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Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Der Einzige und sein Eigentum (German Edition)

Titel: Der Einzige und sein Eigentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Stirner
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und ist unentreißbar. Er reiße Mir's aus und sehe zu, ob er noch mein Bein hat! Nichts behält er in der Hand als den – Leichnam meines Beines, der so wenig mein Bein ist, als ein toter Hund noch ein Hund ist: ein Hund hat ein pulsierendes Herz, ein sogenannter toter Hund hat keines und ist darum kein Hund mehr.
    Meint man, daß ein Sklave doch innerlich frei sein könne, so sagt man in der Tat nur das Unbestreitbarste und Trivialste. Denn wer wird wohl behaupten, daß irgend ein Mensch ohne alle Freiheit sei? Wenn Ich ein Augendiener bin, kann Ich darum nicht von unzähligen Dingen frei sein, z. B. vom Glauben an Zeus, von Ruhmbegierde u. dergl.? Warum also sollte ein gepeitschter Sklave nicht auch innerlich frei sein können von unchristlicher Gesinnung, von Feindeshaß usw.? Er ist dann eben »christlich frei«, ist das Unchristliche los; aber ist er absolut frei, von Allem frei, z. B. vom christlichen Wahne oder vom körperlichen Schmerze usw.?
    Inzwischen scheint dies Alles mehr gegen Namen als gegen die Sache gesagt zu sein. Ist aber der Name gleichgültig, und hat nicht stets ein Wort, ein Schibboleth, die Menschen begeistert und – betört? Doch zwischen der Freiheit und der Eigenheit liegt auch noch eine tiefere Kluft, als die bloße Wortdifferenz.
    Alle Welt verlangt nach Freiheit, Alle sehnen ihr Reich herbei. O bezaubernd schöner Traum von einem blühenden »Reiche der Freiheit«, einem »freien Menschengeschlechte«! – wer hätte ihn nicht geträumt? So sollen die Menschen frei werden, ganz frei, von allem Zwange frei! Von allem Zwange, wirklich von allem? Sollen sie sich selbst niemals mehr Zwang antun? »Ach ja, das wohl, das ist ja gar kein Zwang!« Nun, so sollen sie doch frei werden vom religiösen Glauben, von den strengen Pflichten der Sittlichkeit, von der Unerbittlichkeit des Gesetzes, von – »Welch fürchterliches Mißverständnis!« Nun, wovon sollen sie denn frei werden, und wovon nicht?
    Der liebliche Traum ist zerronnen, erwacht reibt man die halbgeöffneten Augen und starrt den prosaischen Frager an. »Wovon die Menschen frei werden sollen?« – Von der Blindgläubigkeit, ruft der Eine. Ei was, schreit ein Anderer, aller Glaube ist Blindgläubigkeit; sie müssen von allem Glauben frei werden. Nein, nein, um Gotteswillen, – fährt der Erste wieder los, – werft nicht allen Glauben von Euch, sonst bricht die Macht der Brutalität herein. Wir müssen, läßt sich ein Dritter vernehmen, die Republik haben und von allen gebietenden Herren – frei werden. Damit ist nichts geholfen, sagt ein Vierter; Wir kriegen dann nur einen neuen Herrn, eine »herrschende Majorität«; vielmehr laßt Uns von der schrecklichen Ungleichheit Uns befreien. – O unselige Gleichheit, höre Ich dein pöbelhaftes Gebrüll schon wieder! Wie hatte Ich so schön noch eben von einem Paradiese der Freiheit geträumt, und welche – Frechheit und Zügellosigkeit erhebt jetzt ihr wildes Geschrei! So klagt der erste und rafft sich auf, um das Schwert zu ergreifen gegen die »maßlose Freiheit«. Bald hören Wir nichts mehr als das Schwertergeklirr der uneinigen Freiheitsträumer.
    Der Freiheitsdrang lief zu jeder Zeit auf das Verlangen nach einer bestimmten Freiheit hinaus, z. B. Glaubensfreiheit, d. h. der gläubige Mensch wollte frei und unabhängig werden; wovon? etwa vom Glauben? nein! sondern von den Glaubensinquisitoren. So jetzt »politische oder bürgerliche« Freiheit. Der Bürger will frei werden, nicht vom Bürgertum, sondern von Beamtenherrschaft, Fürstenwillkür u. dergl. Fürst Metternich sagte einmal, er habe »einen Weg gefunden, der für alle Zukunft auf den Pfad der echten Freiheit zu leiten geeignet sei.« Der Graf von Provence lief gerade zu der Zeit aus Frankreich fort, als es sich dazu anließ, das »Reich der Freiheit« zu stiften, und sagte: »Meine Gefangenschaft war Mir unerträglich geworden, ich hatte nur Eine Leidenschaft: das Verlangen nach – Freiheit , Ich dachte nur an sie.«
    Der Drang nach einer bestimmten Freiheit schließt stets die Absicht auf eine neue Herrschaft ein, wie denn die Revolution zwar »ihren Verteidigern das erhebende Gefühl geben konnte, daß sie für die Freiheit kämpften«, in Wahrheit aber nur, weil man auf eine bestimmte Freiheit, darum auf eine neue Herrschaft , die »Herrschaft des Gesetzes« ausging.
    Freiheit wollt Ihr Alle, Ihr wollt die Freiheit. Warum schachert Ihr denn um ein Mehr oder Weniger? Die Freiheit kann nur die ganze Freiheit sein;

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