Der Einbruch des Meeres
weit reichend, eine neue gewählt. Von diesem Punkte verlief sie, einen rechten Winkel bildend, gerade nach Norden und traf auf das Rharsa an einer Art Bucht, die in eine der niedrigsten Begrenzungen des Schotts fast genau an dessen südlichem Rande eindrang.
Der Ingenieur gedachte sich, in Übereinstimmung mit dem Kapitän Hardigan, nicht den nächsten Tag in Nefta aufzuhalten. Es genügte jedenfalls, hier die letzten Nachmittagsstunden und die Nacht über zu verweilen, um die Abteilung ausruhen zu lassen und sie mit neuem Proviant zu versorgen. Von dem zweihundert Kilometer langen Wege, der seit dem Aufbruche von Gabes zwischen dem 17. März und dem 2. April zurückgelegt worden war, konnten übrigens die Leute und die Pferde nicht besonders angegriffen sein. So ließ sich wohl annehmen, daß sie im Laufe des nächsten Tages die kurze Strecke, die sie noch von dem Schott Rharsa trennte, ohne Schwierigkeit würden hinter sich bringen können, so daß der Ingenieur dort zu der von ihm im voraus bestimmten Zeit eintraf.
Die Oase von Nefta unterscheidet sich, was die Gestaltung und Natur des Bodens sowie die Erzeugnisse der Pflanzenwelt angeht, nicht wesentlich von der Oase von Tozeur. Auch hier derselbe zusammengedrängte Haufen von Wohnhäusern inmitten der Bäume, dieselbe Anlage der Kasbah und dieselbe militärische Besatzung. Die Oase ist jedoch weniger volkreich und hatte zur Zeit nicht mehr als achttausend Bewohner.
Franzosen und Eingeborne bereiteten der kleinen Truppe einen recht guten Empfang und beeilten sich, sie so gut wie möglich unterzubringen. Dabei war jedenfalls auch ein gewisses persönliches Interesse mit im Spiele, was in Hinblick auf die neue Führungslinie des Kanals ja kaum wundernehmen konnte. Der Handel von Nefta mußte durch die Nähe des Kanals ja voraussichtlich einen neuen Aufschwung nehmen. Der gesamte Verkehr, den der Ort eingebüßt hätte, wenn der Kanal jenseits von Tozeur angelegt worden wäre, mußte diesem durch die neue Linie wieder zuströmen. Es war fast, als stünde Nefta schon am Vorabend, als neue Stadt am Meeresufer aufzublühen. Der leitende Ingenieur der französischen Gesellschaft des Saharameeres wurde denn auch von den Einwohnern mit Danksagungen und Glückwünschen überhäuft.
Trotz aller Bemühungen die Expedition zu einem längeren Verweilen, und wäre es nur für vierundzwanzig Stunden, zu veranlassen, wurde der nächste Morgen als Zeitpunkt für den Aufbruch doch eingehalten. Der Kapitän Hardigan war immer von einer gewissen Unruhe erfüllt infolge der Nachrichten über die hochgehende Aufregung der Eingebornen in der Umgebung des Melrir, wo die zweite Kanalstrecke endigte, und es drängte ihn deshalb, diesen Teil seiner Expeditionsreise vollendet zu haben.
Noch war die Sonne nicht über den Horizont emporgestiegen, da waren die Mannschaften schon versammelt, die Pferde und Wagen reisefertig und wurde das Signal zum Abmarsch gegeben. Die zehn Kilometer, die der Kanal von Nefta bis zu dessen Knie mißt, wurden in der ersten Etappe zurückgelegt, und die kurze Strecke vom Knie bis zum Rharsa bequem in der zweiten. Unterwegs ereignete sich kein Zwischenfall, und es war gegen sechs Uhr Abends, als der Kapitän Hardigan am Rande der – zukünftigen – Bucht Halt machen ließ, wo das völlig fertige Kanalbett in das Schott einmündete.
Achtes Kapitel.
Das Schott Rharsa.
Für die Nacht vom 4. zum 5. April wurde das Lager am Fuße der vielgestaltigen Dünen aufgeschlagen, die den Hintergrund der Bucht einrahmten. Die Örtlichkeit bot im übrigen keinerlei Schutz. Die letzten Bäume, an denen die kleine Truppe vorbeigekommen war, erhoben sich drei bis vier Kilometer von hier zwischen Nefta und dem Schott. Ringsum reine Sandwüste, kaum mit dürftigen Spuren von Vegetation, die Sahara in all ihrer trostlosen Dürre.
Schnell waren die Zelte hergerichtet. Die in Nefta mit neuem Proviant beladenen Wagen sicherten für mehrere Tage die Ernährung der Menschen und der Pferde. Auf dem Wege um Rharsa gedachte der Ingenieur auch in den zahlreichen, längs dessen Grenzen gelegenen Oasen Halt zu machen, wo es im Uberfluß frisches Futter geben mußte, das man im Innern des Schotts vergeblich gesucht hätte.
Von Schaller sprach sich darüber gegen den Kapitän Hardigan und den Leutnant Vilette – alle drei waren Zeitgenossen – noch weiter aus, ehe sie die Abendmahlzeit einnahmen, mit deren Zubereitung sich François beschäftigte. Ein auf dem Tische ausgebreiteter Plan
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