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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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sorgsam eingewickelten, schweren Gegenstand auf Mulch und Asseln.
    Der Rudewood war kalt. Der Mann entzündete ein Feuer. Der Schein hielt die Dunkelheit fern, doch der Mann bohrte den Blick dorthinein, als erwartete er, etwas darin Gestalt annehmen zu sehen. Lebewesen kamen bis an den Rand des Lichtkreises. Die Nacht war erfüllt von Lauten wie dem heiseren Ruf eines Nachtvogels oder dem Atmen und Schleichen eines unsichtbaren Räubers. Der Mann war auf der Hut. Er führte Pistole und Flinte mit, und wenigstens eine Waffe war ständig in seiner Hand.
    Stunden verrannen im Flackern der Flammen. Schlaf umfing ihn, ließ ihn los, nahte wieder. Jedes Mal, wenn er erwachte, tat er einen tiefen Atemzug, wie jemand, der aus dem Wasser auftaucht. Er war bekümmert. Traurigkeit und Unmut malten sich auf seinem Gesicht.
    »Ich finde dich«, sagte er.
    Er bemerkte den Anbruch der Morgendämmerung nicht, stellte nur unvermittelt fest, dass die Zeit einen Ruck tagwärts getan hatte und er die Ränder der Lichtung erkennen konnte. Er bewegte sich, als wäre er aus dürren Reisern gemacht, als hätte die Nachtkälte sich in seinen Gliedern eingenistet. Trockenfleisch kauend, wanderte er in der Mulde auf und ab und lauschte auf die Geräusche des Waldes.
    Als er endlich Stimmen vernahm, drückte er sich an die Böschung und spähte zwischen den Bäumen hindurch. Drei Personen näherten sich auf dem federnden Teppich aus Laub- und Nadelmulch. Der Mann beobachtete sie über den Lauf seiner Flinte hinweg. Als sie durch breitere Bahnen morgendlicher Helligkeit stapften, erkannte er sie und ließ die Waffe sinken.
    »Hierher!«, rief er. Sie duckten sich erschreckt und hielten nach dem Besitzer der Stimme Ausschau. Er reckte die Hand über den Erdwall.
    Die Gruppe der Neuankömmlinge bestand aus einer Frau und zwei Männern, noch weniger für den Rudewood passend gekleidet als er selbst. Sie stiegen zu ihm hinunter und umstanden ihn grinsend.
    »Cutter.« Man umfasste Schultern, schlug sich auf den Rücken.
    »Euch hört man zehn Meilen gegen den Wind. Wurdet ihr verfolgt? Wer kommt sonst noch?«
    Sie wussten es nicht. »Wir haben deine Nachricht gekriegt«, erklärte der kleinere Mann. Er redete hastig und schaute sich dabei unablässig nach allen Seiten um. »Ich bin hin und hab’s gelesen. Es gab Streit. Die anderen haben gesagt, na ja, wir sollten nicht gehen. Du weißt schon, was sie gesagt haben.«
    »Und ob ich’s weiß, Drey. Dass ich verrückt bin.«
    »Nicht du.«
    Sie mieden seinen Blick. Luft bauschte den Rock der Frau, als sie sich hinsetzte. Ihr gehetztes Atmen verriet Angst. Sie kaute an den Fingernägeln.
    »Dann danke ich euch. Dass ihr trotzdem gekommen seid.«
    Sie nickten oder taten seine Worte mit einem Schulterzucken ab. Es hörte sich für ihn selbst komisch an, und er war überzeugt, für sie ebenfalls. Er bemühte sich, seiner Stimme einen wärmeren Klang zu geben, ohne den zur Gewohnheit gewordenen ironischen Unterton. »Ich weiß es zu schätzen.«
     

     
    Sie warteten, kratzten Muster in die Erde oder schnitzten aus totem Holz Figuren. Das viele, das zu sagen war, machte sie stumm.
    »Also haben sie euch geraten, ihr sollt nicht kommen?«
    Die Frau, Elsie, antwortete. Sie formulierte es weniger drastisch, wiederholte nicht die genauen Worte, aber sinngemäß sagte sie, dass das Gremium Cutters Aufruf als Unfug abgetan hätte. Während sie sprach, hob sie kurz den Blick zu seinem Gesicht und senkte ihn gleich wieder. Er nickte kommentarlos.
    »Und ihr habt keine Zweifel?«, fragte er und gab sich nicht mit dem halbherzigen Kopfnicken der drei zufrieden. »Götter und Verdammnis, seid ihr sicher, das Richtige zu tun? Dem Gremium die Gefolgschaft aufkündigen? Das wollt ihr tun? Für ihn? Ist ein langer Weg, der vor uns liegt.«
    »Wir sind schon ein paar Meilen durch den Rudewood marschiert.«
    »Aber vor uns liegen noch Hunderte mehr. Hunderte. Ein harter Weg. Und lang. Und womöglich ohne Wiederkehr.«
    Womöglich ohne Wiederkehr.
    Pomeroy sagte: »Ich will’s nur wissen. Du brauchst mir nur zu bestätigen, dass deine Botschaft ernst gemeint war. Sag mir noch einmal, dass er gegangen ist und wohin und aus welchem Grund. Sag mir, dass es wahr ist.« Der Hüne schaute ihn unter gesenkten Brauen hervor abwartend an, und als Cutter die Augen schloss und nickte, sagte er: »Nun denn.«
    Sie bekamen weiteren Zulauf. Eine Frau tauchte auf, Ihona; dann, noch während man sich bekannt machte, hörten sie Zweige

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