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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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das Verfahren nicht ohne guten Grund geändert. Aber was soll's, ich habe jetzt andere Dinge im Kopf.
    »Was ist los?« fragt sie, wobei es ihr gelingt, eine gehörige Portion kühle Mißbilligung in die drei Worte einfließen zu lassen.
    Ich antworte ihr nicht direkt, sondern sage lediglich: »Machen Sie sich zum Empfang bereit.« Ich lege meinen Datenchip in den Dateneingabeschlitz des Telefons ein und weise es an, den Inhalt zu übertragen. Während die Daten durch die Matrix fegen, suche ich unter den Leuten, die an mir vorbeigehen, nach einem Gesicht, daß für mich und mein Tim etwas zuviel Interesse aufbringt. Augenblicke später summt das Telefon, und ich weiß, mein Bericht ist übertragen und gespeichert.
    »Sehen Sie das durch«, sage ich zu Layton, bevor sie irgendeine Bemerkung machen kann. »Zeigen Sie es den anderen, sie sollen es ebenfalls durchsehen. Ich will eine Telekonferenz, und zwar mit allen von Ihnen.« Ich sehe wieder auf die Uhr. »Sagen wir um elf Uhr dreißig. Das sollte reichen. Auf dieser Leitung.« Ich lege auf und bin aus der Telefonzelle heraus, bevor sie auch nur den Mund aufmachen und darüber maulen kann.

11
    Das ist wirklich nicht die Art von Unterhaltung, wie man sie gerne in einer verdammten Telefonzelle mitten auf der Straße führt. Aber es gibt Zeiten, wo man einfach keine andere Wahl hat.
    Ja, genau, eine andere Telefonzelle, diesmal ohne Kaugummi auf der Kameralinse. Bei diesem Anruf will ich sehen und gesehen werden.
    Der Bildschirm des Telefons ist viergeteilt. Drei der Fenster zeigen Gesichter, das vierte ist leer für den Fall, daß wir uns Daten oder andere Dinge zeigen wollen. Ich kenne alle drei Gesichter, und wenn irgend jemand auftauchen sollte, den ich nicht kenne, verschwinde ich so schnell aus der Zelle, daß ich ein Vakuum zurücklasse.
    In der oberen linken Ecke ist Sarah Layton. Der Bursche rechts neben ihr ist etwa in ihrem Alter - Ende vierzig, würde ich sagen -, aber nicht annähernd so gut erhalten: schütteres, grau werdendes Haar und Tränensäcke unter den Augen wie eine alte Bulldogge. Das ist Vince McMartin. Unter Sarah ist der ›Weiße Blitz‹, ein gewisser Marcus Drummond. Er ist ein Jahrzehnt jünger als die beiden anderen und ein echter Heuler von einem Konzernkrieger, der die Leiter schnell genug hinaufklettert, um den Messern zu entgehen, die ständig auf seinen Rücken gerichtet sind. Er ist dünn und blaß und hat Augen, denen nichts, aber auch gar nichts entgeht. Seine Haare sind stoppelkurz geschnitten und schlohweiß. (Einen Moment lang erinnern sie mich an die Elfengöttin, die bei der Tir-Delegation war, und ich sehe mir Drummonds Ohren genauer an. Nichts, keine Spitzen.)
    »Ich weiß, eine Telekonferenz ist unüblich«, sage ich als Antwort auf Drummonds letzte Bemerkung, »aber sie ist absolut erforderlich.«
    Sarah Layton mischt sich ein. Ihre Stimme ist wie ein Skalpell. »In Ihrem Bericht steht nichts, was dies rechtfertigen würde.«
    »Nicht alles steht in meinem Bericht«, kontere ich. »Ich hatte keine Zeit, ihn auf den neuesten Stand zu bringen.«
    »Und?« Das kommt von der Bulldogge McMartin.
    »Der Star ist unterwandert«, sage ich schlicht, um maximale Wirkimg zu erzielen. »Ihre Datenintegrität ist nicht mehr gewährleistet.«
    Die drei wechseln Blicke, und an der Art, wie sich ihre Augen bewegen, erkenne ich, daß sich Layton und Drummond im selben Raum aufhalten, während sie mit McMartin per Telefon konferieren. Ihre Gesichter und Augen verraten nichts von einem Schock, aber alle drei sind abgebrühte Profis, deren unerschütterlichen Fassaden man ihre Gefühle nicht ansieht.
    »Wie kommen Sie darauf?« will Layton wissen.
    Also erzähle ich es ihnen. Die Delegation des Tir-Konzerns habe ich bereits in meinem Bericht beschrieben, aber jetzt füge ich Nicholas Finnigans geheimnisvolle Besucher aus meinem ›IrrelKonzern‹ hinzu. Ich muß nicht erst auf die Bedeutung der Tatsache hinweisen, daß IrrelKonzern (oder wer auch immer) von Fin-nigan weiß und vermutet hat, ich könne mich an ihn um Hilfe wenden - ich kann es den sehr steten und aufmerksamen Blicken von sechs Augen entnehmen.
    Als ich fertig bin, herrscht für einen Augenblick Schweigen, dann will McMartin wissen: »Sind Sie sicher, daß Sie es sonst niemandem erzählt haben?« Aus den Blicken, die ihm die beiden anderen zuwerfen, geht eindeutig hervor, daß sie selbst diese Bestätigung als überflüssig betrachten. Profis - absolute Profis.
    Aber ich

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