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Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Titel: Der Durchblicker: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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war nächsten Monat. In einem Monat würde Ronnie ein verheirateter Mann sein, obwohl man über die potenziellen Hürden, die diesem Ereignis noch im Weg standen, besser nicht näher nachdachte.
    Ein paar Tage später rief mich Tina an. Ich war versucht, zu gratulieren, aber ich ging lieber kein Risiko ein, fallsschon alles abgeblasen war. Die ganze Sache war nicht gerade auf sehr sicherem Fundament gebaut.
    – Brian?
    – Mmh.
    – Ich bin’s, Tina.
    – Tina! Spitze! Wie läuft’s? Ich hab die Einladung bekommen. Is ja klasse! Wie geht’s Ron? Vom anderen Ende der Leitung kam ein Schweigen. Dann:– Du meinst, er ist nicht bei dir?
    – Äh … nee. Hab nix von ihm gehört.
    Diesmal war die Pause noch länger.
    – Tina? Ich fragte mich, ob sie wohl aufgelegt hatte.
    – Er hat gesagt, er wollte zu dir rüber. Um dich zu bitten, Trauzeuge zu sein. Wollte dich persönlich fragen, hat er gesagt.
    – Scheiße … mach dir wegen Ronnie keinen Kopf, Tina. Muss irgendwo aufgehalten worden sein. Is wahrscheinlich nur n bisschen seelisch aufgewühlt wegen der Hochzeit und dem Ganzen, weißte? Der kommt schon noch.
    – Das wär besser für ihn, schnappte sie.
    Drei Tage später war ich gerade von der Arbeit zurück, aß n Schinkensandwich und sah mit Darren die Sechs-Uhr-Nachrichten. Wir lästerten jedes Mal erbittert, wenn jemand in der Glotze kam, den wir hassten, also bei jedem zweiten Beitrag. Avril las in einer Zeitschrift. Sie machte auf, als es an der Tür klingelte.
    – Da ist jemand für dich, Brian, sagte sie.– N Kerl aus Schottland … er sieht n bisschen mitgenommen aus.
    Ronnie kam hinter ihr ins Zimmer gelatscht, offensichtlich völlig valiumbedröhnt. Ich versuchte nicht mal, ihn zu fragen, wo er gewesen war. Ich nahm ihn mit nach oben und ließ ihn auf meinem Boden pennen. Dann rief ich Tina an, um ihr zu sagen, dass er aufgetaucht war. Anschließend ging ich wieder runter und setzte mich aufs Sofa.
    – Ein Freund von dir? fragte Avril.
    – Ja, das ist dieser Kumpel, der bald heiratet. Will mich als Trauzeugen haben. Ich glaub, er hat ne anstrengende Reise hinter sich.
    – Sieh dir diese schleimige Sau von Lilley an, zischte Darren das Bild des Politikers im Fernseher an,– das Dreckschwein würd ich gerne in die Finger kriegen und ihm die Eier abschneiden. Dann würd ich sie ihm in den Hals stopfen und ihm den Mund zunähen, damit er dran erstickt … beschissene Kindermörder-Sau!
    – Das ist ja furchtbar, Darren, rügte Avril,– du bist nicht besser als er, wenn du so denkst. Sie sieht mich Zustimmung heischend an.
    – Nein. Darren hat völlig recht. Abartige, ausbeuterische Zecken von der Sorte gehören ausgemerzt, sagte ich und fügte, mich an Malcolm X erinnernd, noch hinzu:– mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
    Ich hatte gerade die Biografien radikaler schwarzer Amerikaner gelesen. Die von X war interessant zu lesen, aber Seize The Time von Bobby Seale war wesentlich unterhaltsamer, genauso wie Eldrige Cleavers Soul On Ice. Am besten hatte mir Soledad Brother gefallen, aber ich weiß nicht mehr, welcher von den Jackson-Brüdern sie nun eigentlich geschrieben hat, Jonathan oder George. Vielleicht war es Michael.
    Darren reckte mir die geballte Faust entgegen.– Das ist der Unterschied zwischen mir und den beschissenen lauwarmen Arschlochsozialisten: Ich will die Tories nicht aus der Regierung haben, ich will sie Scheiße noch mal tot sehen. Nur weil ich ne Monatskarte hab, heißt das noch nicht, dass ich n Teil des Systems bin. Ein Anarchist mitMonatskarte bleibt immer noch n verdammter Anarchist. Macht kaputt, was euch kaputt macht!
    – Du bist ja krank, Darren. Avril schüttelte den Kopf. –Mit Gewalt erreicht man gar nichts.
    – Es ist aber doch befriedigend, wenn man einen Polizisten mit Platzwunde am Kopf sieht, das musst du zugeben, wagte ich zu sagen.
    – Nein, ist es nicht. Daran ist ganz und gar nichts befriedigend, erwiderte sie.
    – Nee, komm schon, Avril. Du willst mir doch nicht erzählen, dass es dich nicht gefreut hat, als du die Bilder von den schleimigen Zombies gesehen hast, wie sie nach dem Brighton-Attentat in dem Schutthaufen standen und ne Scheißangst hatten? Tebbit und so?
    Ich erinnere mich gut daran. Als es im Fernsehen kam, sagte mein Alter:– War auch Zeit, dass es den Wichsern mal einer zeigt. Ich erinnere mich, voll Stolz und Bewunderung für ihn gewesen zu sein.
    – Ich sehe kein menschliches Wesen gerne leiden.
    – Das ist ja ganz nett

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