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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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allen falschen Gründen zu lernen. Womöglich das Gesicht des Mädchens, das diese Vettel einmal gewesen war. Das Licht schien von einer Art Glaskugel auszugehen.
    Die alte Frau betrachtete sie mehrere Augenblicke mit großen und faszinierten Augen. Sie bewegte die Lippen, als würde sie mit der Kugel sprechen oder ihr gar etwas vorsingen; der kleine Beutel, den Susan aus der Stadt mitgebracht hatte und dessen Kordel die Hexe immer noch im Mund hatte, tanzte auf und ab, während sie sprach. Dann schien sie das Kästchen unter großer Willensanstrengung zuzumachen, und das rosa Licht erlosch. Susan stellte fest, dass sie erleichtert war – etwas an dem Licht gefiel ihr ganz und gar nicht.
    Die alte Frau hielt eine hohle Hand über das silberne Schloss in der Mitte des Deckels, worauf kurz scharlachrotes Licht zwischen ihren Fingern aufblitzte. Das alles, während ihr der Beutel an der Kordel immer noch aus dem Mund hing. Dann stellte sie das Kästchen auf das Bett, kniete nieder und strich mit den Händen unmittelbar unterhalb der Bettkante über den Erdboden. Obwohl sie nur mit den Händen darüberstrich, tauchten dort Linien auf, so als hätte sie ein Werkzeug zum Zeichnen benutzt. Diese Linien wurden dunkler, bis sie wie Rillen aussahen.
    Das Holz, Susan! Geh das Holz holen, bevor ihr klar wird, wie lange du weg warst! Um deines Vaters willen!
    Susan zog ihren Rock bis zur Taille hoch – sie wollte nicht, dass die alte Frau etwa Erde oder Blätter an ihrer Kleidung sah, wenn sie wieder in die Hütte kam, wollte keine Fragen beantworten, die der Anblick solcher Spuren aufwerfen könnte – und schlich mit im Mondschein weiß leuchtender Baumwollunterwäsche unter dem Fenster vorbei. Als sie es hinter sich gelassen hatte, richtete sie sich wieder auf und lief lautlos zur anderen Seite der Hütte. Hier fand sie den Holzstoß unter einem alten Fell, das nach Schimmel roch. Sie nahm ein halbes Dutzend recht große Scheite und ging mit ihnen auf den Armen wieder zur Vorderseite des Hauses.
    Als sie eintrat, wobei sie sich zur Seite drehte, damit sie mit ihrer Last durch die Tür kam, ohne etwas fallen zu lassen, hielt sich die alte Frau wieder im vorderen Zimmer auf und sah verdrießlich ins Kaminfeuer, das inzwischen zu bloßer Glut heruntergebrannt war. Von dem Beutel war keine Spur mehr zu sehen.
    »Hast ziemlich lange gebraucht, Missy«, sagte Rhea. Sie sah weiter ins Feuer, als wäre Susan gänzlich unwichtig… aber sie wippte unter dem schmutzigen Saum ihres Kleids mit einem Fuß und hatte die Augenbrauen zusammengezogen.
    Susan durchquerte das Zimmer und sah beim Gehen so gut sie konnte über den Holzstapel auf ihren Armen hinweg. Sie wäre kein bisschen überrascht gewesen, wenn die Katze in der Nähe gelauert hätte, um sie zum Stolpern bringen zu können. »Ich habe eine Spinne gesehen«, sagte sie. »Und ich habe meine Schürze geschwenkt, um sie zu vertreiben. Ich kann deren Anblick nicht ertragen, das kann ich nicht.«
    »Bald wirst du etwas sehen, dessen Anblick dir noch weniger gefallen wird«, sagte Rhea und grinste ihr seltsam schiefes Grinsen. »Es wird aus dem Nachthemd des alten Thorin ragen, steif wie ein Stock und rot wie Rhabarber! Hihi! Moment mal, Mädchen; ihr Götter, du hast ja genug für ein Jahrmarktsfreudenfeuer gebracht!«
    Rhea nahm zwei große Scheite von Susans Stapel und warf sie gleichgültig auf die Glut. Funken wirbelten spiralförmig den dunklen und leise säuselnden Schaft des Kamins hinauf. Da, jetzt hast du alles verstreut, was von deinem Feuer noch übrig war, du dummes altes Ding, und wirst den ganzen Mist neu anzünden müssen, dachte Susan. Dann hielt Rhea eine gespreizte Hand über das Feuer, stieß einen kehligen Laut aus, und die Scheite loderten auf, als wären sie in Öl getränkt worden.
    »Leg den Rest dorthin«, sagte sie und zeigte auf die Holzkiste. »Und pass auf, dass du keinen Dreck machst, Missy.«
    Was, und dieses gepflegte Heim beschmutzen?, dachte Susan. Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um das Lächeln abzutöten, das sich auf ihrem Mund zeigen wollte.
    Rhea spürte es möglicherweise dennoch; als Susan wieder aufschaute, sah die alte Frau sie mit einer missmutigen, wissenden Miene an.
    »Na gut, Fräulein, kommen wir zu unserem Geschäft, und bringen wir es hinter uns. Weißt du, warum du hier bist?«
    »Ich bin hier auf Wunsch von Bürgermeister Thorin«, wiederholte Susan, wohl wissend, dass das keine richtige Antwort war. Nun hatte sie

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