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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sagen.«
    »Werde ich.«
    Sie streckte die Hand aus und strich ihr wieder über das Haar. Susan ertrug es. Nach derart guten Nachrichten, dachte sie, wäre es gemein gewesen, sich anders zu verhalten. »Die Zeit zwischen jetzt und Ernte wirst du nutzen, um zu meditieren und deine Kräfte zu sammeln, um den männlichen Nachkommen hervorzubringen, den sich der Bürgermeister wünscht… vielleicht auch nur, um an der Schräge entlangzureiten und die letzten Blumen deiner Mädchenschaft zu sammeln. Hast du verstanden?«
    »Aye.« Sie machte einen Hofknicks. »Danke-sai.«
    Rhea tat das als Schmeichelei ab. »Und kein Wort von dem, was sich zwischen uns abgespielt hat, vergiss das nicht. Geht keinen außer uns was an.«
    »Gewiss nicht. Sind wir jetzt fertig?«
    »Nun… vielleicht ist da noch eine winzige Sache…« Rhea lächelte, um zu zeigen, dass es wirklich eine Kleinigkeit war, dann hob sie die linke Hand mit drei zusammengepressten und einem abgespreizten Finger vor Susans Augen. In der Gabel dazwischen schimmerte ein silbernes Medaillon, das sie scheinbar aus dem Nichts herbeigezaubert hatte. Das Mädchen richtete den Blick sofort darauf. Das heißt, bis Rhea ein einziges kehliges Wort sprach.
    Dann schlossen sich Susans Augen.
     
     

5
     
    Rhea betrachtete das Mädchen, das schlafend im Mondschein auf ihrer Veranda stand. Als sie das Medaillon wieder in ihrem Ärmel verstaute (ihre Finger waren alt und gichtig, aber falls erforderlich konnten sie sich noch behände bewegen, aye), verschwand der nüchterne Ausdruck von ihrem Gesicht und wich einer verkniffenen Fratze blinder Wut. Du wolltest mich ins Feuer treten, was, du Trulla? Zu Thorin petzen gehen? Aber ihre Drohungen und ihre Anmaßung waren nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war der Ausdruck des Ekels auf ihrem Gesicht gewesen, als sie vor Rheas Berührung zurückgezuckt war.
    Sie war also zu gut für Rhea! Und glaubte zweifellos auch, dass sie zu gut für Thorin war, sie mit ihren sechzehn Jahren und dem feinen blonden Haar, das von ihrem Kopf herabhing; Haar, in dem Thorin zweifellos in seinen Träumen die Hände vergrub, während er weiter unten grub und stieß und pflügte.
    Sie konnte dem Mädchen nicht wehtun, so sehr sie das tun wollte und so sehr das Mädchen es auch verdient hatte; möglicherweise hätte ihr Thorin die Glaskugel weggenommen, und das würde Rhea nicht ertragen. Jedenfalls noch nicht. Sie konnte dem Mädchen nicht wehtun, aber sie konnte etwas tun, was ihm die Lust an ihr verderben würde, jedenfalls vorläufig.
    Rhea beugte sich dichter zu dem Mädchen, ergriff den langen Zopf auf deren Rücken, ließ ihn durch die Faust gleiten und genoss die seidige Glätte.
    »Susan«, flüsterte sie. »Kannst du mich hören, Susan, Tochter des Patrick?«
    »Aye.« Susan schlug die Augen nicht auf.
    »Dann hör zu.« Das Licht des Kussmonds fiel auf Rheas Gesicht und verwandelte es in einen silbernen Totenschädel. »Hör mir gut zu und denk dran. Denk dran in der tiefen Höhle, wohin dein wacher Verstand niemals hinabsteigt.«
    Sie zog den Zopf immer und immer wieder durch ihre Hand. Seidig und glatt. Wie die kleine Knospe zwischen den Beinen des Mädchens.
    »Denk dran«, sagte das Mädchen an der Tür.
    »Aye. Du wirst etwas tun, wenn er dich entjungfert hat. Du wirst es sofort tun, ohne auch nur darüber nachzudenken. Hör mir jetzt zu, Susan, Tochter des Patrick, und hör mich wohl an.«
    Rhea streichelte weiter das Haar des Mädchens, während sie die runzligen Lippen an Susans Ohr hielt und im Mondschein flüsterte.

Kapitel 3

E INE B EGEGNUNG AUF DER S TRASSE
     
1
     
    In ihrem ganzen Leben hatte sie keine derart seltsame Nacht erlebt, daher war es wahrscheinlich nicht überraschend, dass sie den Reiter hinter sich erst hörte, als er sie fast erreicht hatte.
    Was sie auf dem Rückweg in die Stadt am meisten beschäftigte, war ihr neues Verständnis der Übereinkunft, die sie geschlossen hatte. Es war gut, einen Aufschub zu haben – es dauerte noch Monate, bis sie ihren Teil der Vereinbarung erfüllen musste –, aber der Aufschub änderte nichts an der grundlegenden Tatsache: Wenn der Dämonenmond voll war, würde sie ihre Jungfräulichkeit an Bürgermeister Thorin verlieren, einen spindeldürren, zappeligen Mann mit flaumigem weißem Haar, das wie eine Wolke von dem kahlen Fleck oben auf seinem Kopf abstand. Ein Mann, dessen Frau ihn mit einer gewissen verzweifelten Traurigkeit betrachtete, deren Anblick einem wehtat. Hart

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