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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sich zur Schwertkämpferin gesellt. Er stand da, als wäre er vollauf bereit, Covenant um Seeträumers Wunsch willen gewaltsam aufzuhalten. »In all den langen Zeitaltern, seit es Riesen gibt, hat die Erd-Sicht nie geirrt.«
    »Er ist mein Bruder!« schrie Blankehans aus der Dunkelheit. Unterdrückte Tränen ließen seine Stimme breiig klingen. »Willst du ihn in den Tod schicken?«
    Die Schwertspitze der Ersten wankte. Pechnase beobachtete sie mit höchster Aufmerksamkeit, wartete auf ihre Entscheidung. Covenants Blick huschte zwischen Blankehans und Seeträumer hin und zurück. Er fühlte sich völlig dazu außerstande, sich auf die Seite eines der beiden zu stellen.
    Dann stürmte Seeträumer zum Einholzbaum. »Nein!« Der Schrei entrang sich von selber Covenants Brust. Nicht noch einmal! Nicht noch mehr Opfer in meinem Namen! Er hastete dem Riesen nach, während Flammen durch seine Adern loderten.
    Blankehans raste an ihm vorbei. Mit einem Aufbrüllen folgte er seinem Bruder. Aber Seeträumer bewegte sich mit verzweifelter Zielsicherheit, als habe er alles genau vorausgesehen. Nach drei Sätzen wirbelte er herum, stellte sich Blankehans entgegen. Er stemmte die Füße fest auf den Felsboden; seine Faust zuckte auf. Der Hieb traf Blankehans so wuchtig wie der Tritt eines Landläufers. Er taumelte rücklings gegen Covenant. Nur Cails augenblickliches Eingreifen verhinderte, daß der Kapitän Covenant unter sich begrub. Der Haruchai stieß Blankehans' riesige Gestalt zur einen, Covenant zur anderen Seite.
    Covenant erblickte Seeträumer vor dem Baum. Der Befehl der Ersten und Pechnases Ruf ertönten gleichzeitig; aber nichts konnte Seeträumer noch zurückhalten. Im Sonnenlicht deutlich sichtbar, sprang er die zerspellten, von Wurzeln umarmten Felsbrocken empor. Von dort aus befand sich der von Covenant ausgesuchte Ast in müheloser Reichweite seiner Hände. Einen Moment lang regte sich Seeträumer nicht. Er warf den Gefährten einen Blick zu, als stünde er vor einem Opfergang. Gemütsregungen, die er nicht zum Ausdruck bringen konnte, machten seine Miene rings um die Narbe beklommen.
    Dann packte er den Ast an dem Ende, wo er aus dem Holz ragte, versuchte ihn abzubrechen.

26
     

FRUCHT
     
     
    Für einen wie erstarrten Sekundenbruchteil sah Linden alles auf einmal. Seeträumers Hände umfaßten den Ast. Covenant reckte sich vorwärts, als erkenne er den Tod in Seeträumers Augen so genau wie sie. Cail stützte den Ur-Lord. Die Erste, Pechnase und Blankehans liefen nach vorn; doch ihre Bewegungen wirkten langsam und aussichtslos, als würde die eisige Kraft in der Luft sie hemmen. Der Sonnenschein gab ihnen ein gleichermaßen lebhaftes wie nichtiges Aussehen. Linden stand allein mit Hohl und Findail im westwärtigen Schatten. Widerschein von Helligkeit und Lindens Sinne machten sie ihr nahezu präzise wahrnehmbar. Der Dämondim-Abkömmling grinste wild wie eine Bestie. Findail verströmte Emanationen von Furcht.
    Verhängnis lauerte in der Höhle. Das Unheil stand unmittelbar vor dem Zuschlagen. Linden spürte, was geschah – vor ihren Augen begann die Saat sämtlicher Manipulationen Lord Fouls aufzugehen. Die Atmosphäre strotzte von gräßlichem Gedeihen. Aber Linden vermachte sich nicht zu rühren.
    Da umschlossen Seeträumers Hände den Ast.
    Im selben Augenblick brachte eine Detonation, die einem Wutschrei aus dem tiefsten Innern der Erde selbst glich, die Gefährten ins Torkeln. Die Riesen und Covenant kamen zu Fall. Der Felsboden bäumte sich auf, Linden stürzte vornüber und prallte mit gespreizten Gliedern auf den Stein. Ihr stockte der Atem. Ihr war nicht bewußt, sich den Kopf angeschlagen zu haben, aber ihr ganzer Schädel war inwendig wie betäubt, als wäre er ihr plattgedroschen worden. Sie rang um Atem, doch die Luft war so ungestüm wie ein Blitz. Sie würde ihr die Lungen in Asche verwandeln. Aber Linden mußte atmen, mußte wissen, was sich abspielte. Krampfhaft atmete sie ein und hob den Kopf. Hohl und Findail waren in ihrer Nähe auf den Beinen geblieben, spiegelten einander in der Düsternis wider wie Antithesen.
    Der Schacht war voller Sterne. Ein Ausschnitt von Nachthimmel lag über der Höhle und dem Einholzbaum. Hinter dem Sonnenschein glitzerten Sterne in kalter Wut. Ihre Zwischenräume waren so schwarz wie die abgründige Weite des Alls. Sie waren nicht größer als Lindens Hand, kaum heller als Glanzlichter. Aber jeder besaß die gewaltige Kraft einer Sonne. Gemeinsam waren sie

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