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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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Ravenna...) Und ich starre das Haus an, bis ich das Gefühl habe, auf meinen Augen wüchsen Facetten.
    Nichts, Priyatel, nicht das geringste.
    Also, was jetzt? Irgendwas geht bei den Cutters vor, irgendwas Wichtiges. Glaube ich. Aber bin ich von meiner Schlußfolgerung so überzeugt, daß ich meinen Arsch darauf verwette? Denk darüber nach: Selbst wenn Blake keine Killerkommandos mehr ausgeschickt hat, bin ich bei den Cutters als Maulwurf des Star bekannt. Sollte ich zufällig jemandem vor die Mündung seiner Kanone latschen, wird mich dieser Jemand mit Sicherheit wegpusten. In einen Unterschlupf der Cutters zu marschieren, heißt, den Ärger geradezu herauszufordern, richtig?
    Aber jetzt ist es zu spät, umzukehren und auf Nummer Sicher zu gehen. Wer weiß, vielleicht finde ich sogar einen Hinweis auf die Telestrian-Cutters-Connec-tion, über die ich auf dem Weg nach Ravenna noch vor mich hin geplappert habe. Neugier mag die Katze das Leben kosten und vielleicht auch den Wolf, aber im Moment kann ich sie einfach nicht abschalten wie eine verdammte Lampe.
    Okay, ich habe jetzt lange genug rumgestanden und beobachtet. Wenn ich mich überhaupt noch mal in Bewegung setze, ist jetzt der Moment gekommen. Mit Rücksicht auf Nachbarn oder Fußgänger, die wahrscheinlich mehr als erfreut wären, die Cops anzurufen und die Anwesenheit eines Bewaffneten in ihrer Straße zu melden, lasse ich die H&K im Halfter, während ich die Vordertreppe hinauf und durch die offene Tür schlendere.
    Kaum bin ich im Flur, ist die H&K in meiner Hand und aus dem Schlendern eine geduckte Kampfhaltung geworden. Mit dem Rücken an der Wand halte ich den Atem an und lausche. Wiederum nichts - kein Wasserrauschen, kein gedämpfter Trideolärm, keine Schritte. Nichts. Das Haus ist verlassen, dieses Gefühl überkommt mich wieder und stärker als zuvor. Es ist ein kaltes, unheimliches Gefühl. Während ich die H&K gleichmäßig hin und her schwenke, dringe ich tiefer in das Haus ein. Im hinteren Teil des Hauses befindet sich eine Art Gesellschaftszimmer, das auf den chipgroßen Hof hinausgeht, in dem normalerweise die Gangmitglieder herumhängen, Trideo glotzen und ganz allgemein die Sau rauslassen. Normalerweise sieht das Zimmer aus, als sei eine Bombe darin explodiert. Überall liegen Pizzaschachteln, Bierdosen und ähnlicher Drek herum. Außerdem gibt es ein Telefon, und die Wand daneben ist mit Notizen, LTG-Nummern und ähnlichem Kram vollgekritzelt. Wenn ich mir einen raschen Überblick darüber verschaffen will, was wann passiert ist, könnte mir der herumliegende Müll möglicherweise Aufschluß darüber bieten.
    Ich gehe an der Treppe vorbei, dann an der Küche -in die ich einen kurzen Blick werfe und nichts finde. Ich greife nach der Klinke der Gesellschaftsraumtür...
    Und bleibe wie angewurzelt stehen. Ich kann jetzt etwas hören. Atmen - ein stetiges, blubberndes, asthmatisches Geräusch, das mich an Jean Trudeis Lachen erinnert. Wie das Schnarchgeräusch von jemandem -einem alten Mann, vielleicht -, aber doch nicht ganz so.
    Ich begutachte die Lage. Die Tür zum Gesellschaftszimmer ist nur angelehnt, was bedeutet, ich muß mich nicht mit Türklinken herumschlagen. Sie öffnet sich von mir weg in das Zimmer - perfekte Voraussetzungen, um die Tür aufzutreten, hineinzutauchen und alles niederzumähen, was sich bewegt.
    Was im richtigen Leben selten die beste Taktik in einer heiklen Situation ist, wie oft man es auch schon im Trid gesehen haben mag. Das Schnarchen - oder was es sonst ist - ist stetig und tief. Außerdem kann ich nach dem Ausatmen und vor dem Einatmen noch einen pfeifenden Laut hören - eigentlich mehr ein blubberndes Klicken -, und plötzlich kommt mir von irgendwoher der Gedanke, daß genau das der Punkt ist, wo der Atemvorgang irgendwann enden wird. Ausatmen, klick... und nichts mehr, nie wieder. Ich schiebe den Gedanken vehement beiseite und öffne die Tür ganz langsam mit der linken Hand. Die H&K ist schußbereit, und die Elektronik summt und wartet nur darauf, alles umzulegen, was mich bedroht.
    In dem Raum ist nichts Bedrohliches, jedenfalls nichts unmittelbar Bedrohliches. Überall liegt Drek herum - Chipetuis, leere Fast Food-Schalen, Bierdosen, das Übliche -, insbesondere auf den beiden niedrigen Tischen und der Handvoll Stühle. Überall, außer auf der großen Couch unter dem Fenster und gegenüber vom Trid.
    Und zwar deshalb, weil eine Gestalt auf der Couch liegt, von der die Schnarchgeräusche ausgehen. Doch

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