Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman
er und stieg aus.
Ja, sagte Kopp, der sich erneut etwas auf den (neuen) Schlips getreten fühlte, zum leeren Fahrgastraum, dazu hatte ich keine Zeit mehr.
Die Tür wurde von einem Mohr geöffnet, das heißt, bei genauerem Hinsehen, von Potthoff, der blaue Pluderhosen, ein rotes Hemd und einen Ohrring zu weißblonden Haaren trug. Kopp lachte angetan, Juri halbwegs.
Wie siehst du denn aus?
Hast du dir die Haare dort färben lassen?
Du fährst nach Afrika, um dir die Haare blondieren zu lassen?
Die Freundin meines Bruders hat sich die Haare blondiert. Die Reste haben wir uns draufgeschmiert.
Ist die Freundin eine Schwarze?
In der Tat. Danach war sie rothaarig. So orange.
Dies, während sie im Gänsemarsch durch den kurzen, aber nicht engen (der Rollstuhl!) Flur walzten. Während der Letzte (Kopp) noch an der Eingangtür stand und diese schloss, betrat der Erste (Potthoff) bereits das Wohnzimmer. Dort, Sitzgruppe aus schwarzem Leder, Untersetzer aus verbrannten CDs, warteten Halldor, Rolf und Muck.
Als Kopp eintrat, sagte Halldor gerade zu Muck:
Da könnt’ ich kotzen drüber, über so viel Inkompetenz! Wir kriegen die Daten von den Bullen, d. h. wir haben von denen Daten gekauft, die Verkehrsmeldungen, die kommen so in Schriftform, die musst du dann auswerten und in T-PACK übersetzen. Da haben wir so einen Decoder geschrieben, der das macht, ist nicht das Ding. Um dann noch die Datenlage ein bisschen aufzubessern, haben wir noch die Daten von diesen Idioten da von der Verkehrszentrale gekauft - 5000 für 1 Woche Daten und dann waren die der letzte Dreck. Grüß euch!
Wie geht es wem?
Danke, allen gut. Muck wird demnächst Großvater.
Herzlichen Glückwunsch! Hier: Dominikanischer Rum. Ach so, den wollte ich eigentlich Rolf schenken. Herzlichen Glückwunsch!
Man lacht, Rolf überlässt Muck den Rum, kann eh nichts trinken, Muck stellt den Rum zur allgemeinen Verfügung. Juri hat den Wein im Auto vergessen. Egal, man bevorzugt ohnehin Bier.
Gegen die Einheit von Partei und Rechtsstaat!
Prost!
Juri wundert sich, er wusste nicht einmal, dass Muck Kinder hat.
Zwei Töchter.
Aus erster Ehe?
Das ist meine erste Ehe. Nein. Von davor. Als Student von gerade einmal 21 Jahren hatte Muck im Abstand von 3 Monaten zwei Töchter gezeugt.
Warst du so begehrt, oder nur so doof? Warst du bekifft?
Im Osten hat man nicht gekifft, Schlaumeier. Höchstens Bier. Nein, ich war in einer Band.
Du warst in einer Band? Lass mich raten: am Schlagzeug.
Nein, ich war der Leader.
Juri nickt ernst: Ja, das ist der normale Weg. Vom Bandleader zum Systemanalytiker zum Schulhausmeister.
Kopp, der Muck mehr mag als jeden anderen aus diesem Kreis, fühlt sich für ihn unangenehm berührt, aber Muck lacht, er nickt, ich würde sagen: stolz. (Ja, ich, und nicht, wie von allen erwartet Halldor, war es, der damals mit den Nerven krachen gegangen ist, und zwar so gründlich, dass es mir hinterher nicht möglich war, in der Branche zu bleiben, ich habe mir einen Vollbart wachsen lassen und bin Hausmeister geworden und renoviere nebenbei schwarz Wohnungen und bin endlich glücklich, aber das würdest du, Juri, sowieso nicht verstehen. Potthoff, Halldor und Kopp beneiden mich dafür in manchen Momenten.)
Sorry, das Fleisch ist noch nicht da. Wer jetzt schon Hunger hat, kann Kartoffelsalat haben. Selbst gemacht. Selbst ist nicht Rolf, sondern Herr Müller, der heute leider nicht da sein kann. Herr Müller ist der Zivi.
Du nennst ihn Herr Müller?
Das trägt sehr zu seiner Entwicklung bei. Herr Müller ist ein
sehr junger und sehr orientierungsloser Mensch, dessen sich Rolf angenommen hat.
Er wischt dir den Arsch, du erziehst seine Seele?
Ts! (Muck, der Rolf mehr mag als jeden anderen aus der Runde. Aber Rolf lachte und nickte:)
Warum nicht? Eine Hand die andere.
Wer sich traut, wiehert, die anderen schnauben durch die Nase.
Rolf begleitete Juri und Kopp auf den Balkon, damit sie die neue Aussicht bestaunen konnten. Es passen genau drei Leute, davon einer im Rollstuhl, auf den Balkon. Sie sahen lange auf das Klinikgelände, auf das schöne Backsteingebäude der Klinikleitung, einige Fenster waren bereits erleuchtet, der Himmel darüber verfärbte sich langsam zur Nacht. Auf dem schattigen Rasenstück vor dem Gebäude konnte man den Hexenring des Nebelgrauen Trichterlings nicht mehr sehen, es sei denn, man wusste, wie Rolf, was man zu sehen hatte: ein weißliches Schimmern. Und wo sind die Blutboten, die auf ihren weißen
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