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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Ricarda tippte auf ihrem Handy herum und stellte fest, dass sie keinen Empfang bekam und außerdem der Akku leer war. »Aber ich glaube, sie bekommen auch eine Mail, ist eh besser, da kann man mehr reinschreiben.«
    Internetcafés gab es überall hier in Bangkok. Nachdem Sofia und Ricarda ihre Mails abgeschickt hatten, drängten sie sich unternehmungslustig durch das Touristengewimmel in der Khao San Road.
    »Komm, wir schauen uns mal an den Straßenständen um«, schlug Sofia vor. »Brauchst du nicht zufällig eine unechte Rolex?«
    Auch gefälschte Ausweise gab es an den vielen Ständen zu kaufen. Ricarda sah sogar Personalausweise aus Deutschland. Nein, so was brauchte sie nicht, und zum Glück gab es auch Dinge, die sie mehr interessierten, zum Beispiel CDs und DVDs, Schmuck, bunte Tücher und Flip-Flops. Alles enorm billig, ein T-Shirt kostete umgerechnet nur zwei Euro.
    Allmählich besserte sich Ricardas Stimmung. Wie schön, dass jeder ihr zulächelte. Die Menschen schienen hier viel freundlicher zu sein, nicht so verkniffen wie in Deutschland. Und es gefiel Ricarda auch, dass die Thais Buddhisten waren. Es war ein Glaube, der etwas tief in ihr zum Klingen brachte, weil er Gewalt ablehnte und für Toleranz und Weisheit stand.
    »Schade, ausgerechnet eine Buddha-Figur sehe ich nirgendwo – so eine hätte ich gerne gehabt«, meinte Ricarda.
    »Frag doch einfach!«
    Ricarda ging lieber weiter, so wichtig war es schließlich auch nicht. Aber Sofia hatte die Sache schon in die Hand genommen; mit einem strahlenden Lächeln wandte sie sich an einen der Verkäufer. »Do you have a Buddha statue?«
    »I’m very sorry«, sagte der junge Mann mit einem entschuldigenden Lächeln. »No Buddha.«
    »Why?« Sofia ließ nicht locker.
    »No Buddha for Farang . Foreigners. They take Buddha home, maybe not respect him, maybe treat him bad.«
    Ach, so war das. Nein, sie hätte die Statue bestimmt nicht schlecht behandelt, aber es war verständlich, dass die Thais dieses Risiko mit einem so heiligen Gegenstand nicht eingehen wollten. Schließlich wurden die meisten Reiseandenken bald vergessen und staubten irgendwo ein, landeten vielleicht sogar im Keller oder auf dem Flohmarkt.
    Ricarda beschloss, zum Abschied mal den traditionellen Wai auszuprobieren, von dem sie im Reiseführer gelesen hatte. Sie legte die Handflächen aneinander und verbeugte sich leicht. »Danke für die Auskunft!«
    Jetzt wirkte das Lächeln des Verkäufers überrascht, er erwiderte den Wai und sah ihnen hinterher, als sie weiterschlenderten. Bedeutete das, dass sie es richtig gemacht hatte oder dass die Verbeugung übertrieben tief gewesen war?
    »Was meinst du, wollen wir uns noch den Königspalast anschauen?«, meinte Sofia. »Ich glaube, dann sollten wir uns eins dieser Tuk-Tuks schnappen, zu Fuß ist es zu weit.«
    »Gute Idee«, antwortete Ricarda, ihre rechte Sandale war nämlich gerade dabei, ihren kleinen Zeh wund zu schubbern. Er hatte schon die Farbe einer reifen Kirsche.
    Sofia einigte sich mit dem Tuk-Tuk -Fahrer auf einen Preis von zweihundert Baht, dann kletterten sie in den offenen Fahrgastraum und klammerten sich an einer Metallstange fest, damit sie während der rasanten Fahrt nicht hin und her geworfen wurden odereinfach hinten aus der dreirädrigen Höllenmaschine herausfielen. Sofias große silberne Ohrringe pendelten wild.
    »Wieso habe ich gerade das Gefühl, dass wir beim Preis übers Ohr gehauen wurden?«, überlegte Sofia; sie musste fast schreien, damit Ricarda sie über den Verkehrslärm verstand.
    »Wahrscheinlich, weil es so ist«, brüllte Ricarda zurück. »Aber es sind ja nur drei Euro, egal.« Der Fahrtwind wehte ihr die langen dunkelbraunen Haare aus dem Gesicht, was ganz praktisch war, weil sie dadurch mehr sah. Sie hatte sich vor ein paar Wochen einen neuen Haarschnitt zugelegt, in einer weichen Schwinge fiel ihr der Pony über die Stirn. Seither musste sie sich das Haar ständig aus den Augen streichen. Das nervte ein bisschen, wirkte aber hoffentlich elegant.
    Sie sahen den Königspalast schon von Weitem, mächtig und golden erhoben sich die Tempeldächer und -türme über der Stadt. Kein Hochhaus in ihrer Nähe machte ihnen die Herrschaft streitig, die gläsernen Fassaden der Wolkenkratzer ragten in einem anderen Bezirk der Stadt auf. Der Palast und die Tempelanlagen machten Ricarda sprachlos, sie waren unfassbar prächtig. Manche Gebäude wirkten edel und schlicht, andere bunt und verspielt, steingewordene

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