Der Elefant verschwindet
davon koche ich auch gerne. Nichts Ausgefallenes zwar, dafür aber jeden Tag.«
»Meinen Sie, dass Einheitlichkeit für eine Küche wirklich notwendig ist?«, fragte sie.
»Nicht Küche , kitchen «, korrigierte ich. »Eigentlich ist es egal, aber unsere Firma besteht nun mal darauf.«
»Entschuldigen Sie. Also muss eine solche kitchen wirklich einheitlich sein? Was ist Ihre persönliche Meinung?«
»Meine persönliche Meinung kommt erst zum Vorschein, wenn ich meine Krawatte ablege«, sagte ich lächelnd. »Aber ich will heute eine Ausnahme machen. Ich glaube, dass für eine Küche einige andere Dinge wichtiger sind als Einheitlichkeit. Aber diese Elemente lassen sich nicht verkaufen, und was sich nicht verkaufen lässt, hat in unserer auf Nützlichkeit ausgerichteten Welt kaum eine Bedeutung.«
»Meinen Sie, dass die Welt wirklich nur aus Nützlichkeit besteht?«
Ich nahm eine Zigarette aus meiner Tasche, steckte sie mir in den Mund und zündete sie mit meinem Feuerzeug an.
»Ich habe es nur so dahingesagt«, erwiderte ich. »Aber so eine Sicht macht vieles verständlicher und erleichtert die Arbeit. Es ist ein Spiel. Man kann es auch anders nennen, essentielle Nützlichkeit oder nützliche Essentialität, aber auf jeden Fall umgeht man mit dieser Einstellung Reibereien und komplizierte Probleme.«
»Eine interessante Ansicht«, sagte sie.
»Nein, eigentlich nicht. So denken alle«, sagte ich. »Übrigens, der Champagner ist gar nicht übel. Möchten Sie welchen?«
»Ja, danke. Gern«, sagte sie.
Während wir gekühlten Champagner tranken, plauderten wir über dieses und jenes und stellten fest, dass wir einige gemeinsame Bekannte hatten. Da die Geschäftskreise, denen wir angehörten, nicht sonderlich groß waren, brauchten wir nur ein paar Steinchen zu werfen, um schon auf ein oder zwei »gemeinsame Bekannte« zu treffen. Außerdem hatte sie zufällig an der gleichen Universität wie meine Schwester studiert. Mit diesen Anhaltspunkten entwickelte sich unser Gespräch relativ locker.
Wir waren beide nicht verheiratet. Sie war sechsundzwanzig, ich einunddreißig. Sie trug Kontaktlinsen, ich eine Brille. Sie lobte die Farbe meiner Krawatte und ich ihr Jackett. Wir verglichen die Mieten unserer Wohnungen und beklagten uns über unsere Einkommen und die Arbeit. Kurzum, wir kamen uns näher. Sie war eine ziemlich attraktive Frau und in keiner Weise aufdringlich. In den etwa zwanzig Minuten, die ich dort mit ihr stand und redete, gab es nichts, was mich nicht für sie einnahm.
Als sich die Party aufzulösen begann, lud ich sie in die Cocktail-Bar des Hotels ein, wo wir in aller Ruhe unsere Unterhaltung fortsetzten. Vor dem großen Fenster der Lounge fiel der frühherbstliche Regen immer noch leise vor sich hin. Durch den Regen hindurch ließen aus der Ferne die Lichter der Stadt ihre Botschaften zu uns durchsickern. Es waren kaum Gäste da, und rundherum herrschte eine feuchte Stille. Sie bestellte einen Frozen Daiquiri, ich einen Scotch on the rocks.
Während wir beide an unseren Drinks nippten, unterhielten wir uns, wie sich ein Mann und eine Frau, die sich gerade erst kennengelernt haben und einander zu mögen beginnen, in einer Bar unterhalten. Wir redeten über die Zeit an der Universität, darüber, welche Musik wir mochten, über Sport und über alltägliche Gewohnheiten.
Dann erzählte ich ihr die Geschichte vom Elefanten. Ich erinnere mich nicht mehr daran, wieso wir plötzlich auf den Elefanten kamen. Wahrscheinlich hatten wir irgendwie über Tiere gesprochen, und das führte zum Elefanten. Vielleicht hatte ich auch ganz unbewusst nach jemandem – einem angenehmen Gesprächspartner – gesucht, dem ich meine Sicht über das Verschwinden des Elefanten mitteilen konnte. Vielleicht war es auch einfach der Alkohol.
In dem Moment jedenfalls, als ich davon anfing, merkte ich, dass ich das für eine solche Situation am wenigsten geeignete Thema aufgebracht hatte. Ich hätte nie vom Elefanten anfangen dürfen. Es war ein – wie soll ich sagen – in sich zu geschlossenes Thema.
Ich versuchte also gleich wieder, vom Thema Elefant abzulenken, doch unglücklicherweise interessierte sie sich überdurchschnittlich für den Fall des verschwundenen Elefanten, und als ich erzählte, dass ich ihn öfters gesehen hatte, bombardierte sie mich in einem fort mit Fragen.
»Was war das für ein Elefant? Wie gelang ihm Ihrer Meinung nach die Flucht? Was aß er normalerweise? War er nicht gefährlich?« Diese Art
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