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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Schatz in Trümmern auf den Grund des Meeres zu schicken. Deshalb hielt Linden bis auf weiteres von Covenant Abstand und bemühte sich um innere Gelassenheit.
    Aber sie merkte bald, daß ihre überreizten Nerven, wenn sich Covenant nicht in der Nähe befand und ihre Aufmerksamkeit beanspruchte, lediglich auf eine andere Person ansprachen, die Grund zur Sorge bot: Ankertau Seeträumer. Sein von Pein zerfurchtes Gesicht verbreitete unbeabsichtigt seinen Gram übers gesamte Riesen-Schiff. Er wirkte, als litte er Qualen der Erkenntnis, als hätte er eine Einsicht errungen, die er sogar auszusprechen gefürchtet hätte, wäre er nicht ohnehin seiner Stimme beraubt gewesen. Wenn er unter seinesgleichen trat, versiegte ringsum die Unterhaltung, das Lachen erstickte, als ginge von ihm eine Einsamkeit aus, gegen die es kein Mittel gab. Und er war sich dessen bewußt, welchen negativen Einfluß sein stummes Weh ausübte. Nach einiger Zeit vermochte er die Situation nicht länger auszuhalten. Er versuchte, sich von seinen Kameraden abzusondern, ihnen die Unannehmlichkeit seiner Gegenwart zu ersparen. Das jedoch duldete Pechnase nicht. Der mißgestaltete Riese drückte seinen Freund, als wolle er Seeträumer dazu bewegen, von den anderen Riesen Trost anzunehmen. Und Blankehans und Derbhand standen dabei, drängten Seeträumer ebenfalls, sich von ihnen helfen zu lassen. Ihre Fürsorge trieb Seeträumer Tränen in die Augen, aber Erleichterung zeigte sich in ihnen nicht.
    »Was hat ihn so getroffen?« meinte die Erste mit leiser, kummervoller Stimme zu Linden. »Sein Unglück übersteigt jedes Maß.«
    Doch Linden wußte keine Antwort. Ohne gegen seine Persönlichkeit zu verstoßen, konnte sie in Seeträumer nichts anderes erkennen als die Ungeheuerlichkeit seines Ringens um Mut. Sie hätte alles dafür gegeben, einen gleichartigen Kampf in Covenant beobachten zu können.
     
    Drei Tage lang, während die Dromond stetig, in leichtem Winkel zum Wind, Fahrt nach Südwesten machte, blieb Linden ihm fern. Die Haruchai pflegten ihn in seiner Kabine, die sie mied. Sie redete sich ein, sie lasse lediglich noch Zeit für eine etwaige spontane Behebung seines Zustands. Aber sie kannte die Wahrheit: sie zögerte, weil sie fürchtete und verabscheute, was sie tun mußte, falls die Heilung nicht von selber eintrat. In ihrer Vorstellung sah sie ihn in seiner Kabine genauso sitzen, wie er in seinem verödeten Innern saß, und mit hoffnungsloser Stimme die Litanei seiner Verlassenheit herunterleiern.
    Im Verlauf dieser drei Tage herrschte auf der Sternfahrers Schatz die übliche Routine. Die generelle Windrichtung blieb; trotzdem wechselte sie oft genug in gewissem Umfang, um die Besatzung auf Trab zu halten. Die übrigen Teilnehmer der Suche beschäftigten sich auf ihre Weise. Die Erste verwendete beträchtliche Zeit darauf, ihr Schwert zu schärfen und ihre Kampfausrüstung zu säubern, als sähe sie jenseits des Horizonts Gefechte bevorstehen. Und mehrmals begaben sie und Pechnase sich unter Deck, um sich ein wenig Muße füreinander zu gönnen.
    Blankehans wirkte halb fiebrig, als könne er keine Ruhe finden. Wenn ihn nicht die Befehlshabe übers Schiff beanspruchte, führte er mit dem Ankermeister und Windsbraut ausgedehnte Diskussionen über den Kurs, den die Dromond nehmen sollte. Doch Linden durchschaute ihn klar genug, um zu erkennen, daß es keineswegs der Weg der Suche war, was ihn so rastlos machte, sondern Seeträumers Leid.
    Brinn bekam Linden selten zu sehen; er wich kaum jemals von Covenants Seite. Ceer und Hergrom dagegen halfen auf dem Riesen-Schiff aus, wie sie es schon vorher getan hatten; und Cail folgte Linden wie ein Wächter überallhin. Welche Gefühle die Haruchai ihr auch entgegenbringen mochten, sie zeigten sich nicht in ihren Mienen, beeinträchtigten nicht Cails willige Umgänglichkeit. Nichtsdestotrotz spürte sie, daß man nicht nur aus Sorge um sie auf sie achtgab, sondern auch, damit sie nicht irgendwie irgendeinen Schaden auf ihre Umgebung herabbeschwor.
    Manchmal meinte Linden, Hohl sei der einzige Teilnehmer der Suche, den Elemesnedene nicht verändert hatte. Er stand auf dem Vordeck an der Reling, haargenau an der Stelle, wo er stehengeblieben war, als er das erste Mal an Bord ging. Die Riesen mußten alle Arbeiten um ihn herum verrichten; er ließ sich nicht dazu herbei, davon Kenntnis zu nehmen, daß er sie behinderte. Seine schwarzen Gesichtszüge offenbarten nichts. Erneut fragte sich Linden, welche

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