulte die Schwachstelle vernehmlich, aber auch ohne Ohrstöpsel erträglich ihr Klagelied.
    Als die letzten Reste Gelb auf dem Schloss an der Straße verblassten, ließ Roland die Gefährten auf der Überholspur des Highways sitzen, kehrte zu

Weitere Kostenlose Bücher