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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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nochmal hoffen,
daß
er schadet. Ich weiß nicht, wozu Idioten wie ich ihre Zeit auf diesem Kontinent verschwendet haben, wenn die Ideen, die wir hergebracht haben, dem System, das die Schwarzen von den Weißen übernommen haben, nicht schaden.«
    »Na bitte, da hast du’s.«
    »Gut, da hab ich’s.« Dando schoß mehr oder minder gezielte Blicke in den Garten ab; getroffen wackelte sein alter Hund mit dem Schwanz. »Aber Mweta wird sich doch weder von Shinza noch von sonstwem dieses Permanente-Revolution-Zeugs aufzwingen lassen. Wenn er davon spricht, daß er auf einem soliden Fundament aufbauen möchte, dann meint er genau das – nicht nur die Plackerei der Landarbeiter und all das, sondern vielmehr den zwei Ziegel hohen kapitalistischen Staat, der hier schon im Aufbau begriffen war. Mag sein, daß er da und dort ein paar nette, freistehende Nebengebäude von staatseigenen Unternehmen anbaut, verstehst du – aber für das Grundkonzept wird es keinerlei Änderungen im Stil geben. Ein bißchen wird es an eine Schweizer Bank erinnern – oder vielleicht eher noch an eine westdeutsche. Die erweiterte Familie wird ihre Hütten auf dem Gelände stehen haben, und sie werden eine ganze Menge genießbarer Häppchen von Golden Plate Dinners abbekommen, es wird ihnen bessergehen als früher, wenn’s recht ist, und ihnen wird’s recht sein. Mweta ist zutiefst davon überzeugt, daß das das Beste ist, wozu er imstande ist, und zweifellos wird er’s auf die bestmögliche Weise erledigen. Ein kleines schwarzes
Wirtschaftswunder
. Ließe er Shinza überhaupt erst in die Nähe, ließe er ihn im UTUC groß werden – was dann auf ihn wartet, das weiß er nur zu gut: das Risiko, daß die Gewerkschaften sich gegen die Regierung stellen. Darauf ist Shinza aus, das ist sein Comeback, das er mit Hilfe der Verfassung versucht, und er strengt sich schwer dabei an – und unser Junge weiß das.« Er schenkte Bray noch ein Glas ein, wie um ihm damit das Maul zu stopfen.
    »Das leuchtet mir nicht ein. Ich glaub nicht, daß Shinza es darauf ankommen lassen würde. Wenn er über die Gewerkschaften an die Macht kommen will, dann will er es, um eine Position zu haben, die es, wie gesagt, Mweta ermöglicht zu erkennen, daß er ihn braucht wie eh und je. Es ist eigentümlich, selbst wenn er Mweta jetzt kritisiert – und manchmal tut er das mit ziemlichem Groll –, dann spürt man, daß er sich trotzdem irgendwie um ihnSorgen macht und sich für ihn verantwortlich fühlt. Egal – Gefühl oder nicht –, ich glaube jedenfalls nicht, daß er es auf die andere Sache ankommen lassen würde.«
    »Warum denn nicht, in Gottes Namen? Siehst du das nicht? Muß ich’s dir vorbuchstabieren, Bray? Du weißt doch, daß der UTUC und die Partei all die Jahre, bis heute, im Grunde immer ein und dasselbe waren. Beide haben ihre Mitglieder aus der gleichen Schicht bezogen, ihre intellektuelle Ausrichtung war eine ähnliche – in Hinblick auf die politischen Methoden und die Auffassung von sozialen und ökonomischen Fragen gab es zwischen ihnen keine Differenzen. Zum Teil hatten sie dieselben Leute in der Führungsspitze! Denk nur an Shinza selbst – erster Vorsitzender der PIP und gleichzeitig Generalsekretär des UTUC . Und Ndisi Shunungwa und noch eine Reihe anderer Leute. Aber trotzdem hätte sich schon früh eine Situation ergeben können, in der der eine, obwohl beide im gleichen Joch gingen, dem anderen hätte davonziehen können, hm? – Und plötzlich hätte man vor der Tatsache gestanden, daß eine Arbeiterorganisation mit einer weniger progressiv eingestellten Partei in Konflikt gerät. Es ist nicht passiert – es konnte damals aufgrund zweier Tatsachen nicht passieren: Das Land war nicht frei von politischer Fremdherrschaft und hatte ein bestimmtes Stadium der Industrialisierung noch nicht erreicht. Ja? Aber jetzt ist die Lage anders. Wir sind unabhängig, die Front verläuft nicht mehr vor dem Gouverneursgebäude. Theoretisch sollte sich der UTUC jetzt von rein gewerkschaftlichen Überlegungen leiten lassen – er sollte eine selbständige Gewerkschaftspolitik verfolgen. Aber eigentlich ist der UTUC eine körperschaftliche Gewerkschaft, eh, ein Teil des Staates, von dem man erwartet, daß er die Politik des Staates fortsetzt und dessen Ziele verfolgt – gab es da nicht eine Klausel in den Gründungsstatuten des UTUC ? Bin mir verdammt sicher, daß es da so was gab. Der UTUC ist die Vertretung der jüngeren Staatsbeamten und der Arbeiter,

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