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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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verkündete Alpha, und alle erstarrten. »Vorerst. Einige von euch werden eingetauscht werden, der Rest wird freigelassen.«
    Ein Raunen lief durch den Pferch, wenn auch nicht lange. Ich wollte etwas sagen, laut schreien, sah aber nur stumm zu, wie Alpha das Baby an die Brust drückte und über die Rampe marschierte. Wer es konnte, blieb schreiend und flehend zurück.
    *
    Eingetauscht, hatte sie gesagt. Wie ein Hunderter aus der alten Welt oder ein Beutestück. Wie Wasser oder ein Kanister mit Sprit. Aber welchen Wert hatten wir? Fassungslos starrte ich auf die verdreckten Menschen um mich herum, diese abgerissenen Klappergestelle im Mondlicht.
    Welchen Wert hatten wir für irgendjemanden außer uns selbst?
    Unwillkürlich fragte ich mich, ob Pa auch so verschleppt worden war. Aber wir waren kurz vor Vega gewesen, jenseits der Maisplantagen, und Piraten plündern nicht dort, wo GenTech aktiv ist. Außerdem hatten sie einen solchen Lärm gemacht, dass ich die Piraten damals bestimmt gehört hätte. Wer auch immer Pa entführt hatte, war leise und verstohlen vorgegangen. Denn Pa hatte zwar Stimmen gehört, aber ich überhaupt nichts.
    Irgendwann ließ ich mich in den Schlamm fallen. Sal hockte sich neben mich und wartete wohl darauf, dass ich ihm sagte, warum wir hier in den Ruinen einer Stadt hockten, gefangen zwischen Gebäuden, die irgendwie im Matsch verankert waren.
    »Den nehmen sie bestimmt«, keuchte eine rauhe Stimme hinter mir, und als ich herumwirbelte, blickte ich in zwei runde, glänzende Augen. Der Kopf des Mannes schimmerte im Mondlicht wie schmutziges Silber, und seine Wangen waren hohl und eingesunken. »Den Dicken«, flüsterte er mit einem eindringlichen Blick.
    »Was redest du da?«
    »Er ist jung. Und er gibt viel her.«
    »Wofür?«, fragte Sal kläglich.
    Der dürre Kerl zog die Schultern hoch. »Wofür auch immer sie wollen.«
    »Halt’s Maul.« Ich drehte mich zu Sal um. »Hör nicht auf ihn.«
    Aber Sal schluchzte bereits und ballte krampfhaft die Fäuste.
    Wieder tastete ich nach meiner pochenden Wunde, und mir wurde klar, dass ich nicht mehr lange warten konnte, sonst musste ich den Nagel mit den Fingern rausziehen. Bei Sonnenaufgang, versprach ich mir. Dann löste ich mich von Sal und rollte mich zum Schlafen zusammen. Falls es irgendwie ging, musste ich mich ausruhen. Im Moment konnte ich sowieso nichts tun. Nicht, bevor die Sonne aufging.
    Doch als sie schließlich aufging, war ich bereits krank. Mich hatte ein Fieber erwischt, das die braune Welt in brennendes Rot tauchte.

Kapitel 21
    K aum hatte ich die Augen aufgeschlagen, kotzte ich auch schon alles aus, was noch in mir drin war. Mir war schwindelig, und ich krallte mich in den Schlamm, als könnte ich so die Welt davon abhalten, sich um mich zu drehen. Dann spürte ich sanfte Hände, jemand strich mir die Haare aus dem Gesicht. Zitternd wand ich mich am Boden, meine Haut war rauh und brannte.
    »Er glüht richtig!« Sals Schrei durchdrang meine Benommenheit.
    Der Schmerz wütete in meinem Arm, und mit unsicheren Fingern suchte ich nach der Stelle, wo sich der Nagel in mein Fleisch gegraben hatte.
    Augen zu. Augen offen. Ganz egal. Mein Magen hob sich, und wieder musste ich würgen, auch wenn kein Tropfen mehr rauskam.
    Wie aus einer anderen Welt drang das Knirschen der Rampe an mein Ohr, dann Stimmen und das Klappern von Stiefeln. Der Geruch nach altem Leder verstärkte meine Übelkeit, als zwei Hände meine Schultern packten und zwei weitere meine Füße.
    »Wie viele Tage müssen wir sie noch behalten?«, fragte die Frau an meinen Beinen. Ihre Finger gruben sich schmerzhaft in meine Knöchel.
    »Ich habe aufgehört zu zählen«, erwiderte die Stimme über mir. Die Töne dröhnten in meinen Ohren, als die Piratenfrau meinen Kopf an ihre Brust drückte. Ihr Atem roch nach uraltem, bereits inhaliertem Rauch. »Dreh ihn um«, befahl sie. »Der lässt sich gleich sein Mittagessen durch den Kopf gehen.«
    Mittagessen.
    Das Wort blieb hängen, als sie mich mit dem Gesicht nach unten drehten und eilig die Rampe hinaufschleppten. Fast konnte ich angebrannten Mais schmecken und warmes Wasser. Spürte die sanfte Brise, die durch einen fertiggestellten Wald streicht. Pa, ich und ein wahrhaft königliches Mahl. Mein alter Herr überlässt mir seine Körner, so dass meine Portion fast doppelt so groß wird. Wenn ich jetzt starb, gab es niemanden mehr, der nach ihm suchen würde. Niemanden, den es kümmerte.
    *
    Irgendwo spielte Musik. Eine

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