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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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mehr, sie spielten einander die Bälle zu, zu diesen Themen kann jeder unendlich vieles sagen. Kopp gab etwas beleidigt auf und ging ins Bad.
    Er setzte sich auf die Toilette und blieb eine ganze Weile dort sitzen. Er grübelte, was er falsch gemacht hatte. Ganz einfach: alles. Wie so häufig, habe ich mich in den Details verloren. Nicht, dass die Verteilungsaktion die erste Wahl wäre, nicht, dass sie eilig wäre - bzw. wer weiß? Kann man es wissen? Morgen kann ich dann allen wieder hinterher telefonieren - aber selbst wenn nicht, darüber reden hätte ich schon gerne wollen. Mich orientieren. Denn ich bin nicht orientiert. Nicht besonders. Ich habe Nachholbedarf. Und bei wem holt man so etwas nach? Bei Personen seines Vertrauens. So genannten Freunden. Immer ein offenes Ohr.
    Kopp schnaubte - etwas ärgerlich »mit denen« - verächtlich durch die Nase. Gleichzeitig entfuhr ihm ein Furz, er erschrak. Normalerweise mache ich wegen so etwas kein großes Aufhebens, ich bin ein Mensch, ich stehe dazu, aber diesmal hätte er nicht gewollt, dass die draußen es gehört haben, er fühlte sich nicht mehr gewappnet gegen wie auch immer geartete Bemerkungen oder auch nur ein schallendes Gelächter, das zu ihm hereindrang.
     
    Nicht Gelächter, sondern Geschrei. Während er sich die Hände wusch, während er sie abtrocknete, indem er sich durch die Haare strich, stellte Kopp - zunächst zu seiner Erleichterung - fest, dass sie mitnichten lachten. Offenbar stritten sie sich bereits.
    Jetzt hör schon auf zu heucheln! schrie Juri gerade, als Kopp aus dem Bad kam. Was machst du schon? Dir geht es so gut, dass du dir die Zeit mit Verschwörungstheorien vertreiben musst.

    Und wenn dann noch Zeit ist, spielst du mit 15jährigen zukünftigen Amokläufern bei irgendwelchen Internet-Kriegsspielen mit! Also, halt bloß die Klappe!
    Mit dir red ich doch überhaupt nicht! (Halldor, aus der Defensive angreifend.)
    Worum geht’s? fragte Kopp.
    Das Beste hast du schon verpasst. (Rolf.)
    Vielleicht fasst es mir jemand zusammen?
    Muck hatte keine Lust darauf, dass es von vorne losging.
    Aber Potthoff war gerne bereit. Was passiert war? Man hatte von Erzählungen über hiesige Arten und Weisen der Kleinkriminalität den Bogen zurück geschlagen zu verwandten Geschichten in Afrika, und Potthoff hatte es gewagt, lachend Folgendes zu sagen: Einer von den Brunnen, den die Leute von meinem Bruder da verbauen, kostet nicht mehr als einen Tausender, aber du brauchst alle zweihundert Schritt einen, denn wenn du etwa anfängst, Leitungen zu verlegen, kommt der Neger daher und schlägt ein Loch rein, dort, wo er’s grade braucht, und du stehst am nächsten Hahn und guckst in die Röhre.
    Darüber lachten wieder alle wissend, bis auf Halldor, dem, nach einer längeren Periode des Schweigens, der Kragen geplatzt war. Halldor findet unsere Arroganz, welche die Arroganz des reichen Westens ist, er sagt es klar und deutlich: zum Kotzen. Das sei schlicht und einfach ein Verbrechen! Alle, die so denken und reden, würden damit höchstpersönlich, aktiv, an der Unterdrückung der Dritten Welt mitwirken. Das seien leider die allermeisten. Zum Beispiel auch seine Chefs. Sie hätten vor nicht langer Zeit ein Verkehrsleitsystem in den Nahen Osten verkaufen können, das hätte dem Institut 600 000 USD …
    Nicht USD, sondern Euro!

    … 600 000 Euro eingebracht, aber das Geschäft wurde von »oben« abgeblasen, unter dem Motto: keine technologische Hilfe an Islamisten. So, und darüber streiten wir uns also. Manche von uns (Juri) sind der Meinung, so eine Entscheidung sei legitim, Halldor findet so eine Einstellung skandalös. Er wiederholt: jeder von uns würde persönlich, aktiv unterdrücken. Wir sollen nichts anderes zu behaupten wagen! Halldor kennt uns alle in- und auswendig, keiner, absolut keiner der Anwesenden sei ohne Sünde, außer, natürlich, ihm selber.
    Selbst.
    Wie auch immer. Woraufhin Muck, um die Wogen zu glätten, erwähnte, dass es durchaus auch andere Beispiele gäbe: Afrika und so weiter über einen niedrig fliegenden Satelliten flächendeckend online bringen, mit Hilfe der Webcams und der Gratis-WLANs aufbauen, sicher machen, der Unwissenheit ein Ende bereiten, die Kriminalität eindämmen, Licht ins Dunkel bringen, freien Zugang zu unendlichen Möglichkeiten für jedermann schaffen …
    Woraufhin Halldor behauptete, diese Heuchelei sei die andere Sache (siehe oben: die eine ), die er auf den Tod nicht ausstehen könne. Das sei gar nicht

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