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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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irgendeine innere Sicht die Aufmerksamkeit für seinen Bruder. Hoffnung spiegelte sich wie Sterne unter Blankehans' wuchtigen Brauen, als er vortrat. »Du ehrst mich«, sagte er; seine Stimme war rauh. »Mein Wunsch betrifft nicht mich selbst. Ich äußere ihn für Ankertau Seeträumer, meinen Bruder.« Da erwachte Seeträumers Aufmerksamkeit schlagartig. »Ohne Zweifel ist euch sein schweres Schicksal klar ersichtlich«, fügte Blankehans hinzu. »Die Erd-Sicht martert ihn, und diese Qual hat ihn seiner Stimme beraubt. Doch ist's seine Erd-Sicht, die unsere Suche leitet, auf die wir uns begeben haben, um ein großes Übel in der Erde zu bekämpfen. Das Geschenk, das ich erbitte, ist das Geschenk seiner Stimme, auf daß er uns besser zu leiten vermag ... und auf daß seinem Leid Linderung zuteil werde.« Er verstummte ziemlich unvermittelt, und man sah ihm an, daß er sich weitere, flehentlichere Worte versagte. Sein Herzschlag pochte in den angespannten Strängen an seinem Hals, als er seine Riesen-Leidenschaft zum Schweigen zwang, während Infelizitas ihren Blick auf Seeträumer heftete. Seeträumer antwortete nur mit einer Miene der Hilflosigkeit und eines unvermuteten Verlangens. Seine eichenartige Gestalt brachte die Heftigkeit seines Sehnens nach Worten überdeutlich zum Ausdruck, nach einem Weg, wie sich die ungeheure Bürde seiner Erd-Sicht etwas erleichtern ließe – oder um sich über die »Prüfung« äußern zu können, der man ihn unterzogen hatte. Er wirkte wie jemand, der in der Düsternis seines unseligen Schicksals in der Ferne ein Licht erspähte, das Rettung verhieß.
    Aber Infelizitas brauchte nur einen Moment, um über ihn nachzudenken. Dann wandte sie sich wieder an Blankehans. »Freilich kann deinem Bruder die Stimme zurückgegeben werden«, erklärte sie mit leichtem Desinteresse. »Doch weißt du nicht, worum du ersuchst. Seine Stummheit entsteht aus der Erd-Sicht wie der Tag von der Sonne herrührt. Um das Geschenk zu gewähren, das du erbittest, müßten wir zwangsläufig die Augen seiner Erd-Sicht blenden. Das werden wir nicht tun. Wir wollten ihn auf deine Bitte nicht erschlagen. Ebensowenig werden wir diese Missetat an ihm begehen.« Mit einem Ruck weiteten sich Blankehans' Augen. Einwände türmten sich in ihm empor, Bestreben und Bestürzung rangen um Mitteilung. »Ich habe gesprochen«, sagte jedoch Infelizitas mit solcher Endgültigkeit, daß er zurückprallte. Die flüchtige Aufhellung in Seeträumers Miene verwandelte sich in Asche. Er haschte nach der Schulter seines Bruders, um sich zu stützen. Aber Blankehans reagierte nicht. Er war ein Riese; allem Anschein nach konnte er nicht verstehen, wie eine Hoffnung, die er mit solcher Entschlossenheit genährt hatte, mit so wenigen Worten zunichte werden sollte. Er tat nichts, um den Gram zu verbergen, der seine Gesichtszüge verzerrte.
    Bei diesem Anblick fing Linden aus plötzlichem Zorn an zu zittern. Anscheinend übertünchten Anmut und Feingeisterei der Elohim eine von Arroganz geprägte Mitleidlosigkeit. Sie war Infelizitas zu glauben außerstande. Diese Leute waren verkörperte Erdkraft. Wie sollten sie nicht dazu fähig sein ...? Nein. Es fehlte ihnen nicht an der Fähigkeit. Sie wollten nicht. Nun zögerte Linden nicht mehr, sich Infelizitas zu stellen. Covenant versuchte etwas zu Linden zu sagen, aber sie beachtete ihn nicht. Den Blick nach oben gerichtet, sprach sie mit heftigem Nachdruck den Wunsch aus, den sie zu erbitten beabsichtigt hatte. »Wenn's so ist, wirst du mir wahrscheinlich antworten, daß du auch gegen Covenants Gift nichts unternehmen kannst?« In ihrem Rücken spürte sie, wie ihre Gefährten vor Überraschung und Besorgnis erstarrten, entgeistert über ihre unerwartete Forderung, bestürzt wegen ihrer unverhohlenen Erbitterung. Aber auch darauf achtete sie nicht, ihr war nur daran gelegen, in ihrem Zittern Infelizitas' Blick standhalten zu können. »Ich bitte euch erst gar nicht, etwas gegen seine Lepra zu tun. Dahinter steckt viel zuviel. Aber das Gift! Es bringt ihn um. Es macht ihn gefährlich für sich selbst und für alle in seiner Umgebung. Das ist wahrscheinlich das Schlimmste, was Foul ihm je angetan hat. Willst du mir erzählen, daß ihr daran nichts ändern könnt?«
    Die Glöckchen läuteten, als wären sie beleidigt oder beunruhigt. Sie vergeht sich in unziemlicher Weise gegen unser Willkommen , sagte eines.
    Mit gutem Grund, antwortete ein anderes. Unser Willkommen ist nicht freundlich

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