Der Eid der Heilerin
riskierte sie eindeutig, dass Edward sich gegen sie stellte. Dieses Mädchen kannte weiß Gott keinen Gehorsam.
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Kapitel 41
Noch zwei Tage bis zum Turnier. Elizabeth Wydeville war rastlos und regte sich über alles und jeden auf. Grün war die Farbe der Liebe, und da sie am Valentinstag als Schirmherrin, als Königin der Liebe, über dem Turnierplatz thronen sollte, hatte sie ein ausladendes Gewand aus schwerem, grünen Samt anfertigen lassen. Rock und Schleppe waren jedoch so schwer, dass sie kaum darin gehen konnte. Außerdem war das Kleid sehr teuer gewesen, selbst für ihre Maßstäbe, denn auf das Oberteil hatte sie dreizehn grüne Smaragde nähen lassen, einen zu Ehren ihres Mannes und zwölf zu Ehren der Ritter, die an seiner Seite kämpften. Und genau das bereitete ihr nun Probleme. Der König war seit einiger Zeit ihrer hohen Ausgaben überdrüssig geworden - etwas, was früher nie vorgekommen war -, und sie war verzweifelt, weil sie ein weiteres Anzeichen seiner nachlassenden Zuneigung darin sah.
Die unerhörten Neuigkeiten, von denen ihre neue Kammerzofe Marceline, eine schüchterne, farblose Frau von Anfang dreißig, beim Ankleiden berichtete, waren deshalb eine willkommene Ablenkung von ihren Sorgen. Eine geheimnisvolle, schöne Lady habe Zuflucht in der Abtei gefunden, und sie befände sich in Begleitung von Doktor Moss. Es hieß, die Lady und auch Doktor Moss seien vor dem Zorn des Königs geflohen. Die Information stammte aus einer zuverlässigen Quelle. Marceline hatte sie von ihrem Bruder Walter, dem Leibdiener des Abts.
Die Königin verzog missmutig das Gesicht, und Marceline schluckte. Vielleicht war es voreilig gewesen, ihr Wissen weiterzugeben.
»Doktor Moss sollte lieber an seine Zukunft denken, denn er hat nicht nur den Zorn des Königs zu fürchten. Wie heißt diese Lady?« Die Stimme der Königin klang eisig.
Die arme Marceline erschauderte ängstlich. »Die Lady heißt Anne, Euer Majestät.«
»Anne?« Einen Augenblick lang verharrte die Königin reglos. Gewiss, ein gängiger Name, aber er hatte einen Beigeschmack, einen unangenehmen Beigeschmack.
In Edwards kleinem Studierzimmer beugten sich der König und William Hastings über einige Schiffskarten mit Seehandelsrouten, als zu ihrer beider Erstaunen die Königin angekündigt wurde. Die Königin besuchte ihren Gatten niemals in seinen Privatgemächern, außer wenn sie ausdrücklich eingeladen war.
Edward bedeutete William, sich mit dem Kartenwerk zurückzuziehen. Sie würden sie später studieren, wenn sie mehr Muße hatten. Sie wollten einer neuen, faszinierenden Idee auf den Grund gehen, einen Seeweg nach Indien nicht in östlicher, sondern in westlicher Richtung zu finden. Der König setzte zur Begrüßung eine angemessen freundliche Miene auf.
Elizabeth rauschte in das kleine Zimmer und lächelte strahlend. Er kannte dieses Spielchen und war ungehalten - es bedeutete, dass sie verärgert war, aber Zeit gewinnen wollte, um im richtigen Moment den größtmöglichen Vorteil für sich herauszuschlagen.
»Madam, Euer Gemahl ist geehrt.« Er bot seine ganze Höflichkeit auf, verneigte sich tief und führte sie zu seinem mit reichem Schnitzwerk verzierten Stuhl.
»Mein lieber Mann, ich habe eine Idee.«
Auch diesen Ton kannte er nur allzu gut - er war honigsüß, und wenn sie lächelte, bleckte sie ihre hübschen weißen Zähne. Bis jetzt war sie dem Schicksal vieler anderer Frauen mit mehreren Geburten entgangen und hatte ihre Zähne behalten. Ihr Tonfall verhieß beträchtlichen Ärger.
»Ich möchte die Abtei besuchen, über dem heiligen Gürtel der Gottesmutter beten und Maria um Schutz und Segen für unser Kind bitten. Wie glücklich war ich, als die braven Brüder mich bei der Geburt unserer Tochter den Gürtel betrachten ließen. Das gab mir so viel Kraft. Ich möchte ihnen gemeinsam mit Euch danken ... das Volk wäre entzückt, wenn es uns im Gebet vereint sähe ...«
»Das ist ein edler Gedanke, Elizabeth.« Er hatte gelernt, ihr nicht sofort zu widersprechen, da sie ausdauernd schmollen konnte. »Wann wollt Ihr die Abtei besuchen?«
»Nun, jetzt gleich, noch heute Morgen. William sagte gestern Abend, Ihr hättet heute Zeit. Es macht Euch hoffentlich nichts aus, aber ich habe den neuen Abt wissen lassen, dass er uns in Kürze erwarten darf.« Bescheiden lächelnd blickte sie zu ihm auf, das Abbild der sanften, gehorsamen Gemahlin.
Edward hatte noch nicht oft erlebt, dass ihm die Kontrolle der
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