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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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Armee gab es einen Baummeister?«
    »Er hat den Wald hier gebaut und noch einige andere in der Tiefebene, die heute verloren sind. Früher nannten die Leute das Gebiet die Sümpfe. Schon lange her.«
    »Aber was ist mit der Frau?«
    »Sie wurde nicht weit von hier gefunden, in der Nähe der Südlichen Mauer. Unsere Frauen sagen, sie sei von der anderen Seite gekommen.«
    »Hast du die Mauer schon einmal gesehen?«, fragte mich Alpha. Ich nickte und dachte an den Erinnerungscontainer. »Dann weißt du ja, dass das unmöglich ist.«
    »Mythen und Legenden.« Jawbone winkte ab. »Die Geschichte besagt, sie sei sehr schön gewesen, aber ihr Tattoo sei sogar noch schöner gewesen. Unser Baummeister verliebte sich in sie und fing an, ihr zu Ehren das hier zu bauen. Und meiner Meinung nach ehrte er damit alle Frauen. Genau wie er das Leben geehrt hat, indem er Bäume baute.«
    »Aber er hat es nicht fertiggestellt?«
    »Nein. Er und seine Muse sind einfach verschwunden. Kurz bevor die Stadt durch die Violette Hand zerstört wurde.«
    »GenTech?«
    »Das bedeutete das Aus für unseren Widerstand. Und damit endete die Geschichte. Bis du gekommen bist. Vervollständige die Statue, dann darfst du die Stadt unbehelligt verlassen.«
    Versonnen musterte ich die Rundungen des Frauenkörpers und die stählernen Zweige des Baums. »Was wisst ihr noch über ihr Tattoo?«
    »Es waren Zahlen drauf«, sagte Alpha sofort, aber Jawbone verdrehte nur die Augen. »Man sagt, wenn man mit diesen Zahlen in Vega spielt, wird man reich.«
    Ich sah zu, wie sich die Messingblätter langsam drehten. Es war mir völlig neu, dass die Piraten einmal gegen GenTech gekämpft hatten. Niemals hätte ich gedacht, dass außer den Soljahs noch jemand versucht haben könnte, sich gegen sie aufzulehnen. Unwillkürlich fragte ich mich, welche Geheimnisse sonst noch hier draußen auf den Ebenen vergraben waren. Was für Schlachten hatten in diesem Matsch getobt? Welche Städte waren unter dem Sand versunken?
    »Okay«, sagte ich endlich. »Ich werde nachts arbeiten, so lange, bis es zu heiß wird. Aber ich brauche ein Gerüst. Und meine Werkzeuge. Jedes Stückchen Schrott, das ihr auftreiben könnt. Wenn ihr Helfer entbehren könnt, wäre das ebenfalls gut. Mit Drahtbürsten lässt sich der Rost entfernen, das solltet ihr auch weiterhin machen, wenn ich dann weg bin.« Die Leute glauben immer, man stellt einfach ein paar Bäume auf, und schon hat man einen Wald. Aber der will gepflegt werden. Genau wie alles andere auch.
    »Alpha wird dir bei allem behilflich sein. Und falls nötig, schicke ich dir noch Leute.« Jawbone streckte ihre kleine Hand aus, und ich schüttelte sie.
    »Heute ist dein Glückstag.« Alpha boxte mich in die Rippen, als Jawbone davonging. Dann reichte sie mir grinsend die Nagelpistole. »Aber sei besser vorsichtig«, sagte sie, »damit das auch so bleibt.«
    »Wie lautete der Name der Frau?« Noch immer starrte ich zu der Statue hinauf. »Der Frau von der Südlichen Mauer?«
    »Hina«, erklärte Alpha. »Zumindest nennen wir sie so.«
    »Hina«, wiederholte ich leise, als müsste ich erst ausprobieren, ob er auch passte. Nun war sie nicht mehr nur jemandes Mutter oder Ehefrau, nicht mehr nur eine Karte oder eine Statue.
    Nun hatte sie einen Namen.

Kapitel 23
    D as Gesicht ließ ich frei. Obwohl, das stimmt nicht ganz. Ich hatte mir überlegt, dass, wenn ich etwas baute, das für alle Frauen gedacht war, sich auch irgendwie alle darin widerspiegeln sollten. Und genau dafür sorgte ich. Ich zerbrach Glasscheiben und Spiegel in handgroße Scherben und klebte sie dann auf die Bleche, die ich so zurechtgebogen hatte, dass sie die Form ihrer Wangenknochen und ihrer vollen Lippen bekamen. Die glänzendsten Stücke klebte ich in diamantförmigen Mustern an die Stellen, wo ihre Augen saßen. Als ich das Gesicht an den Rahmen lötete, den mein Vorgänger hinterlassen hatte, wählte ich den Winkel so, dass sich ihr Blick nach unten richtete.
    Ich arbeitete bis Sonnenaufgang, wickelte den Kopf dann in eine Plastikplane und kletterte erschöpft von dem Gerüst, das Alpha und ich am Vorabend aufgestellt hatten.
    Am Fuß der letzten Leiter lag Alpha ausgestreckt auf dem Boden und sah zu der Statue hinauf. Sie breitete die Arme aus und bewegte ihren Fuß, als wollte sie Hinas Pose nachahmen. Ich ließ mich vom Gerüst fallen und strich vorsichtig über die Wunde an meinem Arm. Anscheinend konnte sich dieses Piratenmädchen auch mehr wie ein Mädchen und

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