Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
mußte sterben, falls er nicht handelte, alles vernichten, was er liebte, falls er nun nicht zur Tat schritt. Ruckartig hob er den rechten Arm, deutete auf den Baum. Die zwei winzigen Narben an seinem Unterarm schimmerten schwach. »Dort.« Oberhalb seines knorrigen Stamms war der Baum vielfältig verzweigt, hatte eine außerordentlich ausladende Krone. Aus einem der näheren Glieder ragte ein langer, gerader Ast, so dick wie Covenants Handgelenk. Er endete in einem glatten Stumpf, als wäre der Rest abgesägt worden. »Den nehme ich.«
    Spannung wühlte in seinem Innern. Covenant öffnete so etwas wie eine geistige Klappe und ließ einen Strahl von Energie hervorschießen. Eine winzige Flamme lohte aus seinem Ring. Ihre Glut intensivierte sich, bis sie von solcher Schärfe war wie eine Klinge. Covenant bremste den Strom seiner wilden Magie, beließ die Flamme in dieser Stärke, um mit ihr den Ast abzutrennen. Undeutlich bemerkte er durchs Zwielicht, daß Hohl grinste.
    »Warte!« Linden schaute Covenant nicht an. Sie blickte überhaupt nichts und niemanden an. Ihre Miene erinnerte an die ohnmächtige Gelähmtheit, die sie angesichts Joans, Gibbons und Marids so hilflos gemacht hatte. Sie wirkte unscheinbar und verirrt, als besäße sie keinerlei Recht, hier zu sein. Ihre Hände vollführten schwächliche, wie flehentliche Bewegungen. Sie schüttelte den Kopf in ratloser Verneinung. »Da ist noch etwas.«
    »Linden ...«, begann Covenant.
    »Spute dich, Auserwählte!« verlangte die Erste. »Die Zeit verrinnt.«
    Linden starrte blicklos an den Gefährten und dem Baum vorüber, durchs Licht. »Da ist etwas anderes.« Furcht und erzwungene Selbstbeherrschung drohten sie zu zerrütten. »Beides hängt zusammen ... sind aber nicht das gleiche. Ich weiß nicht, was es ist. Es ist zuviel. Niemand kann's anschauen.« Lähmung oder Grauen verlieh ihrer leisen Stimme einen wüsten Klang.
    Eindringlich ermahnte Covenant sie nochmals. »Linden!«
    Ihre Augen wandten sich vom Einholzbaum ab, ihr Blick fiel auf Covenant, und sie fuhr zusammen, als könne sie den Gedanken an das, was er beabsichtigte, nicht verkraften. Ihre Worte schienen, während sie sie sprach, allmählich zu Schweigen zu gerinnen. »Der Baum ist nicht die Ursache, warum hier nichts lebt. Er ist nicht der Grund, weshalb es hier wie am Ende der Welt riecht. So eine Art von Macht hat er nicht. Hier ist noch etwas anderes.« Ihr Blick war nach innen gekehrt, als suche sie, wie die Elohim, Antworten in sich selbst. »Es ruht.«
    Covenant stockte. Zu viele Emotionen rissen ihn zwischen sich hin und her. Sein Ring brannte wie Gift und potentielle Schändung. Ein Schreien, das er nicht hervorzustoßen vermochte, drückte ihm aufs Herz. Hilf mir! Ich weiß nicht, was ich tun soll! Aber er hatte seine Entscheidung längst gefällt. Die einzige ihm mögliche Entscheidung. Weitermachen. Herausfinden, was geschieht. Was wirklich wichtig ist. Wer man ist. Sicherlich konnte Linden das verstehen. Covenant konnte vor der Zwangsläufigkeit seiner Befürchtungen und des Verlusts nicht zurückweichen. Als er die Erste ansah, machte sie eine Geste, die ihn drängte, zum Einholzbaum zu gehen. Covenant gab sich einen inneren Ruck, trat vor.
    Im selben Augenblick verließ Seeträumer den Schatten. Begleitet von Blankehans' gedämpftem Aufstöhnen des Einspruchs, überholte der stumme Riese Covenant, versperrte ihm den Weg. Alles Licht, das ihm ins Gesicht fiel, schien sich um seine Narbe zu konzentrieren. Er schüttelte heftig den Kopf, um seine Ablehnung von Covenants Vorgehen zu bekunden. Er hatte die Fäuste an die Schläfen erhoben, als drohe ihm das Hirn zu platzen.
    »Nein«, knirschte Covenant eine Warnung des Grimms und Mitgefühls. »Tu mir das nicht an!«
    Die Erste stand schon an seiner Seite. »Bist du von Sinnen?« schnauzte sie Seeträumer an. »Der Riesenfreund muß nun handeln, derweil ihm der Weg offensteht.«
    Einen Moment lang führte Seeträumer eine unbegreifliche Pantomime vor. Dann bekam er sich in die Gewalt. Seine Atmung bebte, während er sich zu ruhigen Gebärden zwang, klarzumachen versuchte, worum es ihm ging. Mit Gesten, so eindringlich wie Seelenpein, deutete er an, daß Covenant den Baum nicht anfassen dürfe. Nach seiner Meinung mußte das zu einer Katastrophe führen. Er, Seeträumer, wollte versuchen, den Ast zu beschaffen. Covenant setzte zum Widerspruch an. Doch die Erste hielt ihn zurück. »Riesenfreund, es ist die Erd-Sicht.« Pechnase hatte

Weitere Kostenlose Bücher