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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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aus dem schwarzenWagen und machte kurzen und kaltblütigen Prozess mit dem bedauernswerten turkmenischen Schmuggler, der das Pech gehabt hatte, sich für diese Pilgerreise anheuern zu lassen. Dann sah man ihn mit durch die Bildfolge abgehackten Schritten auf das Haus zugehen, dicht gefolgt von einem zweiten Mann.
    Wer war das? Was hatte die beiden Männer dorthin geführt? Hatten die Iraner Karim tatsächlich die ganze Zeit verfolgt, und Harry war zu blind gewesen, das zu erkennen?
    Die beiden geheimnisvollen Männer betraten das Haus nicht wie die anderen durch die Vordertür, sondern wählten den Weg hinten herum. Keine Minute später flackerte es im Haus auf, als wäre drinnen etwas explodiert, dann folgten weitere Lichtblitze, wie von Pistolenschüssen. Harry konnte sich nicht davon abhalten, leise vor sich hin zu murmeln, während er das ganze Schauspiel verfolgte. Es war grässlich, diese Ereignisse im Nachhinein mit anzusehen, ohne den geringsten Einfluss darauf nehmen zu können oder auch nur ganz zu begreifen, was da eigentlich geschehen war.
    Schließlich traten zwei Gestalten aus dem Haus. Die eine musste wohl Jackie in ihrem Tschador sein, die andere war mit hundertprozentiger Sicherheit Karim. Hatte Jackie sich den Weg frei geschossen? Was war mit den anderen Leuten im Haus geschehen? Da kam noch eine dritte Gestalt nach draußen, ein Mann, der ihnen folgte – oder nein, er ging ihnen voran, führte sie zu dem schwarzen Wagen.
    Es war der Schütze, der Mann, der schon Hakim und den turkmenischen Fahrer erschossen hatte. Er schob Jackie und Karim vor sich her bis zu seinem Wagen und bedeutete ihnen einzusteigen. Dann wechselte er ein paar Worte mit demFahrer, und der schwarze Wagen verschwand und machte sich, wie Harry wusste, auf seine Fahrt zur Grenze in Kalat. Und der Fremde, der Schütze, blieb allein mit mindestens vier Toten zurück.
    «Wer zum Teufel ist das?», murmelte Harry. Eigentlich sagte er das mehr zu sich selbst, obwohl er die Antwort im Grunde bereits kannte. Doch Marcia Hill sprach sie aus.
    «Das ist Al-Majnoun», sagte sie. «Der Wahnsinnige.»
     
    Vor den NR O-Technikern wollte Marcia nicht mit der Sprache heraus. Da war sie eigen. Nach einer langen beruflichen Laufbahn bei der CIA vertraute sie niemandem mehr, am allerwenigsten Angehörigen anderer US-amerikanischer Geheimdienste, und so wartete sie, bis Harry und sie wieder zurück im Persischen Haus waren, bevor sie zu erzählen begann. Dort angekommen, verschwand sie in ihrem Büro und kam mit einem Aktenordner und einem Päckchen Zigaretten wieder zurück.
    «Geben Sie mir auch eine», sagte Harry.
    «Aber Sie rauchen doch gar nicht.»
    «Jetzt schon. Also, erzählen Sie mir von Al-Majnoun.»
    Marcia zog ein Foto aus dem Ordner, die körnige Porträtaufnahme eines Mannes, der aussah, als hätte man sein Gesicht mit ungelenken Strichen auf eine Tafel gezeichnet.
    «Das ist Al-Majnoun», sagte sie. «Kein besonders gutes Bild, das ist mir klar, aber ein besseres haben wir nun mal nicht von ihm. Zumindest nicht von der Version 2.0 oder 3.0 oder die wievielte das auch immer sein mag.»
    Sie entnahm dem Ordner ein zweites Foto. Es zeigte einenjüngeren Mann, der dem düsteren, entstellten Mann auf dem ersten Bild kein bisschen ähnelte.
    «Das ist Al-Majnoun in seiner ursprünglichen Gestalt, zumindest glauben das meine israelischen Freunde. Die Fotos stammen beide von ihnen. Früher im Libanon hieß er Kamal Hussein Sadr. Er war unter den Ersten, die vom Iran für die spätere Hisbollah rekrutiert wurden. Und er war von Anfang an der lange Arm der iranischen Geheimpolizei. Sie setzten ihn hauptsächlich als Vollstrecker ein. Wenn sie einem ihrer Leute nicht mehr trauten, kümmerte er sich darum.»
    «Und warum wissen wir nichts von ihm?»
    «Weil er angeblich getötet wurde, 1985, von den Israelis, durch eine Autobombe in Baalbek. Der Mossad hat sich damals monatelang damit gebrüstet. Allerdings war der Tote so zerfetzt, dass man ihn nie richtig identifizieren konnte, aber immerhin mausetot, so viel war sicher. Deshalb haben ihn dann auch alle vergessen, bis auf ein paar besonders misstrauische Zeitgenossen beim Mossad. Und mich.»
    «Und was ist danach aus ihm geworden?»
    «Er ging in den Iran, gleich nach der israelischen Bombe, der er fast zum Opfer gefallen wäre. Auf persönliche Einladung des Ajatollah, wurde damals gemunkelt, nur hörte kein Mensch auf das Gerede, weil der Mossad ihn ja schließlich getötet hatte, und der

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