Der Elefant verschwindet
hierbei um einen gegen die Gesellschaft gerichteten, gefährlichen und sinnlosen Akt voller Heimtücke handelt, der keinesfalls geduldet werden darf«.
Genau wie ein Jahr zuvor forderten die Abgeordneten der Oppositionspartei, dass »der Bürgermeister, der in heimlicher Absprache mit den Unternehmen die Bürger unbedacht in die Frage der Elefantenversorgung verwickelt hat, politisch verantwortlich gemacht werden muss«.
Eine »ängstlich dreinschauende« Mutter (siebenunddreißig) erklärte: »Ich lasse meine Kinder in der nächsten Zeit nicht draußen spielen.«
In der Zeitung waren auch die genauen Einzelheiten, die zur Übernahme des Elefanten durch die Stadt geführt hatten, sowie eine Skizze des Unterbringungsortes abgedruckt. Auch die Lebensgeschichte des Elefanten wurde kurz aufgeführt, ergänzt durch eine Schilderung des Pflegers (Noboru Watanabe, dreiundsechzig), der zusammen mit dem Elefanten verschwunden war. Der Pfleger Watanabe stammte aus Tateyama in der Präfektur Chiba, hatte lange in der Säugetierabteilung des Zoos gearbeitet und »genoss aufgrund seiner reichen Kenntnis dieser Tiere und wegen seiner Sanftmut und Gewissenhaftigkeit das absolute Vertrauen seiner Kollegen«. Der Elefant war vor zweiundzwanzig Jahren aus Ostafrika herübergebracht worden, sein genaues Alter aber war unbekannt, und über seine Persönlichkeit wusste man noch weniger.
Ganz am Schluss des Artikels rief die Polizei die Bürger dazu auf, Informationen über den Elefanten, egal welcher Art, zu melden. Ich dachte darüber eine Weile nach, entschloss mich dann aber, die Polizei nicht anzurufen. Zum einen wollte ich nichts mit der Polizei zu tun haben, zum anderen glaubte ich, dass sie den Informationen, die ich zu bieten hatte, keinen Glauben schenken würde. Es war sinnlos, mit Leuten zu reden, die die Möglichkeit, dass der Elefant verschwunden sein könnte, nicht ernsthaft in Erwägung zogen.
Ich nahm das Heft, in dem ich die Zeitungsausschnitte sammelte, aus dem Regal, schnitt den Artikel über den Elefanten aus und heftete ihn ein. Dann wusch ich Tasse und Teller ab und ging in die Firma.
In den Sieben-Uhr-Nachrichten des staatlichen Fernsehens sah ich, wie sie die Berge durchsuchten. Jäger, die großkalibrige Gewehre mit Betäubungspatronen umgehängt hatten, Soldaten der Selbstverteidigungsstreitkräfte, Polizisten und Feuerwehrmänner durchkämmten jeden Zentimeter der umliegenden Berge, während oben in der Luft ein paar Helikopter kreisten. Da es sich bei diesen Bergen lediglich um Berge in der Nähe einer Tōkyōter Vorortsiedlung handelt, war das keine große Aktion. Mit so vielen Leuten würden sie für die Suche nur einen Tag benötigen, außerdem hielten sie ja nicht nach einem kleinen Meuchelmörder Ausschau, sondern nach einem riesigen afrikanischen Elefanten. Dessen Möglichkeiten, sich zu verstecken, waren naturgemäß beschränkt. Doch auch am Abend hatte man den Elefanten noch immer nicht gefunden. Auf dem Bildschirm erschien der Polizeichef, der davon sprach, »die Suche fortzusetzen«. Der Nachrichtensprecher schloss mit den Worten: »Wer den Elefanten auf welche Weise hat entweichen lassen, wo er ihn versteckt hält und aus welchem Motiv das alles geschah, ist nach wie vor vollkommen ungeklärt.«
Die Suche wurde noch einige Tage lang fortgesetzt, aber der Elefant war nicht aufzufinden, und die zuständige Behörde hatte nicht die geringste Spur. Mit größter Aufmerksamkeit verfolgte ich die täglichen Zeitungsberichte, schnitt jeden Artikel aus und tat ihn zu meiner Sammlung. Ich klebte sogar einen Cartoon über den Elefantenvorfall ein. Dank der vielen Berichte war mein Heft schon nach kurzer Zeit voll, und ich musste mir in einem Schreibwarengeschäft ein neues kaufen. Aber trotz dieser enormen Fülle enthielten die Artikel nichts darüber, was ich wissen wollte. Was in der Zeitung stand, war entweder belanglos oder führte an der Sache vorbei: »Elefant immer noch vermisst«, »Dicke Luft bei Suchtrupp«, »Steckt eine Geheimorganisation dahinter?«
Ungefähr eine Woche nach dem Verschwinden des Elefanten ließen die Artikel spürbar nach, bis sie schließlich fast ganz verschwanden. Auch Wochenzeitschriften hatten Sensationsberichte gebracht, einmal war sogar ein Parapsychologe engagiert worden, aber auch das lief sich bald tot. Es schien, als wollten die Leute den Vorfall mit dem Elefanten zu den vielen anderen der Kategorie »unlösbare Rätsel« stecken. Der Lauf der Welt wurde durch
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