Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Kaufleuten – Letztere meist Juden, die ohnehin den Eindruck erweckten, bevorzugt unter sich zu sein.
Gisela sonnte sich in seiner Aufmerksamkeit und genoss die Reise. Das lange Reiten machte ihr nichts aus. Ihr Pferd ging weich und lebhaft voran, und sie saß fest im Sattel. Das Mädchen wäre auch ohne Sitzkissen zurechtgekommen, denn mit Rupert hatte Gisela oft auf dem blanken Pferderücken des Schlachtrosses ihres Vaters gesessen und den riesigen Rappen zur Schwemme geritten. Friedrich von Bärbach wusste natürlich nichts davon. Manchmal lenkte seine Tochter sogar eines der Streitrosse über die Bahn, auf der die Ritter fürs Turnier übten. Die Pferde gingen dabei stets brav wie die Lämmchen. Gisela hatte Geschick im Umgang mit Tieren. Sie freute sich schon auf die Falkenjagd.
So vergingen die Wochen der Reise schnell, zumal sich dieBefürchtungen ihres Vaters nicht bewahrheiteten. Raubritter und Gauner, die Reisenden gern auflauerten, schreckten vor der Größe der Karawane zurück, mit der immer drei Fernhandelskaufleute mit ihren Planwagen zogen, dazu einige kleinere Krämer und ein paar Pilger auf der Heimreise von ihrer Wallfahrt ins heilige Köln. Selbstverständlich reisten die Händler nicht ohne Eskorte. Der Trupp wurde von insgesamt dreißig schwer bewaffneten Reitern begleitet.
Gisela trennte sich ungern von ihren Reisegefährten, als sie Meißen schließlich erreichten und Friedrich von Bärbach die gewaltigen Burgen auf dem Albrechtsberg ansteuerte. Arno Dompfaff und die anderen Händler ritten derweil weiter in die Stadt. Das Mädchen tröstete sich ein bisschen mit dem Haarreif aus Emaille, den Dompfaff ihm zum Abschied schenkte.
»Das Grün passt zu Euren Augen, Fräulein. Passt auf, Ihr werdet allen Rittern auf der Burg den Kopf verdrehen!«, lachte der Kaufmann und winkte Gisela nach. Auch ihm schien der Abschied schwerzufallen.
Friedrich von Bärbach schien dagegen froh, die Gesellschaft der städtischen Krämer und Pilger verlassen zu können. »Jüdisches Pack«, murmelte er, als sie den Burgberg hinaufsprengten. »Und christliche Gauner, die den Kopf zu hoch tragen, weil sie sich in ihren Städten ›Bürger‹ nennen dürfen. Letztlich alle ihren Grundherren entlaufen …«
Gisela sagte nichts dazu. Ihr Vater hielt nicht viel von den Magistraten in Köln und Mainz, aber sie verstand nicht warum, und es war ihr auch egal. Sie fieberte der ersten Begegnung mit ihrer neuen Ziehmutter entgegen. Ob sie streng und böse mit ihr sein würde wie die Amme? Sollte sie den neuen Haarreif tragen, oder würde ihr das als Hoffart ausgelegt?
Dann erwiesen sich jedoch all ihre Befürchtungen als grundlos. Während der Truchsess des Burgherrn ihren Vater und seine Ritter im Burghof willkommen hieß und ihnen einen Schluck edelsten Weines kredenzte, erschienen zweifröhliche, für Giselas Augen fast festlich gekleidete Mädchen, um die Kleine in Empfang zu nehmen.
»Oh, sie ist hübsch!«, gurrte die eine. »Das wird die Herrin freuen!«
»Aber wir sollten sie noch umkleiden. Vielleicht auch ein Bad nach der langen Reise«, plapperte die andere.
Ehe Gisela noch ganz begriff, wie ihr geschah, hatten die Mädchen sie in eine gut geheizte Kemenate geführt, in der schon ein Waschzuber auf sie wartete. Sie seiften sie lachend ein und ergingen sich in Schmeicheleien über ihr seidiges blondes Haar und ihre großen grünen Augen.
»Wir müssen das Haar in Eigelb spülen, dann glänzt es noch mehr!«, riet Hiltrud, die Jüngere, und Luitgard, die Ältere, suchte ein leichtes leinenes Unterkleid und eine Surkotte aus grasgrüner Seide aus einer der Truhen. Keines der Mädchen machte Anstalten, Giselas eigene Kleidung auszupacken. Das würden die Mägde später tun. Vorerst bedienten sie sich aus der offenbar unerschöpflichen Kleidersammlung des Hofes.
»Jetzt bist du schön!«, erklärte Hiltrud, als Gisela schließlich mit offenem glänzendem Haar, geschmückt mit dem Emaillereif, und in dem neuen Kleid vor ihr stand. »Nur den Saum sollten wir noch umlegen, damit du nicht darüber stolperst.«
Die Mädchen steckten den Rock mit Fibeln provisorisch fest und führten Gisela dann stolz wie eine frisch angekleidete Puppe die Stufen des Söllers hinunter. Der Weg führte zunächst durch einen Küchengarten und dann in den weitläufigen Burggarten. Es gab bunte Blumenrabatten, riesige Bäume, die Schatten spendeten, und überall hörte man fröhliche Stimmen und das Lachen von Mädchen und jungen
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