Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
Maschinen nicht. Ist schon versucht worden. Es verstopft sie.«
Roland nickte wieder. »Mein Va… mein Volk im Inneren Bogen weiß das auch. Und verlässt sich darauf. Aber wenn sich Farson diese Mühe gemacht hat – und eine Truppe seiner Männer eigens abgestellt hat, um diese Tanks zu holen, was er offenbar getan hat –, dann kennt er entweder eine Methode, um es zu verdünnen, damit es brauchbar wird, oder er bildet es sich ein. Wenn es ihm gelingt, die Streitkräfte des Bundes in einen Hinterhalt zu locken, aus dem eine schnelle Flucht nicht möglich ist, und wenn er Maschinenwaffen wie diejenigen, die auf Ketten fahren, zum Einsatz bringen kann, dann könnte er mehr als nur eine Schlacht gewinnen. Er könnte zehntausend berittene Kämpfer niedermetzeln und den Krieg gewinnen.«
»Aber das wissen eure Väter doch bestimmt…?«
Roland schüttelte hilflos den Kopf. Wie viel ihre Väter wussten, war die eine Frage. Was sie mit ihrem Wissen anfingen, die andere. Welche Kräfte sie motivierten – Notwendigkeit, Angst, der unvorstellbare Stolz, der im Geschlecht von Arthur Eld ebenfalls vom Vater auf den Sohn vererbt worden war –, das war die dritte. Er konnte ihr nur seinen klarsten Verdacht mitteilen.
»Ich glaube, sie werden es nicht wagen, noch lange zu warten, bis sie Farson den Todesstoß versetzen. Wenn sie warten, wird der Bund einfach von innen heraus verrotten. Und wenn das geschieht, wird ein großer Teil von Mittwelt mit ihm untergehen.«
»Aber…« Sie hielt inne, biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. »Gewiss muss doch selbst Farson wissen… verstehen…« Sie sah mit großen Augen zu ihm auf. »Die Wege des Alten Volkes sind die Wege des Todes. Das wissen alle, das tun sie.«
Roland von Gilead musste unwillkürlich an einen Koch namens Hax denken, wie er an einem Strick baumelte, während die Krähen verstreute Brotkrumen unter den Füßen des toten Mannes aufpickten. Hax war für Farson gestorben. Aber davor hatte er für Farson Kinder vergiftet.
»Tod«, sagte er, »ist das Einzige, worum es John Farson geht.«
17
Wieder im Orangenhain.
Den Liebenden (denn das waren sie jetzt in jedem Sinne, außer im körperlichen) kam es so vor, als wären inzwischen Stunden verstrichen, aber es waren nicht mehr als fünfundvierzig Minuten gewesen. Der letzte Mond des Sommers, kleiner geworden, aber immer noch hell, schien weiterhin auf sie herab.
Sie führte ihn eine der Obstreihen hinab zu der Stelle, wo sie ihr Pferd festgezurrt hatte. Pylon nickte mit dem Kopf und wieherte Roland leise zu. Er sah, dass das Pferd auf Lautlosigkeit getrimmt worden war – jede Schnalle gepolstert, die Steigbügel selbst in Filz gehüllt.
Dann drehte er sich zu Susan um.
Wer kann sich an die Qualen und die Süße jener frühen Jahre erinnern? Wir erinnern uns an unsere erste Liebe nicht deutlicher als an die Halluzinationen bei hohem Fieber. Es soll genügen zu sagen, dass Roland Deschain und Susan Delgado in jener Nacht unter dem abnehmenden Mond von ihrem Verlangen nacheinander fast zerrissen wurden; sie quälten sich darum, richtig zu handeln, und litten unter Gefühlen, die ebenso verzweifelt wie tief empfunden waren.
Was heißen soll, sie gingen aufeinander zu, wichen wieder zurück, sahen einander, von hilfloser Faszination erfüllt, in die Augen, gingen wieder aufeinander zu und verharrten. Sie erinnerte sich mit einer Art von Entsetzen daran, was er gesagt hatte: dass er alles für sie tun würde, außer sie mit einem anderen Mann zu teilen. Sie würde ihr Versprechen gegenüber Bürgermeister Thorin nicht brechen – konnte es vielleicht gar nicht –, und es schien, als wollte (oder konnte) Roland es nicht für sie brechen. Am allerschrecklichsten jedoch war: So stark der Wind des Ka auch sein mochte, es schien, als würden sich Ehre und die Versprechen, die sie einander gegeben hatten, doch als stärker erweisen.
»Was wirst du jetzt tun?«, fragte sie mit trockenen Lippen.
»Ich weiß nicht. Ich muss nachdenken und mich mit meinen Freunden beraten. Wirst du Ärger mit deiner Tante haben, wenn du nach Hause kommst? Wird sie wissen wollen, wo du gewesen bist und was du getan hast?«
»Machst du dir um mich Sorgen oder um dich und deine Pläne, Will?«
Er antwortete nicht, sondern sah sie nur an. Nach einem Moment schlug Susan die Augen nieder.
»Tut mir Leid, das war grausam. Nein, sie wird mir keine Fragen stellen. Ich reite oft nachts aus, wenn auch nicht oft so weit
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