Der eiserne Thron
bemerkte, daß keiner mehr lebte. Verstreut auf dem
Boden lagen Leichen in seltsam verkrümmten, unnatürlichen
Haltungen in ihrem eigenen Blut wie zerbrochene Spielzeugpuppen, die gelangweilte Kinder einfach weggeworfen hatten.
Nur noch Rebellen standen auf den Beinen und blickten
verstört um sich, und voller Trauer bemerkte Finlay, wie wenige von ihnen noch übrig waren. Von den fünfzig oder mehr
Leuten, die ihn zu Beginn auf dem Weg nach Silo Neun begleitet hatten, lebten nur noch neunzehn, und drei von ihnen
waren Stevie Blues. Er atmete tief durch, schaltete seinen
Energieschild ab und wischte das Blut von seinem Schwert.
Irgend jemand mußte das Kommando übernehmen, und es sah
ganz danach aus, als wäre Finlay dieser Jemand.
Er hatte keine autorisierte Befehlsgewalt, aber er hatte genug Zeit in der Arena verbracht, um zu wissen, daß Zuversicht manchmal alles bedeutete.
»Also gut, hört alle zu. Ihr könnt Euch darauf verlassen, daß
weitere Wachen auf dem Weg hierher sind, noch während ich
spreche, und sie werden mit Sicherheit bis an die Zähne bewaffnet sein. Wir müssen einen Verteidigungskreis bilden.
Jeder, der ESP-Kräfte besitzt, sucht sich einen Korridor und
bewacht ihn. Alle anderen schnappen sich einen Disruptor.
Wenn sich jemand nähert, dann ist es mit Sicherheit ein Gegner, also schießt, sobald Ihr ihn seht. Wenn Ihr die falsche
Person tötet, dann könnt Ihr Euch später noch immer entschuldigen. Und jetzt setzt Euch in Bewegung!«
Die Stevie Blues und eine Handvoll anderer nickten ohne
Widerspruch und eilten davon. Finlay wandte sich zu Evangeline. Auf ihrer Wange klebte das Blut eines anderen, und sie
starrte wie betäubt auf die Berge von Toten, die überall herumlagen. Auf ihren Kleidern war noch mehr Blut, ein Teil
davon ihr eigenes. Finlay nahm sie am Arm und drehte sie zu
sich.
»Werde mir jetzt bloß nicht ohnmächtig, Evie«, sagte er.
»Ich muß wissen, was du weißt. Wie viele andere Gruppen
wie die unsere sind an diesem Überfall beteiligt?«
»Fünf«, erwiderte Evangeline mit schwacher Stimme. Sie
schluckte schwer und kämpfte sichtlich darum, ihre Fassung
zurückzugewinnen.
»Können wir mit ihnen in Kontakt treten und erfahren, ob
auch sie in einen Hinterhalt geraten sind?«
»Sind sie«, meldete sich eine leise Stimme von hinten. Es
war ein kleiner, leicht übergewichtiger Mann mit großen Augen und einem offenen Gesicht. Er hätte ein Buchhalter sein
können, wenn nicht das Schwert in seiner Hand und das Blut
gewesen wäre, das seinen Ärmel bis zum Ellbogen durchtränkt hatte. »Ich bin Telepath. Denny Pindar ist mein Name.
Ich habe gehört, wie die meisten von ihnen starben.«
»Dann sind wir jetzt auf uns allein gestellt«, sagte Finlay.
»Ich sage, unsere Mission ist hiermit offiziell gescheitert,
und ich sage weiter, daß wir so schnell wie möglich von hier
verschwinden … als wäre der Leibhaftige persönlich hinter
uns her.«
»Nein!« widersprach Evangeline mit aller Entschiedenheit.
»Wenn wir uns jetzt einfach umdrehen und wegrennen, sind
die anderen umsonst gestorben.«
»Wenn wir uns ohne guten Grund auf feindlichem Territorium der feindlichen Übermacht stellen, dann sterben wir
ebenfalls!«
»Ohne guten Grund?« Evangeline blickte ihm fest in die
Augen. »Du hast einen Eid auf dein Leben geschworen, diesen Ort zu zerstören, Finlay Feldglöck! Ist dein Wort so wenig
wert?«
»Verdammt. Ich hatte gehofft, du würdest mich nicht daran
erinnern. Du hast wie üblich recht, Evie. Andererseits – was
können wir schon erreichen mit der Handvoll Leute, die noch
übrig sind?«
»Den Wurmwächter finden und töten. Er ist es, der diesen
Ort zur Hölle macht. Ohne ihn fällt alles auseinander. Wir
können die Gefangenen befreien und uns unseren Weg nach
draußen freikämpfen.«
»Großartiger Plan«, sagte Finlay. »Bleibt uns noch genügend Zeit, um vorher ein Testament aufzusetzen? Also gut,
werfen wir einen Blick auf die Lage. Pindar, könnt Ihr versteckte Kameras oder andere Überwachungsapparaturen erkennen?«
Der Esper konzentrierte sich und deutete nach einer Pause
auf eine Stelle in der Wand, die sich durch nichts von ihrer
Umgebung unterschied. Stevie Eins blickte von ihrer Position
an einem der Korridore kurz zurück, und die Stelle ging in
Flammen auf. Finlay nickte ihr anerkennend zu.
»Evie, können wir irgendwie Kontakt mit den Kyberratten
aufnehmen? Vielleicht wissen sie mehr über das, was hier vor
sich
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