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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mit dieser Waffe ein Ende setzen, und wenn du nicht Manns genug bist, mir zu helfen, dann kannst du wenigstens beiseite treten und mich…«
    Einer der Revolver an Stevens Hüfte war aus dem Holster und lag in der Hand, noch ehe Roland eine Bewegung sehen konnte. Ein einziger Schuss ertönte, in dem kleinen Zimmer ein ohrenbetäubendes Donnern; es dauerte eine volle Minute, bis Roland die murmelnden Fragen und den Aufruhr unten hören konnte. Der Lehrlingsrevolver indessen war fort, aus Rolands Hand geschossen, wo lediglich ein Kribbeln zurückblieb. Der Revolver flog zum Fenster hinaus und war dahin, der Griff ein zertrümmertes Stück Altmetall und seine kurze Rolle in Rolands langer Geschichte damit beendet.
    Roland sah seinen Vater erschrocken und erstaunt an. Steven erwiderte den Blick und sagte lange Zeit nichts. Aber nun stellte er wieder das Gesicht zur Schau, das Roland seit seiner frühesten Kindheit kannte: ruhig und selbstsicher. Die Erschöpfung und der Ausdruck halbwegs unbewusster Wut waren daraus verschwunden wie die Gewitter der vergangenen Nacht.
    Schließlich sprach sein Vater wieder. »Es war falsch, was ich gesagt habe, und ich entschuldige mich. Du hast mein Angesicht nicht vergessen, Roland. Aber ein Narr warst du trotzdem – du hast zugelassen, dass dich einer, der weit listenreicher ist, als du es in deinem Leben je sein wirst, zu etwas getrieben hat. Nur durch die Gnade der Götter und das Wirken des Ka bist du nicht nach Westen geschickt worden, ein weiterer wahrhaftiger Revolvermann, der aus Martens Weg entfernt wurde… aus John Farsons Weg… und aus dem Weg, der zu jener Kreatur führt, die die beiden beherrscht.« Er stand auf und streckte die Arme aus. »Wenn ich dich verloren hätte, Roland, wäre ich gestorben.«
    Roland stand auf und ging nackt zu seinem Vater, der ihn heftig umarmte. Als Steven Deschain ihn zuerst auf die eine und dann auf die andere Wange küsste, fing Roland an zu weinen. Dann flüsterte Steven Deschain seinem Sohn Roland sechs Wörter ins Ohr.
     
     

16
     
    »Was?«, fragte Susannah. »Was für sechs Wörter?«
    ›»Ich weiß es seit zwei Jahren‹«, sagte Roland. »Genau, das hat er geflüstert.«
    »Herr im Himmel«, sagte Eddie.
    »Er sagte mir, dass ich nicht in den Palast zurückkehren könne. Falls doch, wäre ich bei Einbruch der Nacht tot. Er sagte: ›Du bist trotz allem, was Marten anrichten konnte, für dein Schicksal geboren; aber er hat geschworen, dich zu töten, bevor du ihm Sorgen bereiten kannst. Es scheint so, als müsstest du, obwohl als Sieger aus der Prüfung hervorgegangen, Gilead verlassen, doch wirst du nach Osten statt nach Westen gehen. Aber ich schicke dich nicht allein und ohne Grund dorthin.‹ Dann fügte er fast wie einen verspäteten Einfall hinzu: ›Und auch nicht mit einem Paar armseliger Lehrlingsrevolver.‹«
    »Was für ein Grund?«, fragte Jake. Die Geschichte hatte ihn eindeutig gefesselt; seine Augen leuchteten fast so hell wie die von Oy. »Und was für Begleiter?«
    »Das alles sollt ihr nun hören«, sagte Roland, »und wie ihr über mich urteilt, wird die Zeit erweisen.«
    Er seufzte – das tiefe Seufzen eines Mannes, dem eine schwierige Aufgabe bevorstand –, und dann warf er frisches Holz auf das Feuer. Als die Flammen emporloderten und die Schatten etwas zurücktrieben, fing er an zu reden. Er redete die ganze, merkwürdig lange Nacht hindurch, und er beendete die Geschichte von Susan Delgado erst, als die Sonne im Osten aufging und das Schloss aus Glas dort drüben mit den leuchtenden Farben eines neuen Tages bemalte – und mit einem seltsam grünlichen Licht, das seine wahre Farbe war.

 
     
     
     
     
     

Z WEITER T EIL

S USAN

Kapitel 1

U NTER DEM K USSMOND
     

1
     
    Eine kreisrunde silberne Scheibe – der Kussmond, wie er in der Vollen Erde genannt wurde – schwebte über dem zerklüfteten Hügel fünf Meilen östlich von Hambry und zehn Meilen südlich des Eyebolt Canyon. Unterhalb des Hügels hielt sich die Spätsommerhitze auch zwei Stunden nach Sonnenuntergang noch drückend, aber auf dem Cöos war es, als wäre der Monat Ernte mit seinen heftigen Winden und der frostkalten Luft bereits gekommen. Für die Frau, die mit einer Schlange und einer alten Mutie-Katze als einziger Gesellschaft hier oben lebte, sollte es eine lange Nacht werden.
    Aber das spielt keine Rolle; spielt keine Rolle, meine Liebe. Fleißige Hände sind glückliche Hände. Das sind sie.
    Sie wartete, bis der

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