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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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ich dieses Zeug hier zurücklasse, könnten Sie’s für mich einmal einpacken? Und sollten Sie dann hinunterkommen, so könnten Sie’s vielleicht mitnehmen, oder …?«
    »Klar, kein Problem. Ich werd mich schon um alles kümmern.«
    Während sie herbeiholten und herumtrugen und wegwarfen und auf diese Weise das Leben aus Brays Haus leerten, wie man eine Schublade umkippt, machte sich Hjalmar nützlich und bereitete Tee zu.
    Als die drei ihn dann gemeinsam tranken, sagte er zu dem Mädchen: »Ich mag dieses Haus, ich mach gerade eine schlimme Zeit durch, aber trotzdem mag ich dieses Haus.« Wie eine Fremde stand sie mit der Tasse in der Hand da, und Bray beobachtete, wie sie, den Blick abgewandt, das häßliche, schäbige, unpersönliche Mobiliar anstarrte und anstarrte, die Stühle, in denen sie gesessen und miteinander geredet hatten, den Tisch, an dem sie gesessen hatten. Einen Augenblick lang herrschte verlegenes Schweigen, so als wäre etwas zu Intimes laut ausgesprochen worden. Aber den Großteil des Abends überraschte sie ihn damit, wie freudig erregt sie war – und wie sie diese Erregungunterdrückte. Selbst dieser Gedanke ging ihm einmal durch den Kopf: Vielleicht ist sie, ohne daß sie davon weiß, nur deshalb so glücklich, weil sie ihren Kindern wieder näher kommt.
    Sie traten wieder vor das enge Bett hin, in dem sie auf diese oder jene Weise viele Nächte geschlafen hatten, ineinander verschlungen oder, an den jeweils entgegengesetzten Enden, in der Hitze voneinander abgekehrt, immer aber jeweils an irgendeinem Punkt in Berührung, an der Schulter, den Füßen oder aber mit Haar und Hand, so als hätte ein mitfühlendes Nervensystem die Herrschaft übernommen und kontrollierte nun beide Körper in großer Verträglichkeit. Sie hatten beide geduscht und lagen nackt da, ohne sich zuzudecken und sorgfältig abgetrocknet zu haben – die Verdunstung vermittelte zumindest die Illusion von Kühle. Sie sagte: »Ich möchte dich in mir spüren, aber wir werden uns nicht lieben.«
    »Im Great Lakes werden wir ein großes Bett haben. Die müssen große Betten haben.«
    »Werden wir’s an einem Tag schaffen?«
    »Wir fahren einfach immer weiter, hm?« Er hatte seine Hand auf ihrem Gesicht liegen und spürte, wie sie lächelte.
    Irgendwann später kam dann der Regen. Es donnerte mächtig auf das Dach herunter, er war halb aufgewacht und sah, wie sein Fuß auf den flinken Kakerlak, einen schimmernden Mandelkern, herabstieß. Er war wieder weich geworden und aus ihrem warmen Tunnel herausgeglitten. Der Wald aus schwerem Regen verbarg sie, und sie schliefen.
    Am Morgen empfing sie eine Welt, die ihre Haut abgeworfen hatte. Alles Grün glitzerte wie die Flügel einer Fleischfliege, die in der Sonne trockneten. Die Jacarandabäume hatten ihre Silhouette in Form von abgefallenen Blüten auf der Erde verstreut. Schimmernde Stare flitzten durch die Luft; Hjalmar war draußen im Freien, um nachzusehen, wie sein Ziegelmosaik die Nässe überstanden hatte.
    Mahlope stellte die drei Koffer und den Korb mit der Tauchausrüstung von Gordon Edwards in den Wagen. Kalimo trottete, dieHände unter der Schürze, wachsam hin und her. Bray hatte ihm gesagt, die
Doña
fahre zu ihren Freunden in die Hauptstadt. Für ihn war die Hauptstadt Nordpol und Südpol in einem und dazu auch noch sämtliche großen Städte und Örtlichkeiten der Welt; wenn man dahin fuhr, dann war es nirgendwohin mehr weit. »Und richten Sie den Kindern Grüße von mir aus«, sagte er lächelnd auf englisch zu Rebecca und wiederholte, behaglich vor sich hin murmelnd: »Ja … ja … mhm …« Als sie sich verabschiedeten, reichte er ihnen den Korb, den sie immer zu den Picknicks am See mitgenommen hatten. »Sind wohl auch Eier mit kleinen Fischen drin?« sagte Bray. Der alte Mann krümmte sich vor Lachen – »Diese Eie’, die Sie mögen, Blot, k’eines bißchen Käse –«
    »Keine gegrillten Hühnchen?« sagte Rebecca.
    Kalimos Augen wurden feucht bei diesem guten alten Witz. »Nun,
mukwayi
, er hat mir nicht gesagt, Sie heute fahren! Ich gestern abend keine Hähnchen zum Grillen gekocht …«
    »Solange wir diese Eier haben, Kalimo.«
    Hjalmar gab Rebecca einen Kuß. »Lassen die Arbeit einfach im Stich, was? Wo krieg ich einen anderen Assistenten zum Ziegelverlegen her? Sie werden sehen – wenn Sie zurückkommen, ist alles fix und fertig für Sie.«
    Hjalmar und Kalimo blieben zurück, der eine die Hände an den Hüften, der andere die seinen unter der

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