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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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behaupten wird, daß das Licht trügerisch war oder ich durch sein Schußfeld gelaufen bin oder irgendeinen anderen Drek. Übersetzung: Hoppla, mehr Glück in der nächsten Reinkarnation. Von meinem Standpunkt aus nicht besonders befriedigend.
    Der Witz ist also, irgendwo in Deckung zu gehen, wo ich jeden Ärger auf mich zukommen sehe und etwas dagegen tun kann. Ich sehe mich um, schaue nach oben... Ah, perfekt.
    An der Wand neben mir ist eine Leiter befestigt, die (vermutlich) zu den Laufstegen unter der Decke führt. Etwa zehn Meter über dem Boden und direkt neben der Leiter ist ein verrosteter Beleuchtungskörper an der Wand befestigt. Wie bei den anderen Lampen im Lagerhaus reicht auch hier das Licht nicht aus, um den Boden einigermaßen vernünftig zu beleuchten.
    Aber die Lampe ist hell genug, um jemanden zu blenden, der direkt hineinsieht. Und nur darauf kommt es an.
    Schnell, bevor ich Zeit habe, die Sache zu durchdenken und mir in die Hose zu machen, husche ich zur Leiter und klettere hinauf. Im ersten Moment fühle ich mich scheußlich exponiert, aber das ist nur irrationale Angst, die daraus spricht. Darin bin ich zehn Meter über dem Boden, direkt neben der Lampe. Ich kann ihre Hitze auf meiner nackten Haut spüren. Ich fühle mich exponierter denn je, aber ich weiß, daß das einfach nicht der Fall ist. Jeder, der in meine Richtung schaut, wird nur das Licht sehen. Ich drehe mich um, halte mich mit der linken Hand an einer Leitersprosse fest und warte mit der H&K in der rechten.
    Plötzlich erkenne ich, daß man von hier aus einen unglaublich guten Überblick hat. Zwar geben niedrige Kistenstapel und ähnlicher Drek überall Deckung, aber ich kann über die meisten Hindernisse hinwegsehen. In den ersten Sekunden mache ich zwei Eighty-Eights aus, die sich vor den marodierenden Cutters verstecken. Ich könnte sie beide umlegen, wenn ich wollte, aber ich will nicht. Das würde nur die Aufmerksamkeit auf mich lenken, und das will ich auf gar keinen Fall. Außerdem kann ich ein paar Mitglieder von Team A -nämlich Paco und Doink - sehen, die das Lagerhaus systematisch durchkämmen.
    Und da ist auch Bart. Er kommt aus dem Bürobereich und tastet sich langsam an der Wand entlang. Seine Schrotflinte hängt an der speziellen Gurthalterung und ist schußbereit, das Schockpolster fest gegen die Hüfte gepreßt. Selbst in der Gurthalterung ist die AS7 groß und klobig genug, um die meisten Leute unbeholfen und schwerfällig wirken zu lassen. Nicht so Bart: Er ist auch so groß und klobig und stark genug, um die Kanone herumzuschwenken, als sei sie federleicht. Das muß ich ebenso wie die Tatsache berücksichtigen, daß er wahrscheinlich stark genug ist, um dem Rückschlag mehrerer Schüsse standzuhalten. Nach allem, was ich weiß, könnte er an der Kanone so herumgebastelt haben, daß sie für Auto-Feuer geeignet ist. Kein sehr angenehmer Gedanke. Ich verliere ihn für einen Au-genblick hinter einem abnorm hohen Kistenstapel aus den Augen, und mein Magen verkrampft sich in jäher Furcht. Vielleicht weiß er, wo ich bin, und schleicht sich an, um einen sauberen Treffer zu landen... Doch dann taucht der große Lauf der Schrotflinte wieder auf, gefolgt von Bart persönlich, und ich atme auf.
    Ein Teil von mir will ihn jetzt gleich erledigen. Die Elektronik verrät mir, daß ich eine Salve direkt ins Ziel setzen kann, daß ich alle fünf Schüsse im Umkreis von einem Zentimeter um sein häßliches Ohr setzen kann, bevor er überhaupt weiß, was los ist. Doch dann stellen sich die Jahre meiner verdammten Ausbildung als Cop quer: tödliche Gewalt nur als Reaktion auf direkte Bedrohung und der ganze Quatsch. Wer weiß? Vielleicht irre ich mich, und Bart will mich gar nicht umlegen. Ihn zu geeken, bevor ich mir dessen sicher bin, wäre jedenfalls vorsätzlicher Mord. Unter mir dreht sich der aufgedunsene Ork langsam und richtet die Schrotflinte auf irgendwas. Ich folge seiner beabsichtigten Schußlinie.
    Es ist Paco. Das junge Bandenmitglied geht gerade an einer Kiste vorbei, die laut Aufschrift Maschinenteile enthält. Ich sehe, wie sich sein Kopf leicht bewegt, und weiß, daß er Bart mit seiner peripheren Sicht entdeckt hat. Außerdem weiß ich, daß er den Ork als ›befreun-det‹ einstuft und beschlossen hat, ihn zu ignorieren. Barts Schrotflinte folgt Paco, und ich weiß, was geschehen wird. Der Ork hat nicht nur das ›Mandat‹, mich umzulegen, sondern darüber hinaus auch noch jeden, der mir treu ergeben

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