Der Einzelgänger
beruhige ihn dennoch, was diesen Punkt anbelangt. »Wie ich schon sagte, niemandem. Nur Ihnen, und zwar in einem meiner regelmäßigen Berichte. Der Star ist unterwandert.«
»Ja«, sagt Layton zögernd.
Und die Erkenntnis trifft mich wie eine Kugel. »Sie wissen es bereits«, platzt es aus mir heraus.
Ich kann förmlich hören, wie die Stahljalousien hinter drei Augenpaaren herunterrasseln. Die Gesichter werden ausdruckslos wie die von Robotern.
Sie wissen es. Was ich ihnen erzähle, ist Schnee von gestern. Bestenfalls bestätigt es etwas, von dem sie gehofft haben, daß es nicht zutrifft... oder beweist, daß die Unterwanderung, von der sie bereits wissen, weitreichender ist, als sie anfänglich befürchtet haben. Drek. Ich will alle Einzelheiten, aber ich bin nicht so dumm, danach zu fragen. Diese drei verraten immer nur das, was ihr Gegenüber wissen muß, und ich muß nicht, sonst wüßte ich es bereits.
Also klammere ich diesen Punkt erst mal aus und komme zum eigentlichen Grund meines Anrufs. »Ich will wieder ins Licht.« (Vor hundert Jahren hätte ich wahrscheinlich gesagt, »aus der Kälte«.)
Diesmal findet kein Blickwechsel statt, es besteht keine Notwendigkeit. Ein hirntoter Hund hätte sich das aus dem Drek in meinem Bericht zusammenreimen können. Der Weiße Blitz rückt zögernd, und ich erkenne, daß er der Sprecher für diesen Teil der Unterhaltung ist. »Das ist... verständlich«, räumt er ein. »Verständlich, aber im Augenblick unmöglich.«
»Warum?« frage ich. Nicht cool, nicht profihaft, aber, verdammt noch mal, ich will es wissen.
Seine Miene wird noch ausdrucksloser, falls das überhaupt möglich ist. »Sie wissen, daß ich darüber nicht mit Ihnen reden kann«, sagt er.
Zum Teufel mit diesem Drek! Das will ich sagen, aber ich halte mich zurück. Tatsächlich sage ich: »Ich kann das kaum akzeptieren«, und zwar in einem coolen, stahlharten Tonfall, der sogar mir selbst Angst einjagt.
Doch Drummond läßt das völlig kalt. »Zur Kenntnis genommen«, sagt er mit einem schroffen Nicken.
»Doch Tatsachen sind nun mal Tatsachen. Wir können uns nicht die Blöße geben, auf... gewisse Ereignisse... in irgendeiner Form zu reagieren.«
Das reicht für mich als Hinweis, um in Gedanken die Lücken auszufüllen. Der Star hat irgendwelche Schwierigkeiten, große Schwierigkeiten, und diese drei wissen davon. Vielleicht beschränken sich diese Schwierigkeiten auf die Unterwanderung, von der ich geglaubt habe, ich hätte sie erst darauf hingewiesen. Aber vielleicht ist diese Unterwanderung ja auch nur die Spitze eines riesigen Eisbergs (nette Vorstellung). Wie auch immer, die leitenden Pinkel des Konzerns - darunter Layton, Drummond und McMartin, aber gewiß nicht nur sie - tun alles, was sie können, um den Deckel draufzuhalten. Sie dürfen nicht auch nur im geringsten zu erkennen geben, daß etwas nicht in Ordnung ist.
Wem gegenüber dürfen sie das nicht zu erkennen geben? Einem Haufen Leuten, Chummer - es gibt einen Haufen Leute, die aus ganz unterschiedlichen Gründen daran interessiert sind, Sprünge im Panzer zu finden, der Lone Star umgibt. Das fängt bei den Cutters an -und allen anderen Gangs der Stadt. Das gleiche gilt für die Yakuza, die Mafia, die Seoulpa-Ringe, die Triaden, die Tongs...
Und das gilt auch für die Megakonzerne. Die meisten Konzerne betrachten Lone Star als Feind oder Rivalen. Wenn sie in illegalen Drek verwickelt sind, wären sie hocherfreut, eine Schwäche oder andere Art von Hebel gegen die Cops zu finden, die ihnen im Nacken sitzen. Und selbst wenn manche Konzerne nicht in illegalen Drek verwickelt sind, stehen diese - auf die eine oder andere Art - mit dem Unternehmenskonglomerat im Wettbewerb, das den Namen Lone Star Security Corporation trägt (dabei fällt einem sofort Knight Errant ein).
Dann überlegen Sie sich die politischen Verzweigungen. Der Star hat einen Vertrag mit der Verwaltung des Seattier Metroplex, die Polizeidienste in der Stadt auszuüben, neh? Wie würde die Verwaltung - zum Beispiel in Gestalt der verschrobenen Gouverneurin Marilyn Schultz - auf Informationen reagieren, daß der Star in seiner Datensicherheit oder sonstwo irgendein großes verdammtes Loch hat? Es geht ums Geschäft, Omae. Ich weiß nicht, was die Plexverwaltung dem Star jedes Jahr für seine Dienste bezahlt; aber wenn besagte Verwaltung die Möglichkeit hat, diese Summe zu drücken, weil sie weiß, daß der Star in Schwierigkeiten steckt, wird sie es so sicher wie
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