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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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den für diesen heimtückischen Anschlag Verantwortlichen Rache zu schwören, wer dies auch sein mochte.
    Und damit war plötzlich ein Platz in der Hierarchie der Cutters frei. Schließlich braucht eine Gang einen Kriegsboss. In Seattle auf jeden Fall und ganz besonders im Jahre 2054. Blake mußte einen Ersatz für Ranger finden, und zwar rasch. Nein, nicht rasch, sondern sofort. In einer idealen Welt hätte ich den Zuschlag bekommen und wäre aus den Reihen der Soldaten in den Rat der Mächtigen berufen worden. Ja, ja. Mir fallen viele Worte ein, mit denen sich die Welt beschreiben läßt, und ›ideal‹ gehört nicht dazu.
    Statt dessen holte sich Blake einen Lieutenant vom Boss der Atlantaer ›Zweigstelle‹ der Cutters, und vierundzwanzig Stunden nach Rangers letztem Ausritt saß ein neuer Arsch auf Rangers Sessel. Sein Spitzname war Bubba - echt, ohne Scheiß. Tatsächlich, Bubba - ein Redneck aus Georgia, der zufällig auch noch ein Ork war. (Wenn man bedenkt, welche Einstellung viele Jungs aus dem Süden zu den Metaras-sen haben, ist es fast ein Wunder, daß Bubba sich noch nicht selbst gelyncht hat. Oder ist das zu zynisch?) Zu meiner Verblüffung stellte ich fest, daß ich den Neuankömmling nach den ersten Gesprächen nicht nur mochte sondern auch respektierte. Wenngleich er durch seinen Akzent so klang, als bewege sich sein IQ im Bereich der Zimmertemperatur - und wir reden hier über Celsiusgrade -, erwies er sich als cleverer Bursche, aggressiv, aber durchaus gewillt, Leuten zuzuhören, die besser als er wußten, was in Seattle ablief. Kurzum, er gefiel mir.
    Obwohl ich also nicht Nachfolger des Kriegsbosses geworden bin, müssen doch größere Umstrukturierungen in der Hierarchie der Cutters vorgenommen werden, als ich angenommen habe. Jedenfalls ziehe ich diese Schlußfolgerung, als ich ein paar Tage nach der Explosion zu einer Besprechung mit Bigboss Blake gerufen werde.
    Blake befindet sich in seinem Privatquartier im obersten Stockwerk des Seattier Unterschlupfs in der 164. Straße Süd. Box der Troll steht vor der Tür Wache, den asymmetrischen Kopf eingezogen, der jedoch immer noch gegen die Decke stößt. Er fragt mich nicht, was ich hier will, und schenkt sich auch den ›Freund-oder-Feind‹-Quatsch, sondern greift lediglich hinter sich und öffnet die Tür, als er mich durch den Flur kommen sieht. Ich schlendere an ihm vorbei, wobei ich ihm einen spöttischen Gruß zuwerfe, und dann befinde ich mich in einer von Blakes Privatwohnungen.
    Ich weiß nicht, was ich erwartet habe - oder ob ich überhaupt etwas Bestimmtes erwartet habe -, aber ich bin trotzdem überrascht. Die Bude sieht hell und luftig aus - sie ist in Ocker und Weiß gehalten. Ich schätze, man könnte das Dekor als ›pseudoafrikanisch‹ bezeichnen. Auf dem Boden liegt eine seltsame Art von Webteppich, an einer Wand hängt ein Hirschfell - oder vielleicht ist es sogar ein Antilopenfell - und an einer anderen eine Sammlung brutal aussehender kurzer Wurfspeere, wahrscheinlich Assegai. Es klingt seltsam, ich weiß, aber nichts davon wirkt übertrieben oder künstlich. Da nur ganz wenige Leute hierherkommen, kann die Einrichtung eigentlich nicht den Zweck haben, andere zu beeindrucken. Ich nehme an, Blake gefällt es ganz einfach so. Ich stelle fest, daß ich mir bereits Gedanken über seine Herkunft mache. Er ist noch nie die afroamerikanische Schiene gefahren. Er ist schwarz, na und wenn schon? Seit der Goblinisierung hat die Hautfarbe nicht mehr den Stellenwert wie früher. Stammt all dieser Drek aus einem einzigen afrikanischen Land, oder ist es eine Art pan-afrikanischer Mischmasch? Keinen blassen Schimmer, Chummer.
    Jedenfalls ist Blake auch da. Er sitzt in einem großen ockerfarbenen Armsessel. Auf dem Boden neben ihm sitzt mit verschränkten Beinen eine unglaublich gutaussehende Frau - schwarz wie die Nacht, die Augen so groß und sanft, daß man direkt hineinfallen und darin ertrinken könnte. Ich beachte sie jedoch kaum, weil sich meine ganze Aufmerksamkeit auf Blake richtet, der sich bisher weder bewegt noch ein Wort gesagt hat. (Und jeder, der mich kennt, weiß, was das bedeutet. Ich und eine Frau nicht beachten? Erzähl mir nichts, Chummer...)
    Blake trägt also dieses träge Grinsen zur Schau, und es erinnert mich an einen satten Löwen. Ein zufriedener Mann. Ich kann mir den Grund dafür denken, obwohl ich mich möglicherweise irre.
    Blake hebt den Blick und sieht mich an. Er sagt nichts, rührt sich nicht, aber die

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