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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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verlangte, warum man sie so entwürdigend behandelt hatte, und versprach, ihr Mann werde eine offizielle Beschwerde beim Innenminister einreichen.
    »Das wird ein wenig schwierig werden«, antwortete man ihr. »Wollen Sie wissen, warum?«
    Das wollte Ruth Rottecombe.
    »Weil er tot ist. Wir haben seine Leiche gefunden, und es sieht ganz so aus, als wäre er ermordet worden.« Der Hauptkommissar hielt inne, um diese Neuigkeit wirken zu lassen. Als Ruth auf ihrem Stuhl zusammensackte und offenbar ohnmächtig wurde, fuhr er fort. »Bringen Sie sie wieder in ihre Zelle. Sie hat einen anstrengenden Tag hinter sich. Wir vernehmen sie morgen früh.« Aus seinem Tonfall sprach keinerlei Mitgefühl.

32
    Flints Hoffnung, die beiden Männer aus London würden ihn von dem Fall befreien, zerschlug sich. Zunächst einmal kamen sie gar nicht von Scotland Yard, oder, falls doch, so herrschte in London ein noch gravierenderer Mangel an Beamten, als er vermutet hatte. Offenbar warb die Metropolitan Police im Ausland an, in diesem Fall in Amerika. Das war sein erster Eindruck, als sie sein Büro betraten, während Hodge im Hintergrund grinste. Dieser Eindruck hielt nicht vor. Die beiden Amerikaner nahmen ungebeten Platz und glotzten Flint kurz an. Was sie sahen, gefiel ihnen offenbar nicht.
    »Sind Sie Inspektor Flint?«, fragte der Größere der beiden.
    »Allerdings«, sagte Flint. »Und mit wem habe ich es zu tun?«
    Bevor sie antworteten, sahen sie sich abschätzig im Büro um. »Amerikanische Botschaft. Verdeckte Operationen«, sagten sie im Chor und zeigten ihre Ausweiskarten so kurz vor, dass Flint nichts lesen konnte.
    »Wir haben erfahren, dass Sie einen Verdächtigen namens Wilt vernehmen«, sagte der Dünnere der beiden.
    Doch Flint war verärgert. Verdammt wollte er sein, wenn er sich von zwei Amerikanern befragen ließ, die sich nicht höflich auswiesen. Nicht wenn Hodge im Hintergrund hämisch grinste.
    »Sie können erfahren, was Sie wollen«, sagte er grimmig und mit einem Blick auf Hodge. »Fragen Sie ihn. Er hält sich für denjenigen, der Bescheid weiß.«
    »Er hat uns bereits alles gesagt. Der Hauptkommissar war sehr kooperativ.«
    Fast hätte Flint entgegnet, Hodges Kooperation sei keinen Pfifferling wert, doch er riss sich zusammen. Wenn diese arroganten Mistkerle Henry Wilt eine Anklage wegen Drogenhandels anhängen wollten, würde er sie getrost in den Morast aus Unterstellungen marschieren lassen, den der bekloppte Hodge garantiert vor ihnen ausgebreitet hatte. Er hatte Besseres zu tun. Beispielsweise herauszufinden, warum Wilt überfallen wurde und halb nackt im New Estate gefunden worden war.
    Er stand auf und ging an den zwei Amerikanern vorbei.
    »Wenn Sie Informationen haben wollen, bekommen Sie die bestimmt vom Hauptkommissar«, sagte er und öffnete die Tür.
    »Er ist der Drogenexperte.«
    Er verließ das Büro und ging hinunter in die Kantine, wo er sich setzte und mit Blick auf den Parkplatz eine Tasse Tee trank. Kurz darauf kamen Hodge und die beiden Männer in Sicht und bestiegen einen neben seinem Auto parkenden Wagen mit getönten Fensterscheiben. Flint setzte sich weiter nach hinten an einen anderen Tisch, von wo er sie sah, aber selbst nicht gesehen werden konnte. Nach fünf Minuten war der Wagen immer noch da. Der Inspektor gab ihnen weitere zehn Minuten. Nichts geschah. Sie warteten also ab, wohin er fuhr. Da konnten die Wichser den ganzen Scheißtag hocken bleiben. Er stand auf, ging die Treppe hinunter, zur Vordertür hinaus und weiter zum Busbahnhof, wo er einen zum Krankenhaus fahrenden Bus nahm. Er saß auf der hintersten Bank und war absolut kampfeslustig gestimmt.
    »Man könnte meinen, wir wären im Irak«, murmelte er vor sich hin, worauf ihm eine ernste Frau versicherte, dem sei nicht so, und ob er sich wohl fühle?
    »Schizophrenie«, sagte er und musterte sie ausgesprochen finster. Als die Frau an der nächsten Haltestelle ausstieg, fühlte sich Flint besser. Er hatte also doch etwas von Henry Wilt gelernt: die Gabe, Leute zu verwirren.
    Als er an der Klinik eintraf und der Bus wendete, entwickelte er seine neue Taktik. Hodge und die zwei arroganten Yankees würden unweigerlich in der Oakhurst Avenue 45 auftauchen und Eva – oder die Vierlinge, falls sie nicht da war – fragen, wo Wilt war, und sie würde so sicher wie das Amen in der Kirche antworten: »Im Krankenhaus.« Flint betrat das leere Buswartehäuschen, nahm sein Handy und wählte die Nummer, die er so gut

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