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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Berührung. Wenn er nicht damit aufhört, wird mein Kopf noch wie »die Fackel« explodieren, dachte sie und lachte.
    »Susan?«
    »Es ist nichts, Will. Nur die Nerven.«
    Wieder tauschten sie einen dieser langen Blicke, als sie auf der anderen Seite des Tors standen, und dann gingen sie gemeinsam bergab. Dabei fiel Susan etwas Seltsames auf: Vielen der Kiefern waren die untersten Äste abgehackt worden. Die Spuren der Beile und das Harz konnte man im Mondlicht deutlich erkennen, und die Stellen sahen alle frisch aus. Sie wies Will darauf hin. Er nickte, sagte aber nichts.
    Am Fuß des Hügels erhob sich das Rohr aus dem Boden und verlief, von einer Reihe rostiger Stahlstützen gehalten, etwa siebzig Schritte auf das baufällige Gebäude zu, bevor es so unvermittelt und unebenmäßig aufhörte wie eine Kriegsamputation. Unter dieser Stelle befand sich eine flache Lache trocknenden, zähen Öls. Dass sie schon eine Weile da sein musste, konnte Susan an den zahlreichen Vogelkadavern erkennen, die darin verteilt lagen – sie waren heruntergeflogen, um die Pfütze zu untersuchen, kleben geblieben und mussten auf eine unangenehm langwierige Art gestorben sein.
    Sie betrachtete das Stillleben mit großen, verständnislosen Augen, bis Will gegen ihr Bein klopfte. Er war in die Hocke gegangen. Sie leistete ihm Knie an Knie Gesellschaft und folgte der Bewegung seines Fingers mit zunehmender Fassungslosigkeit und Verwirrung. Da waren Spuren. Sehr große. Nur eines konnte sie verursacht haben.
    »Ochsen«, sagte sie.
    »Aye. Und von dort sind sie gekommen.« Er zeigte auf die Stelle, wo das Rohr aufhörte. »Und gegangen sind sie…« Er drehte sich, nach wie vor in der Hocke, auf den Absätzen um und zeigte zu dem Hang, wo der Wald anfing. Jetzt, wo er sie mit der Nase darauf stieß, konnte sie sehen, was ihr als Tochter eines Pferdezüchters eigentlich sofort hätte auffallen müssen. Ein halbherziger Versuch war unternommen worden, die Spuren und den zertrampelten Boden zu verbergen, wo etwas Schweres gezogen oder gerollt worden war. Die Zeit hatte einen großen Teil des Schlamassels geglättet, aber die Spuren waren noch deutlich zu sehen. Sie glaubte sogar zu wissen, was die Ochsen gezogen hatten, und konnte sehen, dass Will es auch wusste.
    Die Spuren verliefen in zwei Bogen vom Ende des Rohrs. Susan und »Will Dearborn« folgten der rechten. Sie war nicht überrascht, Räderspuren zwischen denen der Ochsen zu sehen. Die Spuren waren nicht sehr tief – im Großen und Ganzen war es ein trockener Sommer gewesen, der Boden fast so hart wie Beton –, aber sie waren da. Und dass man sie immer noch erkennen konnte, bedeutete, dass ein ziemliches Gewicht transportiert worden war. Aye, natürlich, wozu sonst wären denn Ochsen notwendig gewesen?
    »Schau«, sagte Will, als sie sich dem Waldrand am Fuß des Hangs näherten. Endlich erkannte auch sie, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte, aber sie musste dazu auf Hände und Knie gehen – wie scharf seine Augen doch waren! Fast übernatürlich. Da waren Stiefelabdrücke. Nicht mehr ganz frisch, aber eindeutig viel jüngeren Datums als die Spuren der Ochsen und Räder.
    »Das war derjenige mit dem Mantel«, sagte er und deutete auf deutlich sichtbare Fußspuren. »Reynolds.«
    »Will! Das kannst du nicht wissen!«
    Er sah überrascht drein, dann lachte er. »Aber sicher kann ich das. Er dreht beim Gehen einen Fuß leicht nach innen – den linken Fuß. Und das sieht man hier.« Er ließ den Finger über den Spuren kreisen und lachte wieder über den Blick, mit dem sie ihn ansah. »Das ist keine Zauberei, Susan, Tochter des Patrick; nur die Kunst des Spurenlesens.«
    »Wie kommt es, dass du so jung schon so viel weißt?«, sagte sie. »Wer bist du, Will?«
    Er stand auf und sah ihr in die Augen. Tief hinab musste er nicht sehen; sie war recht hoch gewachsen für ein Mädchen. »Mein Name ist nicht Will, sondern Roland«, sagte er. »Und damit habe ich mein Leben in deine Hände gelegt. Das stört mich zwar nicht, aber womöglich habe ich damit auch dein Leben in Gefahr gebracht. Du musst das Geheimnis um jeden Preis wahren.«
    »Roland«, sagte sie staunend. Ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen.
    »Aye. Welcher gefällt dir besser?«
    »Dein richtiger«, sagte sie sofort. »Das ist ein edler Name, das ist er.«
    Er grinste erleichtert, und es war das Grinsen, mit dem er wieder jung aussah.
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte die Lippen auf seine. Der Kuss,

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