Der Durchblicker: Novelle (German Edition)
wirklich liegen. Ich hatte vorgehabt, wieder nach Rimini zu fahren, aber ich erhielt ein kühles Briefchen von Darren, in dem es hieß, er sei da in so ne große, ernste Liebesgeschichte mit irgendner Frau geraten, und natürlich sei ich für kürzere Zeit als Gast in ihrer Bude willkommen, aber … bla bla bla. Also zog ich bei Roxy ein und unterschrieb für den Parkjob.
– Hallo, Brian. Garland reichte mir seine Hand, und ich schüttelte sie.
– Mr. Garland.
– Lassen Sie mich Ihnen sagen, fing er an,– dass der bedauerliche Vorfall im letzten Jahr, wie ich nach reiflicher Überlegung finde, im Grunde gar nicht Ihre Art war. Darf ich annehmen, dass Sie Ihre, äh, Probleme mit den Depressionen völlig überwunden haben?
– Ja, ich hab jetzt alles voll im Griff, Mr. Garland. Gesundheitstechnisch, meine ich.
– Das ist schön. Sehen Sie, Brian, bis zu diesem kleinen Problem mit Bert Rutherford waren Sie ein vorbildlicher Parkaufseher. Nun ist Bert zwar das Salz der Erde, aber ich will gerne zugeben, dass er etwas übereifrig werden kann. Die Parkstreife braucht Bert Rutherford, andernfalls würden Schlendrian und Durcheinander den Dienst zusammenbrechen lassen. Sie haben vor Ort gearbeitet; Brian, Sie wissen, wie der Job einen abstumpfen lassen kann. Sie begreifen, dass die Parks immer wieder Gruppen unangepasster Jugendlicher anziehen, die sie nicht als Stätten der Erholung, sondern zu sehr viel übleren Zwecken nutzen …
– Ja, ich denke, das ist der Fall, ja.
– Deswegen hätte ich Sie gerne wieder bei der Streife, Brian. Ich brauche diesen Sommer Leute, die sich auskennen. Darüber hinaus gefallen Sie mir, weil Sie ein eifriger Leser sind, Brian. Eine Leseratte langweilt sich nie. Was lesen Sie zurzeit denn so?
– Ich bin gerade mit der Biografie von Peter O’Toole durch. Mir war gar nicht bekannt, dass er aus Leeds stammte.
– Tatsächlich, tat er das?
– Ja.
– Fein. Und jetzt haben Sie etwas anderes angefangen?
– Ja, ich lese gerade die Biografie von Jean-Paul Sartre.
– Schön. Biografien sind schön, Brian. Manche der Saisonaufseher lesen lauter tiefschürfende philosophische und politische Werke, Bücher, die naturgemäß dazu angetan sind, Unzufriedenheit mit dem eigenen Schicksal zu schüren, meinte er betrübt.– Und schließlich, ein wunderbarer Tag in einem Freizeitpark! Das Leben könnte schlimmer sein, was?
– Das ist wahr, Mr. Garland.
Ich war wieder im Park gelandet. War das schräg, oder was?
15
Pisse
Irgendwie war ich im City Café gelandet. Ich fand den Laden fürchterlich, aber wie’s manchmal so kommt. Der Hauptgrund für mein Hiersein war, dass hier immer jede Menge Weiber waren, und ich hatte seit fünf Monaten nichts zu ficken gehabt. Entschieden zu lang für jemanden in meinem Alter; ist entschieden zu lang für jedes Alter. Ich landete immer hier, wenn ich mich beschissen fühlte und mich besser fühlen wollte. Darum fand ich es wahrscheinlich fürchterlich.
Ich war seit ungefähr zwanzig Minuten da und trank Kaffee, als ich jemanden neben mir bemerkte. Ich drehte mich nicht um, um nachzusehen, wer es war, bis ich die Stimme hörte:– So schweigsam?
Es war Tina. Ich hatte gehört, dass sie und Ronnie sich kürzlich getrennt hatten.
– Alles klar, Tina?
– Ja, nich schlecht. Und selbst?
– Prima. Äh, tut mir leid, das mit dir und Ron.
Sie meinte achselzuckend:– Er is so was von langweilig geworden. Fing an, als er so nen Satz Nintendospiele bekam. War mir lieber, als er noch Valium geklinkt hat; da war mehr mit ihm anzufangen.
Ich wusste, dass Ronnie sich mit wahrer Begeisterung auf seine Nintendospiele gestürzt hatte. Nur hatte ich geglaubt, es sei ne positive Entwicklung, dass es halt noch ne andere Beschäftigung gab, als bloß ewig Valium zu fressen.– War’sdenn nich schön, dass er noch ne andere Beschäftigung hatte als Drogen?
Sie sah mich mit übelster Erbitterung an:– Und was ist mit mir? Bin ich keine Beschäftigung? Wie er da Tag und Nacht mit m Fernseher verkabelt rumhockt, und wenn ich von der Arbeit komme, das große Zittern kriegt vor lauter Angst, ich könnte was anderes sehen wollen als seine blöden beschissenen Spiele! Ich muss den ganzen Tag arbeiten, und dann kann ich mir ansehen, wie er die ganze Nacht lang spielt!
– Wie ist der denn drauf? Ich kann ja mal bei ihm reinschauen, Tina. Und versuchen, ihn zur Vernunft zu bringen.
Sie schüttelte vielsagend den Kopf, weil ihr die Unlösbarkeit dieser Aufgabe
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