Der eiserne Thron
er hörte, daß die Nase des Engels brach. Warmes Blut strömte
über seinen Helm und seine Schultern, aber der Griff der
Kreatur lockerte sich nicht für den Bruchteil einer Sekunde.
Allmählich begann der Maskierte Gladiator sich zu fragen,
was die verdammte Kreatur mit ihm vorhatte, als er vor sich
den Fahnenmast mit seiner stählernen Spitze aufragen sah.
Plötzlich wußte er Bescheid. Der Engel mußte ihn einfach nur
auf den Stander fallen lassen, und alles war vorbei. Aufgespießt zu werden war ein langsamer, schmerzhafter Tod. Ihm
blieben nur noch Sekunden. Der Maskierte Gladiator hatte
keine Chance, seinen Widersacher hinter sich oder die Arme,
die ihn umklammerten, mit einem ernsthaften Hieb seines
Schwertes zu treffen. Das ließ nur eine einzige Möglichkeit
offen. Er biß die Zähne zusammen und verzog das Gesicht
unter dem glatten Helm zu einer häßlichen Grimasse. Dann
wechselte er den Griff um das Schwert und stieß es tief in
seine eigene Seite, trieb es durch seinen Körper hindurch und
auf der Rückseite wieder hinaus und in die Eingeweide des
Engels hinter sich.
Das Wesen schrie schmerzerfüllt auf, und Blut schoß aus
den Wunden beider. Sie fielen wie ein Stein zu Boden und
krachten auf den harten Sand. Der Maskierte Gladiator schlug
zuerst auf, und der Aufprall trieb die Klinge seiner Waffe
noch tiefer in die Eingeweide des Engels. Das Wesen stieß ihn
von sich, und er zog das Schwert mit verbissener Wut aus
seiner Seite. Der Engel schrie erneut auf, und Blut floß in
Strömen auf den Sand, als die beiden Kämpfenden sich voneinander wegrollten. Aber der Gladiator hatte sich die Stelle
seiner Wunde mit Bedacht ausgesucht, und obwohl er schwer
verletzt war und blutete wie ein abgestochenes Schwein, würde die Wunde ihn noch eine ganze Weile nicht töten. Und was
zumindest im Augenblick viel wichtiger war – er konnte noch
kämpfen. Der Maskierte Gladiator vertrieb den Schmerz mit
jener Leichtigkeit aus seinen Gedanken, die nur lange Übung
hervorbringt, und wirbelte zu den Engel herum, der zuckend
im Sand lag und seine Eingeweide in der Bauchhöhle umklammert hielt. Die Flügel der Kreatur zuckten hilflos. Das
Schwert des Gladiators war tief in ihre Eingeweide eingedrungen, und die Klinge hatte einen klaffenden Riß hinterlassen, als er die Waffe wieder herausgezogen hatte. Jetzt kniete
der Maskierte Gladiator sich über seinen besiegten Feind, hob
das Schwert mit beiden Händen und ließ es mit aller verbliebenen Kraft auf den Hals des Engels hinunterfahren. Die
Klinge drang tief ein, durchtrennte die Halswirbel, und die
Bewegungen des Engels verwandelten sich in ein konvulsivisches Zucken.
Der Maskierte Gladiator blickte auf die Kreatur herab. Sein
blutiges Grinsen blieb hinter seinem glatten Helm verborgen.
Der Engel war nicht mehr länger eine Gefahr für ihn. Trotzdem trennte er ihm den Kopf ab – man konnte nie wissen –,
bevor er sich unsicher auf die Beine erhob. Er hielt den Kopf
seines Gegners hoch und zeigte ihn triumphierend den Zuschauern. Das schöne Gesicht der Kreatur war eine Fratze des
Entsetzens, und rotes Blut floß aus dem Hals am Arm des
Gladiators hinab. Es fühlte sich warm und klebrig an. Langsam drehte der Maskierte Gladiator sich mit seiner Trophäe
im Kreis, und die Menge begann zu toben. Sie jubelten und
klatschten und trommelten begeistert, als der abgetrennte
Kopf in einer Großaufnahme auf dem gewaltigen Bildschirm
über der Arena zu sehen war.
Der Maskierte Gladiator verbeugte sich dankend und stolperte, als sein Kopf sich plötzlich seltsam leicht anzufühlen
begann. Genug Schau für die Massen. Es war Zeit, so schnell
wie möglich aus der Arena zu verschwinden, solange er das
noch aus eigener Kraft konnte. Es würde seinem Ansehen
nicht guttun, wenn er auf einer Bahre hinausgetragen werden
müßte. Er konnte nicht fühlen, wieviel Blut er verlor, aber er
sah es an seinem Bein herabströmen und in den Sand sickern.
Er setzte sich in Richtung des nächstgelegenen Ausgangs in
Bewegung, und die Benommenheit wuchs mit jedem weiteren
Schritt. Seine Hand umklammerte unverwandt den Kopf des
besiegten Gegners. Vielleicht würde er ihn ausstopfen lassen
und an die Wand hängen.
Die Menge jubelte noch immer, während der Maskierte
Gladiator davonstapfte, ein großer, geschmeidig muskulöser
Mann ohne Wappen oder Abzeichen auf der Rüstung und mit
einem anonymen Stahlhelm auf dem Kopf, der sein Gesicht
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