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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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eine große Erleichterung.
    »Nun, vergiss es. Du hast die Prüfung deiner Ehrbarkeit bestanden; kannst dich anziehen und gehen. Aber bedenke, kein Wort von dem, was zwischen uns geschehen ist, zu Thorin! Worte zwischen Frauen müssen Männern nicht zu Ohren gebracht werden, schon gar nicht einem so großen Mann wie ihm.« Bei diesen Worten konnte Rhea ein zuckendes, höhnisches Grinsen jedoch nicht verbergen. Susan wusste nicht, ob die alte Frau sich dessen überhaupt bewusst war. »Sind wir uns einig?«
    Alles, was du willst, solange ich nur hier rauskomme und fortgehen kann.
    »Du erklärst, dass ich die Prüfung bestanden habe?«
    »Aye, Susan, Tochter des Patrick. Das tue ich. Aber nicht was ich sage ist wichtig. Nun… warte… irgendwo hier…«
    Sie kramte auf dem Kaminsims herum und schob gesprungene Untertassen mit Kerzenstummeln darauf beiseite, hob zuerst eine Petroleumlampe und dann eine Taschenlampe hoch, betrachtete einen Moment gebannt die Zeichnung eines Knaben und legte sie wieder weg.
    »Wo… wo… arrr… hier!«
    Sie nahm einen Block Papier mit rußigem Umschlag ( CITGO stand in uralten Goldbuchstaben darauf) und einen Bleistiftstummel zur Hand. Sie musste fast bis zum Ende des Blocks blättern, bis sie ein freies Blatt gefunden hatte. Darauf kritzelte sie etwas, dann riss sie das Blatt aus der Spiralbindung am oberen Ende des Blocks. Sie hielt Susan das Blatt hin, die es nahm und betrachtete. Dort stand ein Wort gekritzelt, das sie zuerst nicht verstand:
     

     
    Darunter befand sich ein Symbol:
     

     
    »Was ist das?«, fragte sie und zeigte auf die kleine Zeichnung.
    »Rhea, ihr Zeichen. In sechs Baronien bekannt, das ist es, und kann nicht kopiert werden. Zeig dieses Blatt deiner Tante. Dann Thorin. Wenn deine Tante es nehmen und Thorin selbst zeigen will – siehst du, ich kenne sie und ihre befehlshaberische Art –, dann sagst du Nein, Rhea sagt Nein, sie darf es nicht behalten.«
    »Und wenn Thorin es will?«
    Rhea zuckte gleichgültig die Achseln. »Lass es ihn behalten oder verbrennen oder sich den Hintern damit abwischen, mir ist es gleich. Und dir kann es auch egal sein, du hast doch die ganze Zeit über gewusst, dass du ehrbar ist, das hast du. Stimmt’s?«
    Susan nickte. Einmal, auf dem Heimweg von einer Tanzveranstaltung, hatte sie einen Jungen ganz kurz dessen Hand in ihre Bluse schieben lassen, na und? Sie war ehrbar. In mehr Weisen, als dieses garstige Geschöpf meinte.
    »Aber verlier dieses Stück Papier nicht. Es sei denn, du willst mich wiedersehen und die Sache noch einmal durchmachen.«
    Gott behüte mich allein vor dem Gedanken, dachte Susan, brachte es aber fertig, nicht sichtlich zu erschauern. Sie steckte das Blatt in ihre Tasche dorthin, wo zuvor der Beutel gewesen war.
    »Jetzt komm zur Tür, Mädchen.« Die Alte sah aus, als wollte sie Susan am Arm packen, doch dann schien sie es sich anders überlegt zu haben. Die beiden gingen Seite an Seite zur Tür und bemühten sich so sehr, einander nicht zu berühren, dass es schon linkisch aussah. Aber als sie da waren, ergriff Rhea doch Susans Arm. Dann zeigte sie mit der anderen Hand zu der strahlenden Silberscheibe, die über dem Gipfel des Cöos schwebte.
    »Der Kussmond«, sagte Rhea. »Es ist Mittsommer.«
    »O Aye.«
    »Sag Thorin, dass er dich nicht in seinem Bett – oder einem Heuhaufen, auf dem Boden der Waschküche oder sonst wo – nehmen soll, bevor der Dämonenmond voll am Himmel steht.«
    »Erst zur Erntezeit?« Das waren noch drei Monate – ihr kam es wie ein ganzes Leben vor. Susan versuchte, sich ihr Entzücken angesichts dieses Aufschubs nicht anmerken zu lassen. Sie hatte geglaubt, Thorin würde ihr bereits in der kommenden Nacht bei Mondaufgang die Jungfräulichkeit nehmen. Ihr entging nicht, wie er sie ständig ansah.
    Unterdessen sah Rhea zum Mond und schien zu rechnen. Sie griff mit der Hand nach Susans langem Zopf und streichelte ihn. Susan ertrug es, so gut sie konnte, und als sie schon glaubte, dass sie es nicht länger ertragen konnte, ließ Rhea auf einmal die Hand sinken und nickte. »Aye, nicht nur die Ernte, sondern das wahre fin de año – Jahrmarktsnacht, sag ihm das. Sag ihm, dass er dich nach dem Freudenfeuer haben kann. Hast du verstanden?«
    »Das wahre fin de año, aye.« Sie konnte ihre Freude kaum verbergen.
    »Wenn das Feuer im Green Heart niederbrennt und die letzten Männer mit den roten Händen Asche sind«, sagte Rhea. »Dann, und nicht vorher. Das musst du ihm

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