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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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Abts, vorbei an den erschrockenen Mönchen, stieg eine Treppe hinab und gelangte in einen dunklen, unterirdischen Gang. Hier lagen die frühesten, jahrhundertealten Teile der Abtei, wo sich auch die Kammer der Pyxis befand, deren Tür ihm vom Kellermeister, den er unterwegs aufgetrieben hatte, hastig aufgeschlossen wurde. Edward schickte den Mönch fort und wandte sich mit einer unmissverständlichen Anweisung an William. »Bring Anne zu mir.«
    William wagte gewöhnlich nicht zu widersprechen, wenn sein Herr in einer solchen Stimmung war - er hatte ihn selten so zornig erlebt doch diesmal war er so unklug, seine Meinung zu äußern. »Sire, wenn die Königin sich noch in den Gemächern des Abts aufhält ...«
    Edward musterte seinen Kammerherrn durchdringend. »Ich warte.«
    In der folgenden Stunde schmolz sein Arger dahin, und seine Ungeduld wuchs ins Unermessliche. Wie ein hungriges Tier im Käfig ging er in der niedrigen Kammer auf und ab. Schließlich wurde die Tür vom Abt persönlich geöffnet. Hinter ihm stand eine in einen Mantel gehüllte, verschleierte Frauengestalt.
    Der Abt war sehr nervös und musste sein gesamtes höfisches Geschick aufbringen, um sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. »Sire, die Lady, die Ihr sehen wolltet, hat einem Treffen zugestimmt. Als Gottes Stellvertreter an diesem Ort werde ich diesem Treffen beiwohnen.«
    Der König sah ihn grimmig an. »Nein, Herr Abt, das werdet Ihr nicht. Was die Lady und ich zu besprechen haben, bleibt unter uns und Gott.«
    Der Abt verstand sich nicht nur auf die Gebote der Höflichkeit, es mangelte ihm auch nicht an Mut. Immerhin war er der Herr dieses Hauses, nicht der König. Er war der direkte Stellvertreter des Papstes und damit, zumindest theoretisch, nur dem Papst gegenüber Rechenschaft schuldig. »Lady Anne, Ihr habt gehört, was der König gesagt hat. Doch Ihr steht unter meinem Schutz. Was ist Euer Wunsch?«, erklärte er mutig.
    »Ich werde allein mit dem König sprechen. Er wird mir nichts antun.« Der Abt hatte alles getan, was ihm Klugheit und Gewissen auftrugen. Schweigend verbeugte er sich, machte das Kreuzeszeichen über ihnen und zog sich zurück.
    Einen Augenblick lang sagte weder der König noch Anne irgendetwas. Doch dann überwand Edward den Abstand zwischen ihnen mit drei schnellen Schritten, riss ihr den Schleier vom Gesicht und zog sie so ungestüm an sich, dass sie fast keine Luft mehr bekam. Er presste seinen Mund auf ihre Lippen, und von diesem Augenblick an war die Welt um sie herum vergessen.
    Anne war stark und konnte sich so manchem widersetzen, nicht aber diesem. Zorn und Furcht waren auf einen Schlag verschwunden. Sie versuchte, sich von ihm zu lösen, doch er ließ es nicht zu. Stattdessen zog er sie zu einer der Steinbänke, die an der Wand der Schatzkammer standen, und fegte goldene Teller und Kelche zu Boden, damit sie sich setzen konnten. Eng schmiegten sich ihre Körper aneinander, seine Hände tasteten begierig unter ihren Mantel und streichelten über ihren Rücken und ihre Hüften.
    »Anne, Anne - so weit hätte es nicht kommen müssen. Wir sind keine Feinde. Lass mich dir helfen. Oh, lieber Gott ...« Seiner Kehle entrang sich ein Stöhnen, unter das sich Jubel und Verzweiflung mischten. Zitternd schloss Anne die Augen, als er ihren Hals küsste und seine Hände über ihre Brüste und ihre geschwungene Taille wanderten. Sie sagte nichts, denn es gab nichts zu sagen - für ihre Verwirrung, ihre Liebe, ihr schmerzhaftes Verlangen nach diesem Mann gab es keine Worte.
    Er wusste es, natürlich. Mit bebenden Händen öffnete er ihre Mantelschnalle und breitete den üppigen Stoff hinter ihr auf der Bank aus. Entschlossen hob er sie hoch und legte sie hin, während seine Finger die Schnürbänder ihres Kleides fanden. Er war ein Mann, der mit Bogensehnen und Geschnürriemen von Falken umzugehen verstand, und musste sich deshalb mit der Schnürung nicht lange aufhalten. Sie ließ ihn gewähren. In dieser eigentümlichen Welt, in der sie sich befand, einer Welt, die vom Duft seiner Haut, der Berührung seines Samtwamses und seines Mundes auf ihren Lippen bestimmt war, wusste sie, dass das, was in diesem Moment geschah, unausweichlich war. Alle Verwirrung war von ihr abgefallen.
    Also halfen sie sich in der stillen, kalten Schatzkammer der Abtei gegenseitig aus den Kleidern, sie, die Tochter eines Königs, und er, der Sohn eines Herzogs. Bald lag sie auf dem schwarzen Samtmantel, von nichts als ihrem langen Haar

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