Der Einbruch des Meeres
glückverheißenden wie patriotischen Werkes, das zwar in seinen Anfängen abfällig beurteilt wurde, das wir aber, dank Ihrer Mitwirkung, durchführen werden zur Ehre und zum Gedeihen des Vaterlandes, das uns unterstützen und dem es, wie schon im südlichen Oranien, gelingen wird, die jetzt noch feindlichen Stämme zu den reuesten und zuverlässigsten Wächtern unsres unvergleichlichen Sieges über die Natur umzuwandeln.
Sie wissen, meine Herren, wer ich bin, und wissen auch, welche Hilfskräfte ich für das große Werk mitbringe, finanzielle und intellektuelle Hilfskräfte, die in inniger Verbindung alle Hindernisse überwinden werden. Um die neue Gesellschaft geschart, werden wir den Erfolg für uns haben, und – ich stehe Ihnen dafür ein – auch da, wo es unsern weniger gut gerüsteten Vorgängern mißlungen ist. Das war es, was ich Ihnen vor meiner Abreise nach dem Süden sagen wollte. Mit Vertrauen auf unsern Erfolg und eine nie erschlaffende Energie, an der Sie wohl nicht zweifeln, wird sich alles von selbst machen. Hundert Jahre nach der Entfaltung der französischen Flagge auf der Kasbah von Algier, werden wir eine französische Flottille das Saharameer befahren und unsre Posten in der Wüste mit allem Bedarf versorgen sehen!«
Fünftes Kapitel.
Die Karawane.
Wie Herr von Schaller vor der Versammlung im Kasino angekündigt hatte, sollten die Arbeiten nach der Rückkehr der betreffenden Expedition planmäßig und kräftig in Angriff genommen und die Gewässer des Golfs nach Durchstechung der Uferhöhe von Gabes durch den neuen Kanal eingelassen werden. Vorher war es jedoch unerläßlich, sich an Ort und Stelle zu überzeugen, was von den alten Arbeiten noch übrig war, und dazu erschien es geboten, den ganzen einschlägigen Teil des Djerid zu bereisen, der Linie des ersten Kanals bis zur Einmündung in das Schott Rharsa, der des zweiten von diesem Schott an bis zum Schott Melrir zu folgen und um dieses eine Rundfahrt zu machen, um die Plätze für die verschiedenen Häfen des Saharameeres endgültig auszuwählen.
Zur Abfindung der
Compagnie franco-étrangère
für die ihr vom Staate überlassenen zwei Millionen fünfmalhunderttausend Hektare Land und zum Rückkauf der von der erwähnten Gesellschaft schon ausgeführten Arbeiten von den Gläubigern, sowie des Materialvorrates, der noch auf Werkplätzen lagerte, hatte sich eine kapitalskräftige Gesellschaft unter der Direktion eines Verwaltungsrates mit dem Sitze in Paris gebildet. Das Publikum schien die von der neuen Gesellschaft emittierten Aktien und Pfandbriefe gern zu erwerben. An der Börse blieben sie hoch im Kurse schon wegen des finanziellen Erfolges bei ähnlichen großen Unternehmungen und bei öffentlichen Arbeiten, die so häufig zum Vorteil der leitenden Persönlichkeiten ausgefallen waren. Die Zukunft dieses Riesenwerkes, eines der größten gegen Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, schien also in jeder Beziehung gesichert zu sein.
Der Oberingenieur der neuen Gesellschaft war eben jener von Schaller, der den im Vorhergehenden wiedergegebenen Vortrag über die Geschichte der früher zum Teil ausgeführten, zum Teil nur geplanten Arbeiten gehalten hatte. Auch die Expedition zur Feststellung der augenblicklichen Lage der Dinge sollte von ihm angeführt werden.
Der vierzigjährige von Schaller war ein Mann von mittlerer Größe mit einem tüchtigen Kopfe – mehr ein Dickkopf, um den Volksausdruck zu gebrauchen. Seine Haare waren kurz geschoren, dabei hatte er einen gelbrötlichen Schnurrbart, einen festgeschlossenen Mund mit schmalen Lippen, lebhafte Augen und etwas stechenden Blick. Seine breiten Schultern, kräftigen Gliedmaßen und seine hochgewölbte Brust, in der die Lunge sich bequem ausdehnte und zusammenzog, wie eine Hochdruckmaschine in gut gelüftetem, großem Raume, alles deutete auf eine felsenfeste Gesundheit. Geistig war der Ingenieur mindestens ebensogut wie körperlich veranlagt. Von der Zentralschule mit sehr gutem Zeugnis abgegangen, hatten schon seine ersten Arbeiten eine gewisse Aufmerksamkeit erregt, und er kam auf seiner Bahn bald sozusagen im Geschwindschritt vorwärts. Mehr als bei jedem andern war sein Sinnen und Trachten auf das Positive gerichtet. Ein überlegender, methodischer, ein – wenn die Bezeichnung zulässig ist – mathematischer Geist, ließ er sich nie von einer Illusion gefangen nehmen. Günstige und ungünstige Aussichten einer Sachlage oder eines Geschäftes schätzte er, wie man von ihm sagte,
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