Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
energisch allen Berichten unverantwortlicher Medienquellen« - Übersetzung: NNs Konkurrenten -, »daß es bisher nur in der Gang-Subkultur des Metro-plex zu Todesfällen gekommen sei. Außerdem - und mit noch größerer Vehemenz - stellt er fest, daß diese Epidemie in keiner irgendwie gearteten Art und Weise Ähnlichkeiten mit dem Virusindizierten Toxischen Allergiesyndrom aufweise. Es handele sich nicht, wie unverantwortlicherweise von anderen berichtet wurde, um den Ausbruch einer mythischen Abart von VITAS 4.
    In anderen Regionalnachrichten...«
    Ich drücke auf den Sendersuchlauf, und die Stimme des Nachrichtensprechers weicht dem Fließbandgedröhn irgendeines neoindustriellen Hits. Ich bin, weiß Gott, keiner von diesen Drekheads, die eine mythisch verklärte Vorstellung von den › guten alten Zeiten‹ haben, von irgendeinem Goldenen Zeitalter, als alles Sahne war und jeder jeden geliebt hat, aber manchmal werde ich das Gefühl nicht los, daß seit einiger Zeit echt schlimme Sachen abgehen. Vielleicht liegt es nur an meinem Lone Star-Hintergrund, aber immer, wenn jemand offiziell und vehement den Wahrheitsgehalt eines Gerüchts bestreitet, fange ich an, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. VITAS 4? Einfach wunderbar. Wie vielen Leuten hat VITAS 3 vor über vierzig Jahren den Garaus gemacht? Über einem Prozent der Weltbevölkerung. Um die fünfzig Millionen Tote - wenn mir nicht irgendwo ein Komma verrutscht ist.
    Andererseits ist diese vermeintliche VITAS 4-Seuche genau das, was Seattle braucht. Ein Super-Virus, das nur Gangmitglieder befällt und vielleicht auch noch Shadowrunner, wenn wir schon dabei sind. Einigen meiner alten Kollegen beim Star würde das außerordentlich gefallen, und ich würde bestimmt keine Träne deswegen vergießen.
    Ach, das ist doch sowieso nur hysterischer Drek. Wie viele Ausbrüche von ›VITAS 4‹ haben die Nachrichtenmedien den Leuten im letzten Jahrzehnt gemeldet? Drei oder vier, an die ich mich noch erinnern kann, und keiner von ihnen erwies sich als das große apokalyptische Pandämonium. Eine Sache war ziemlich unangenehm - diese neue Abart von Meningitis, der 2045 ein Dutzend Schulkinder in Chicago zum Opfer fielen -, aber die übrigen waren Blindgänger wie nuevomycinresistente Abarten von Herpes und Syphilis. Null Problemo, solange man grundlegende Vorsichtsmaßnahmen walten ließ. Es ist nur logisch: Man muß die Krankheitserreger nur mit genügend Antibiotika und Wundermitteln bombardieren, um zähere und widerstandsfähigere Erreger zu züchten. Funktionieren so nicht überhaupt Evolution und natürliche Auslese?
    Vergiß es. Ich habe die Seuche nicht, niemand, den ich kenne, hat die Seuche, und es wäre sowieso egal. Ich gurke immer noch über Haupt- und Nebenstraßen des Sprawl, ohne die geringste Ahnung zu haben, was ich als nächstes tun soll, eine Tatsache, an der die Nachrichten über ein Killervirus, das zufällig alle hiesigen Banden befällt, nicht das geringste ändern.
    Ich nehme die nächste Ausfahrt von der 405 und wechsle auf die 520. Auf der Schwebebrücke drücke ich auf die Tube, und der Westwind rauscht mit der Freude eines Raubtiers über den Lake Washington. Ich biege rechts nach Montlake ab und jage auf die Montlake Bridge. Der Wagen klebt praktisch auf der Straße und nimmt sogar die Ausfahrt mit dem Doppelten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Ich halte die Augen starr geradeaus und versuche die Gegend irgendwie auszublenden. Es klappt jedoch nicht, und ich weiß, ich werde den Anschlag heute nacht in meinen Alpträumen noch einmal durchleben. Auf den Universitätscampus und an dem freitragenden Alptraum des neuen Stadions vorbei, durch University Village und nach Ra-venna. An dieser Stelle drossele ich das Tempo und denke darüber nach, ob mir tatsächlich etwas eingefallen ist, oder ob ich alles abblase und wieder zu meinem Versteck in Renton zurückfahre.
    Die Idee ist noch völlig verschwommen, nicht konkret genug, um sich den Namen ›Plan‹ zu verdienen. Wissen Sie, es war der Bericht über die Superseuche, der mich an die Cutters denken ließ. Die Gang ist der Aspekt, dem ich in letzter Zeit wenig Beachtung geschenkt habe. Statt dessen habe ich mir den Kopf über die Handlungsweise des Star zerbrochen, während Argent und Peg wahrscheinlich den Drek über Timothy Telestrian ausgegraben haben. Aber wir scheinen die Cutters, das andere Ende der Tir-Seattle-Connec-tion, völlig vergessen zu haben. (›Vergessen‹ ist vielleicht nicht

Weitere Kostenlose Bücher