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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war froh um Will Dearborns Anwesenheit, auch wenn sein völliges Schweigen ein wenig ärgerlich war. Das Ölfeld mit seinem Skelettwald von Stahlgerüsten war ihr stets etwas unheimlich vorgekommen. Die meisten der Fördertürme hatten das Ölpumpen schon vor langer Zeit eingestellt, und es gab weder die Ersatzteile noch das Wissen, sie zu reparieren, noch bestand allerdings die Notwendigkeit dazu. Und diejenigen, die noch förderten – neunzehn von etwa zweihundert –, konnten nicht abgeschaltet werden. Sie pumpten und pumpten einfach weiter, und die Ölvorräte unter ihnen schienen unerschöpflich zu sein. Ein wenig wurde noch benutzt, aber sehr wenig – das meiste floss einfach zurück in die Quellen unter den kaputten Fördertürmen. Es gab immer weniger Maschinen, die Öl verbrauchten, und mit jedem Jahr wurden es noch weniger. Die Welt hatte sich weiterbewegt, und dieser Ort erinnerte sie an einen seltsamen mechanischen Friedhof, wo einige der Toten nicht ganz…
    Etwas Kaltes und Weiches knabberte an ihrem Rücken, und es gelang ihr nicht ganz, einen spitzen Schrei zu unterdrücken. Will Dearborn wirbelte zu ihr herum und griff mit den Händen nach dem Gürtel. Dann entspannte er sich und lächelte.
    »Rushers Art, zu sagen, dass er sich vernachlässigt fühlt. Es tut mir Leid, Miss Delgado.«
    Sie betrachtete das Pferd. Rusher erwiderte den Blick sanftmütig, dann neigte er den Kopf, so als wollte er sagen, dass es ihm ebenfalls Leid tue, sie erschreckt zu haben.
    Albernes Mädchen, dachte sie und hörte die herzliche, sachliche Stimme ihres Vaters. Er will wissen, warum du so reserviert bist, das ist alles. Und ich würde das ebenfalls gern wissen. Sieht dir gar nicht ähnlich, tut es wirklich nicht.
    »Mr. Dearborn, ich hab’s mir anders überlegt«, sagte sie. »Ich würde doch gern reiten.«
     
     

3
     
    Er wandte ihr den Rücken zu und sah mit den Händen in den Taschen hinüber auf Citgo, während Susan zuerst den Poncho über die Krone des Sattels legte (den schlichten schwarzen Sattel eines arbeitenden Cowboys ohne Baroniebrandzeichen oder auch nur das Abzeichen einer Ranch) und dann in den Steigbügel stieg. Sie hob den Rock und drehte sich unvermittelt um, weil sie sich sicher war, dass er einen Blick riskieren würde, aber er drehte ihr weiterhin den Rücken zu. Die rostigen Ölbohrtürme schienen ihn zu faszinieren.
    Was ist so interessant daran, Freundchen?, dachte sie ein wenig erbost – es lag an der späten Stunde und dem Nachhall ihrer aufgewühlten Gefühle, vermutete sie. Die schmutzigen alten Dinger sind seit sechs Jahrhunderten oder mehr hier, und ich habe ihren Gestank mein ganzes Leben lang gerochen.
    »Bleib jetzt ruhig stehen, mein Junge«, sagte sie, als sie den Fuß fest im Steigbügel hatte. Mit einer Hand hielt sie sich oben am Knauf des Sattels fest, in der anderen hatte sie die Zügel. Währenddessen zuckte Rusher mit den Ohren, als wollte er sagen, dass er die ganze Nacht ruhig stehen bleiben werde, sollte sie das von ihm erwarten.
    Sie schwang sich hinauf, wobei ein langer nackter Oberschenkel im Licht der Sterne aufblitzte, und spürte das Hochgefühl, das sie zu Pferde stets empfand… nur schien es heute Nacht ein wenig stärker, ein wenig süßer, ein wenig klarer zu sein. Vielleicht, weil das Pferd so ein schönes Tier war; vielleicht, weil das Pferd ein Fremder war…
    Vielleicht, weil der Besitzer des Pferdes ein Fremder ist, dachte sie. Und so anmutig.
    Das war natürlich Unsinn… potenziell gefährlicher Unsinn obendrein. Und doch traf es auch zu. Er war anmutig.
    Als sie den Poncho aufklappte und über ihren Beinen ausbreitete, fing Dearborn an zu pfeifen. Und sie erkannte die Melodie mit einer Mischung aus Überraschung und abergläubischer Furcht: »Careless Love.« Genau das Lied, das sie auf dem Weg zu Rheas Hütte gesungen hatte.
    Vielleicht ist es Ka, Mädchen, flüsterte die Stimme ihres Vaters.
    Das gibt es nicht, dachte sie zurück. Ich sehe das Ka nicht in jedem Windhauch und jedem Schatten, so wie es die alten Damen immer tun, die sich an einem Sommerabend im Green Heart zusammenfinden. Es ist ein altes Lied; jeder kennt es.
    Vielleicht ist es besser, wenn du Recht hast, erwiderte Pat Delgados Stimme. Wenn es nämlich Ka ist, wird es wie ein Sturm daherkommen, und deine Pläne werden ebenso wenig davor bestehen können, wie der Schuppen meines Da’ dem Wirbelsturm standhalten konnte, als dieser kam.
    Nicht Ka; sie würde sich nicht von der

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