Der Durchblicker: Novelle (German Edition)
abzusehen, dass sich der Junggesellenabschied bis in die nächste Woche hinziehen würde. Ich würde die ganze Zeit stoned und betrunken sein, und die Hochzeit würde sich daran nahtlos anschließen. Ich fragte mich, ob ich überhaupt zurück nach London wollte oder nicht, in mein Zimmer in der Wohngemeinschaft, zu meinen Schulden und meinem Scheißjob.
Am Tag nach dem Junggesellenabend, als ich mit dem SCHIZO und Sidney in der Meadow Bar war, traf ich zufälligTed Malcolm, einen Fritzen vom Sport- und Bäderamt. Er bekniete mich, wieder als saisonaler Parkaufseher anzufangen.– Hast nen guten Ruf beim Sport- und Bäderamt, weißte? sagte er mir auf diese scheißvertrauliche Tour, in der einem alle kamen, die mit der Stadtverwaltung zu tun hatten. Die Kultur von Korruption und Unterstellung durchsetzte die städtischen Behörden von den Schwachköpfen auf Stadtratsebene bis runter zum kleinsten Bürohengst; Stalinismus mit Hausfrauenantlitz, komplett mit Kopftuch.
– Tja, sagte ich unverbindlich.
– Garland hat dich schon immer gemocht, nickte er.
Ja, trotz allem, vielleicht würde ich Garland mal anklingeln. London hatte schon angefangen, sich anzufühlen, wie Edinburgh sich angefühlt hatte, ehe ich ihm den Rücken gekehrt hatte. Gleaves, May, sogar Darren, Avril, Cliff, Sandra und Gerard, sie alle repräsentierten Erwartungen, die um mich herum zuschnappten wie ein Fangeisen. Frei sein kann man immer nur für eine begrenzte Zeit, dann wird man angekettet. Da gibt es nur eins: in Bewegung bleiben.
Es war ein Albtraum, Ronnie wach und für die Kirche fertig zu machen. Ein absoluter Scheißalbtraum. Seine Ma half mir, ihn anzuziehen. Sein Zustand schien sie noch nie sonderlich gekümmert zu haben.– Muss ein ganz schön wilder Abend gewesen sein, was? Na ja, ich denke, man heiratet nur einmal.
Ich hätte fast gesagt, verlassen Sie sich nicht darauf, aber ich biss mir auf die Zunge. Wir schafften Ronnie in den Wagen und dann in die Kirche.
– Willst du, Ronald Dickson, Martina Devenney zu deiner rechtmäßig angetrauten Ehefrau nehmen, sie lieben und ehren, in guten wie in schlechten Zeiten, und allen anderen entsagen, bis dass der Tod euch scheidet?
Ron war völlig dicht, aber er schaffte es, der Priesterfotze zuzunicken. Doch das reichte diesem Kerl nicht, er starrte Ron konzentriert an, versuchte, ne etwas eindeutigere Reaktion aus ihm rauszukriegen. Ich stupste Ronnie kräftig an.
– Cool, brachte er murmelnd heraus. Das musste reichen. Der Priester schnalzte missbilligend mit der Zunge, beließ es aber dabei.
– Willst du, Martina Devenney, Ronald Dickson zu deinem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, in guten wie in schlechten Zeiten, und allen anderen entsagen, bis dass der Tod euch scheidet?
Tina sah ein bisschen widerstrebend aus, als sei ihr endlich aufgegangen, dass sie sich hier ganz schön in die Scheiße ritt. Schließlich bekam sie doch noch ein »Ich will« herausgewürgt.
Wie auch immer, sie wurden rechtmäßig zu Katatoniker und Frau erklärt.
Wir gingen zum Hochzeitsbankett ins Capital Hotel, und Ronnie schlief während meiner Rede ein. Die Rede war zwar nicht besonders geistreich, aber eine solche Reaktion hatte sie wohl kaum verdient.
Beim Empfang postierte ich mich mit Raymie Airlie und Spud Murphy, zwei hochdekorierten Junkveteranen, an der Bar.
– Crimson style, bantam prince , merkte Raymie mit einem Blick durch die Bar an.
– Du nimmst mir das Wort aus dem Mund, Raymie, grinste ich, und dann zu Spud:– Na, immer noch smackabstinent, mein Bester?
– Äh, ja … solang sie Smack nicht frei verteilen, leb ich smackabstinent, verstehste, Catboy.
– Tja, ich auch, irgendwie. Bin neulich die Woche n bisschen hart drauf gewesen, aber ich will nich draufhängen bleiben, verstehste? Ich mein, das wär ja voll fertig, oder?
– Ja, draufhängen is immer scheiße. Sozusagen n Ganztagsjob, irgendwie, ne. Lenkt irgendwie die Aufmerksamkeit von dem ab, was wirklich läuft.
– Obwohl, man muss ja sagen, mittlerweile ist es dieser Valiumdreck, der die Leute fertig macht. Guck dir Ronnie an. Heilige Scheiße, dabei ist das seine eigene verdammte Hochzeit …
Raymie seufzt und singt den Refrain von Echo and the Bunnymens »The Cutter«, dann steckt er mir seine Zunge ins Ohr. Ich geb ihm ein Küsschen auf die Wange und tätschele seinen Arsch.– Du bist purer Sex, Raymie, purer, geiler Sex, Mann, sag ich zu ihm.
Der SCHIZO , Big Moncrief und Roxy
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