Der Elbenschlaechter
heran, auf der er die Ingredienzen für das Ritual der Finalen Stunde angeordnet hatte: mehrere Phiolen mit Lösungen und Tinkturen; einen Teller mit einer grünlich transparenten Masse, die auf den ersten Blick an Grütze erinnerte, aber hart wie Diamant war; eine kaum handgroße Skulptur aus Petrep-Bronze, die eine albtraumhafte Kreatur mit unzähligen Tentakelarmen darstellte; ein fingerdicker silberner Faden, nicht unähnlich jenem, den er beim Verhör des Chauffeurs verwendet hatte; ein Kohlebecken zum Erhitzen und Abbrennen verschiedener Substanzen; und zu guter Letzt sein in schwarzes Leder gebundener Notizblock, in dem er am Nachmittag noch rasch einige Eckdaten der vor ihm liegenden Prozedur notiert hatte.
Als sich Hippolit mit dem Handrücken über die Stirn fuhr, stellte er fest, dass er schwitzte, dem kühlen Klima im Gewölbe zum Trotz. Er atmete tief durch und warf einen letzten Seitenblick zum geschlossenen Portal der Eingangstür hinter seiner rechten Schulter.
Nachdem die Diener verschwunden waren, hatte Hippolit mit Jorges Hilfe rechts und links der Tür zwei hohe Metallständer postiert. Auf jedem thronte eine kopfgroße Phiole aus dunkel getöntem Glas. Wäre es etwas heller gewesen, hätte man die schwärzlichen, an Rauch gemahnenden Schlieren erkennen können, die sich träge, fast wie lebendig, im Innern der beiden Gefäße umeinander wanden.
Hippolit jedoch brauchte ihren Inhalt nicht genauer in Augenschein zu nehmen. Er vertraute Meister Jackop von der Abteilung für thaumaturgische Materialbeschaffung des IAIT blind und wusste, dass seine am Abend per Wortwurf durchgegebene Bestellung aufs Genaueste ausgeführt worden war.
Und das war quintessenziell. Denn die beiden Phiolen stellten seine und Jorges Lebensversicherung dar!
Er zwang sich, alle störenden Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, und machte sich an die Arbeit. Unter stetem Murmeln schüttete er Flüssigkeiten zusammen, erhitzte, rührte, proklamierte. Dabei blickte er ohne sein bewusstes Zutun ein ums andere Mal in Jorges blasses, totenstarres Gesicht.
Und wenngleich Hippolit ahnte, was sein Freund auf der anderen Seite beobachten würde, wenngleich er alle denkbaren Vorkehrungen getroffen hatte, konnte er doch nicht verhindern, dass seine Hände ganz leicht zu zittern begannen.
25
Dunkelheit beherrschte das sechseckige Turmzimmer. Nur ein einzelner Glutglobulus flackerte auf einem Tisch neben einem schweren Diwan vor sich hin. Sein Schein reichte kaum aus, die Regale voller Jagdtrophäen und kostbarer Skulpturen aus dem Zwielicht zu reißen. Die dunklen Holzpaneele an den Wänden. Die Säbel, Schwerter und Speere, die überkreuzt vor prächtigen gestickten Wappen hingen.
Oder den hochgewachsenen Mann, der bewegungslos wie eine Statue mitten im Raum stand und konzentriert nachzudenken schien, ein körperlos anmutender Schatten innerhalb der Schwärze.
Minuten vergingen.
Schließlich fuhr ein Ruck durch seinen Körper. Der Umhang aus feinem Seidenstoff, der um seine Schultern lag, bauschte sich auf wie die Schwingen einer überdimensionalen Fledermaus, als er einen Schritt vorwärts machte und mit einer energischen Geste einen gebogenen Säbel aus einer Wandhalterung zog. Prüfend betrachtete er die mit hauchfeinen Gravuren versehene Klinge, die im Schein der thaumaturgischen Leuchtkugel matt glänzte.
Leise, so als spräche er zur Waffe selbst, flüsterte er einige konsonantenreiche Silben.
Nichts geschah.
Ein enttäuschter Zischlaut drang aus dem Mund des Mannes. Er räusperte sich, befeuchtete seine Lippen mit Speichel. Dann wiederholte er die uralte Formel, langsamer diesmal. Peinlich genau achtete er darauf, jeden Laut korrekt auszusprechen.
Rasch trieben ihm die Konzentration und seine maßlose Wut darüber, dass ihm diese simple Aufgabe bedeutend schwerer fiel als den meisten anderen Menschen, Schweißperlen auf die Stirn.
Ein weiterer vergeblicher Versuch.
Erst beim dritten Mal hatte er Erfolg. Urplötzlich erstrahlte die Säbelklinge in einem giftigen, bläulich weißen Glanz. Es war ein Licht, das keinerlei Wärme abstrahlte, im Gegenteil. Seine Aura war die von purem, unirdischem Eis, verhieß ewige Kälte für jeden, in dessen Fleisch sich die Klinge von nun an senken würde.
Der Mann nickte zufrieden. Er fühlte sich sicher genug, zu tun, was getan werden musste.
Es wäre töricht gewesen, dies mit einer normalen Waffe anzugehen. Sein Gegner mochte ihm körperlich unterlegen sein, doch
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