Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Stimme; aber sein Tonfall war sicher und leutselig. »Gestattet mir den Hinweis, daß solche Gäste selten in Bhrathairealm zu sehen sind – und deshalb um so willkommener. Daher war's mein Wunsch, mit euch Bekanntschaft zu schließen, ehe ihr zur Kanzel des Gaddhi vorgelassen werdet, auf daß er euch mit seinem Segen überschütte. Doch bedarf's keiner Vorstellung mehr. Dieser wackere Caitiffin hat euch bereits meinen Namen genannt. Und ich kenne meinerseits euch.« Unverzüglich sprach er weiter, wandte sich an die einzelnen Gefährten, als habe er vor, sie mit seinem Wissen günstig zu stimmen. »Grimme Blankehans, du hast dein Schiff aus großer Ferne zu uns geführt – und um einen hohen Preis, wie ich zu meinem Bedauern vernommen habe.« Die Erste begrüßte er mit einer knappen Verneigung. »Du bist die Erste der Sucher und in unserer Mitte überaus willkommen.« Er drehte sich Seeträumer zu. »Sei guten Mutes!« sagte er zu ihm. »Deine Stummheit wird weder dem Gaddhi noch seinem Hofstaat die Freude über deinen Besuch mindern.« Anschließend trat er vor Linden und Covenant. »Thomas Covenant«, sagte er mit einem Anflug von Begeisterung in der Stimme, »Linden Avery ... eure Anwesenheit beglückt mich. Unter so unerwarteten Gästen ...« – ein Wink seiner Hand wies auf die Haruchai , Hohl und Findail – »seid ihr die unerwartetsten von allen, und euer Anblick erregt die größte Freude. Wenn das Wort von des Gaddhi Wesir irgendein Gewicht hat, soll's euch an Wohlergehen und allen erwünschten Diensten nicht mangeln, solange ihr bei uns weilt.«
    »Rühr mich nicht an!« sagte Covenant wie auf ein Stichwort mit aller Deutlichkeit.
    Überrascht hob der Wesir die vom Alter weißen Brauen. Nachdem er Covenant einen Moment lang gemustert hatte, richtete er seinen Blick auf Linden, wie um eine Erklärung zu erbitten. Linden widerstand seiner intensiven Aura, darum bemüht, sich eine geeignete Entgegnung einfallen zu lassen. Aber in ihrem Verstand wollte sich keine richtige Klarheit mehr einstellen. Der Wesir verunsicherte sie. Der verstörendste Aspekt an ihm war jedoch nicht er selbst, nicht die Unersättlichkeit, die er emanierte. Vielmehr war es das Kind auf seinem Rücken. Es ruhte in seinen Hüllen, als schliefe es fest und in schönster Unschuld; aber die Art, wie seine Pausbacken am oberen Ende der Wirbelsäule des Wesirs lehnten, vermittelte Linden den unbegründbaren Eindruck, das Kind schmarotze an ihm wie ein Sukkubus. Ihr Eindruck erfuhr noch Verstärkung durch den merkwürdigen Umstand, daß sie dazu außerstande blieb, ihn sich zu bestätigen. Obwohl das Kind so eindeutig sichtbar war wie der Wesir, war es auf allen anderen Ebenen ihrer sinnlichen Wahrnehmung nicht zu erkennen. Wenn sie die Augen schloß, konnte sie die Gegenwart des Wesirs wie einen lüstern-gierigen Hauch ins Gesicht spüren; aber das Kind schien schlichtweg nicht mehr zu existieren, sobald sie den Blick von ihm nahm. Genausogut hätte es eine Halluzination sein können. Die Beachtung, die sie dem Kind entgegenbrachte, war zu offensichtlich; es war ausgeschlossen, daß sie dem Wesir entging. Ein Ausdruck von Berechnung glitt über sein Gesicht, wich zärtlicher Zuneigung. »Ach, mein Sohn«, sagte er. »Ich trage ihn so beständig bei mir, daß ich bisweilen vergesse, Fremde möchten sich wohl darüber wundern. Ich bin ein treuliebender Gemahl, Linden Avery, doch ist meine Gemahlin ernstlich erkrankt. Deshalb umsorge ich unser Kind. Meine Pflichten erlauben mir keine andere Lösung. Aber du brauchst dir um ihn keine Gedanken zu machen. Er ist ein stilles Knäblein und wird uns nicht stören.«
    »Verzeihung«, sagte Linden verlegen, indem sie versuchte, Blankehans' vordergründige Höflichkeit nachzuahmen. »Es war nicht meine Absicht, zudringlich zu sein.« Sie fühlte sich durch das Kind stark bedroht. Aber die Gastfreundlichkeit des Wesirs mochte in etwas ganz und gar Gegenteiliges umschlagen, falls sie zeigte, daß sie wußte, er log.
    »Gedenke der Sache nicht länger.« Sein Ton bekundete friedfertige Umgänglichkeit. »Wie könnte es mich verdrießen, daß du von meinem Sohn Kenntnis nimmst?« Danach wandte er sich wieder an die Riesen. »Meine Freunde, viel Zeit ist verstrichen, seit euer Volk zuletzt mit den Bhrathair zu schaffen gehabt hat. Ich bezweifle nicht, daß ihr mächtige Seefahrer und Abenteurer geblieben seid, und sicherlich ist eures Volkes Geschichte von noch höherem Interesse und noch weit

Weitere Kostenlose Bücher