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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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ein Stück Freiheit ist nicht die Freiheit. Ihr verzweifelt daran, daß die ganze Freiheit, die Freiheit von Allem, zu gewinnen sei, ja Ihr haltet's für Wahnsinn, sie auch nur zu wünschen? – Nun, so laßt ab, dem Phantome nachzujagen, und verwendet Eure Mühe auf etwas Besseres, als auf das – Unerreichbare .
    »Ja es gibt aber nichts Besseres als die Freiheit!«
    Was habt Ihr denn, wenn Ihr die Freiheit habt, nämlich – denn von Euren brockenweisen Freiheitsstückchen will Ich hier nicht reden – die vollkommene Freiheit? Dann seid Ihr Alles, Alles los, was Euch geniert, und es gäbe wohl nichts, was Euch nicht einmal im Leben genierte und unbequem fiele. Und um weswillen wolltet Ihr's denn los sein? Doch wohl um Euretwillen , darum, weil es Euch im Wege ist! Wäre Euch aber etwas nicht unbequem, sondern im Gegenteil ganz recht, z. B. der, wenn auch sanft, doch unwiderstehlich gebietende Blick eurer Geliebten – da würdet Ihr nicht ihn los und davon frei sein wollen. Warum nicht? Wieder um Euretwillen ! Also Euch nehmt Ihr zum Maße und Richter über Alles. Ihr laßt die Freiheit gerne laufen, wenn Euch die Unfreiheit, der »süße Liebes dienst «, behagt; und Ihr holt Euch eure Freiheit gelegentlich wieder, wenn sie Euch besser zu behagen anfängt, vorausgesetzt nämlich, worauf es an dieser Stelle nicht ankommt, daß Ihr Euch nicht vor einer solchen Repeal der Union aus andern (etwa religiösen) Gründen fürchtet.
    Warum wollt Ihr nun den Mut nicht fassen, Euch wirklich ganz und gar zum Mittelpunkt und zur Hauptsache zu machen? Warum nach der Freiheit schnappen, eurem Traume? Seid Ihr euer Traum? Fragt nicht erst bei euren Träumen, euren Vorstellungen, euren Gedanken an, denn das ist Alles »hohle Theorie«. Fragt euch und fragt nach Euch – das ist praktisch , und Ihr wollt ja gerne »praktisch« sein. Da lauscht aber der Eine, was wohl sein Gott (natürlich das, was er sich bei dem Namen Gott denkt, ist sein Gott) dazu sagen wird, und ein Anderer, was wohl sein sittliches Gefühl, sein Gewissen, sein Pflichtgefühl, darüber bestimme, und ein Dritter berechnet, was die Leute davon denken werden, – und wenn so Jeder seinen Herrgott (die Leute sind ein ebenso guter, ja noch kompakterer Herrgott als der jenseitige und eingebildete: vox populi, vox dei) gefragt hat, dann schickt er sich in den Willen seines Herrn und hört gar nicht mehr darauf, was Er selber gerne sagen und beschließen möchte.
    Darum wendet Euch lieber an Euch als an eure Götter oder Götzen. Bringt aus Euch heraus, was in Euch steckt, bringt's zu Tage, bringt Euch zur Offenbarung.
    Wie Einer nur aus sich handelt und nach nichts weiter fragt, das haben die Christen in »Gott« zur Vorstellung gebracht. Er handelt, »wie's ihm gefällt«. Und der törichte Mensch, der's geradeso machen könnte, soll statt dessen handeln, wie's »Gott gefällt«. – Sagt man, auch Gott verfahre nach ewigen Gesetzen, so paßt auch das auf Mich, da auch Ich nicht aus meiner Haut fahren kann, sondern an meiner ganzen Natur, d. h. an Mir mein Gesetz habe.
    Aber man braucht Euch nur an Euch zu mahnen, um Euch gleich zur Verzweiflung zu bringen. »Was bin Ich?« so fragt sich Jeder von Euch. Ein Abgrund von regel- und gesetzlosen Trieben, Begierden, Wünschen, Leidenschaften, ein Chaos ohne Licht und Leitstern! Wie soll Ich, wenn Ich ohne Rücksicht auf Gottes Gebote oder auf die Pflichten, welche die Moral vorschreibt, ohne Rücksicht auf die Stimme der Vernunft, welche im Lauf der Geschichte nach bitteren Erfahrungen das Beste und Vernünftigste zum Gesetze erhoben hat, lediglich Mich frage, eine richtige Antwort erhalten? Meine Leidenschaft würde Mir gerade zum Unsinnigsten raten. – So hält Jeder sich selbst für den – Teufel ; denn hielte er sich, sofern er um Religion usw. unbekümmert ist, nur für ein Tier, so fände er leicht, daß das Tier, das doch nur seinem Antriebe (gleichsam seinem Rate) folgt, sich nicht zum »Unsinnigsten« rät und treibt, sondern sehr richtige Schritte tut. Allein die Gewohnheit religiöser Denkungsart hat unsern Geist so arg befangen, daß Wir vor Uns in unserer Nacktheit und Natürlichkeit – erschrecken; sie hat Uns so erniedrigt, daß Wir Uns für erbsündlich, für geborene Teufel halten. Natürlich fällt Euch sogleich ein, daß Euer Beruf erheische, das »Gute« zu tun, das Sittliche, das Rechte. Wie kann nun, wenn Ihr Euch fragt, was zu tun sei, die rechte Stimme aus Euch heraufschallen, die Stimme,

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