Der eiserne Thron
frottierte sich sorgfältig ab, während seine Gedanken
weit weg waren.
Georg McCrackin war schon seit Jahren bei ihm und etwas
wie seine rechte Hand geworden. Georg war ursprünglich der
Maskierte Gladiator gewesen, bevor er die Rolle leid geworden war und sowohl Helm als auch Legende an seinen Schüler und Nachfolger Finlay Feldglöck übergeben hatte. Niemand hatte je davon erfahren. Er rieb Finlays Rücken mit einem zweiten Handtuch ab; eine dunkle, brütende Gestalt, die
leise etwas von bodenlosem Leichtsinn und unnötigem Risiko
vor sich hinmurrte.
»Ich fühle mich nach einem solchen Kampf immer ganz besonders gut«, sagte Finlay beinahe verträumt. »Einen Gegner
zu töten vertreibt all die dunklen Gedanken und Triebe. Es
reinigt Körper und Geist.«
»Zum Glück«, sagte Georg. »Wenn du deinen Blutdurst
nicht in der Arena stillen könntest, wäre niemand vor dir sicher. Wahrscheinlich würdest du die halbe Aristokratie in
irgendwelchen Duellen auslöschen. Ich wußte gleich vom
ersten Augenblick an, in dem ich dich kämpfen sah, daß du
eine natürliche Mordmaschine bist.«
Finlay blickte Georg an. »Willst du mir etwa erzählen, daß
dir die Zeit als Maskierter Gladiator im Sand der Arena nicht
gefallen hat?«
»Nein, das nicht. Aber ich kämpfte wegen der Herausforderung, und du kämpfst wegen des Nervenkitzels. Da besteht ein
kleiner Unterschied. Und genau deswegen wird es dir auch
ein gutes Stück schwerer fallen als seinerzeit mir, mit dieser
Rolle aufzuhören. Aber schließlich wird selbst dein Blutdurst
versiegen, und dann bist du an der Reihe, den Helm und die
Legende an einen anderen Dummkopf mit Blutgier in den
Augen und dem Teufel im Herzen weiterzugeben.«
»Vielleicht hast du recht«, gestand Finlay in einem Ton, der
seine Zweifel nicht verbarg, genausowenig wie die Tatsache,
daß er überhaupt keine Lust hatte, mit Georg zu streiten.
»Weißt du, das ist alles meines Vaters Schuld. Ich wußte
schon als Kind, daß ich zum Kämpfer geboren war. Ich
kämpfte gegen jeden, schon bei der geringsten Andeutung
einer Beleidigung – ganz gleich, um wieviel größer oder stärker sie waren als ich. Und ich gewann überraschend viele dieser Auseinandersetzungen, Ich wäre zu gerne zum Militär
gegangen und hätte gegen die Feinde der Imperatorin gekämpft – aber nein, ich war der Älteste und der Erbe, und das
bedeutete, daß man mir nicht erlauben konnte, irgend etwas
zu unternehmen, bei dem meine kostbare Haut auch nur einen
Kratzer abbekommen könnte. Ich erhielt trotzdem eine hervorragende Ausbildung mit Schwert und Pistole, aber nur,
weil es Teil meines Erbes war und mir nicht verwehrt werden
durfte. Aber es war mir nie genug. Nicht annähernd. Ich benötigte mehr, um mein Blut anzuheizen, meine Sinne zu befriedigen, mich lebendig zu fühlen …
Mein erstes Duell focht ich mit fünfzehn. Ich schnitt den
armen Bastard in Streifen, und es fühlte sich so gut, so richtig an. Danach hatte ich auf Schritt und Tritt einen Leibwächter
an meiner Seite, der alle Duelle in meinem Namen ausfocht.
Du kannst dir sicher denken, wie populär mich das bei den
Peers machte. Ich wurde schon vorher alles andere als bewundert, aber danach galt ich als Paria. Ich habe meinem Vater in dieser Hinsicht eine Menge zu verdanken.
Doch das ist lange her … bevor ich auch nur daran dachte,
regelmäßig in der Arena zu kämpfen. Es begann damit, daß
ich der Aufsicht meines Leibwächters entschlüpfte, die Angestellten der Arena bestach und meinen ersten Kampf unter
einer Holomaske bestritt. Nichts Außergewöhnliches, keine
auserlesenen Tricks, einfach nur Schwert gegen Schwert. Und
als alles vorüber war und ich lebte und mein Gegner tot war,
da hatte ich ein Gefühl, als gehörte ich hierher. Ich entschloß
mich, meine Rolle als Dandy und Stutzer zu entwickeln, damit niemand hinter mein kleines Geheimnis kommen konnte.
Immerhin hätte es zu einem ausgemachten Skandal gereicht,
wenn etwas davon an die Öffentlichkeit gedrungen wäre. Der
Erbe eines der mächtigsten Adelshäuser kämpft gegen jeden,
der sich ihm in der Arena stellt … meinen lieben Vater hätte
der Schlag getroffen.«
»Du hast mir diese Geschichte noch nie erzählt«, sagte Georg. »Sicher, das meiste davon wußte ich bereits. Ich machte
es mir zur Aufgabe, alles herauszufinden. Aber du wolltest nie
darüber sprechen, also fragte ich nie danach. Was bringt dich
dazu, deine Meinung so plötzlich zu
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