Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
Wehmut dachte sie daran, wie sie auf dem Rasen getanzt hatten.
„Mylady, das ist für Sie abgegeben worden.“ Beatrice hielt ihr eine längliche Samtschachtel hin.
Als Emily den Deckel hob, entdeckte sie ein prächtiges Diamantcollier. Überrascht stellte sie fest, dass es von Nigel stammte. Obwohl er es nur gut gemeint hatte, fühlte Emily sich unwohl bei dem Gedanken, eine derartige Pracht zur Schau zu stellen, die gar nicht zu ihr passte. Stattdessen legte sie den Perlenschmuck um, den sie von Stephen bekommen hatte.
Nach einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel ging sie noch rasch nach den Kindern sehen. Royce schlief tief und fest in seinem Bett, und nebenan schlummerte Victoria in ihrer Wiege. Zärtlich küsste Emily das Baby auf den Kopf. Als sie schon fast wieder bei der Tür war, stieß sie mit dem Fuß gegen ein paar von Royces Spielsachen, die der Junge achtlos auf dem Boden liegen gelassen hatte. Kopfschüttelnd stellte sie sie ins Regal, und ihr Blick fiel auf das letzte Geschenk, das Royce von seinem Vater bekommen hatte, das Buch mit den Märchen. Es hatte schon ihrem Großvater gehört, und Emily strich behutsam über den Ledereinband, bevor sie es in die Hand nahm.
Sie blätterte durch die Märchen der Brüder Grimm, von Hans Christian Andersen und anderen Autoren, bis sie auf Royces Lieblingsgeschichte vom standhaften Zinnsoldaten stieß. Lächelnd begann sie zu lesen, doch mittendrin endete das Märchen. Anstelle der fehlenden Seiten fanden sich mehrere fein säuberlich in die Bindung eingeleimte Notizzettel, und Emily blieb beinahe das Herz stehen, als ihr bewusst wurde, worum es sich dabei handelte. Das waren die Aufzeichnungen, nach denen Stephen gesucht hatte. Neugierig studierte sie die Zahlenkolonnen und fragte sich, was so wichtig daran sein mochte. Als sie am Ende der Notizen angelangt war, erkannte sie Namen von wenigstens einem Dutzend Schiffe wieder, hinter denen Gewinne und Verluste eingetragen waren. Und auf der letzten Seite fand sich die Namensliste der Männer, die in die Lady Valiant investiert hatten.
Bei einem der Namen stutzte sie, machte sich jedoch keine weiteren Gedanken, da sie diesem Menschen nichts Schlechtes zutraute. Sie riss die Seiten aus dem Buch und versteckte sie in ihrem Korsett. Heute Abend würde sie Stephen ihren Fund zeigen, und vielleicht konnte er etwas mit den Aufzeichnungen anfangen.
Es erwies sich als sinnlos, der von Weinkrämpfen geschüttelten Lady Carstairs Fragen zu stellen, daher beschloss Stephen, sich im Arbeitszimmer umzusehen. Während die schluchzende Witwe sich an ihre Tochter Lily klammerte, forschte er nach einem Hinweis, der ihm Aufschluss über den Täter geben konnte. Diesmal hatte der Mörder sein blutiges Werk mit einem Dolch vollbracht, der aus Carstairs Rücken ragte.
Stephen wusste, dass er angesichts des Mordes etwas hätte empfinden müssen, aber es schien, als hielte eisige Kälte seinen Verstand gefangen. Er fand es einfacher, Theorien aufzustellen, als der Tatsache ins Gesicht zu sehen, dass er wieder einmal nur knapp mit dem Leben davongekommen war.
Was wollten seine Feinde? Die Antwort konnte nur lauten: Informationen, von denen sie glaubten, dass er und Carstairs sie besaßen. Erst hatten sie Hollingfords Haus durchsucht und jetzt Carstairs’ Arbeitszimmer. Stephen konnte von Glück sagen, dass sie noch nicht in die Stadtresidenz seines Vaters eingedrungen waren.
Er durchforstete einen weiteren Papierstapel und fand eine Aufzeichnung über die Männer, die Carstairs Geld schuldeten. Dabei stieß er auf den Namen von Freddie Reynolds. Verärgert erinnerte er sich daran, wie dieser Mensch versucht hatte, seiner Frau mit Blumen und grauenhaften Gedichten den Hof zu machen. Nicht einmal als sie noch Kinder gewesen waren, hatte er dem Kerl über den Weg getraut.
Dann machte seine Verärgerung wachsendem Misstrauen Platz. Weshalb hatte Reynolds seine Bemühungen um Emily nicht aufgegeben, nachdem er erfahren hatte, dass sie verheiratet war? Hatte er etwas mit den Morden zu tun? Es erschien Stephen zwar unwahrscheinlich, dass der Feigling eine so brutale Ader haben sollte, aber er musste jedem Hinweis nachgehen. Wahrscheinlich hatte er viele andere schon übersehen.
Ein Blick auf seine Taschenuhr verriet ihm, dass es viel später war, als er vermutet hatte. In der Zwischenzeit war die Polizei eingetroffen, und nachdem er ein paar Fragen beantwortet hatte, entschuldigte Stephen sich, um noch rechtzeitig zu Lady
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