Der Elfenpakt

Gewürzmeister wohl darin aussehen?
    Doch zunächst nahm Memnon eine kleine Holztrommel aus dem Schrank, die schon recht mitgenommen wirkte. »Drachenhaut«, murmelte er, als er sie ihr reichte.
    Blue blickte auf die grüne abgewetzte Bespannung. »Sagten Sie Diachenhaut!«
    »Nur ein winziges Stück, Majestät. Das Tier wurde in keiner Weise verletzt, als man es ihm nahm.«
    Blue starrte noch immer auf die Trommel. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie man einem Drachen ein Stück von seiner Haut herausschneiden sollte, ohne ihn zu verletzen … oder aber selbst gefressen zu werden. Vielleicht log der Gewürzmeister? Drachen standen schon seit Jahren unter Naturschutz, und wer sie tötete, wurde schwer bestraft. Aber im Moment hatte Blue andere Sorgen. Sie hob den Kopf und sah den Gewürzmeister an.
    »Was genau soll ich damit machen?«
    »Wenn Eure Majestät so frei wären, hier auf dem Stuhl Platz zu nehmen …«, er schaffte es, die ganze Zeit besorgt, nervös und beschämt zugleich zu wirken, »… die Trommel zwischen die Knie Eurer Majestät zu nehmen …« Blue schob ohne viel Aufhebens den Rock nach oben, um ihre Knie freizubekommen. »Und nun, Majestät, schlagt sanft die Trommel: eins, zwei, eins, zwei.«
    Blue klopfte mit den Fingerspitzen auf die Trommel. Dafür, dass es ein so kleines Instrument war, erzeugte es einen verblüffend lauten, vollen Ton. Sie sah hoch.
    »Sanft, Majestät«, ermahnte der Gewürzmeister sie. »Lasst die Drachenhaut die Arbeit machen.«
    Sie klopfte noch einmal, diesmal vorsichtiger. Der Ton war immer noch laut, aber der Gewürzmeister schien zufrieden.
    »Also los«, sagte er. »Eins, zwei – wie das Schlagen eines menschlichen Herzens.«
    Blue streckte die Hand aus, um über die Drachenhaut zu streichen. Sie sah glatt aus, aber Blue spürte unter ihren Fingern, dass sie mit feinen grünen Haaren überzogen war. Tapp-bum. Sie hob den Kopf und sah den Gewürzmeister an. Tapp-bum.
    »Perfekt!«, sagte er. »Genau so. Ganz genau so und in diesem Takt, bis ich die Mitte der Spirale erreicht habe. Dann langsamer und noch sanfter. Habt Ihr verstanden?« Er blinzelte und fügte hinzu: »Majestät?«
    Blue nickte.
    »Und nun, Majestät«, fuhr er fort, »wenn Ihr die Trommel einen Moment auf den Stuhl legen und mir in den Mantel helfen wolltet.«
    Sie hatte den Mantel vollkommen unterschätzt: Da er aus Federn bestand, hatte sie ihn für leicht gehalten. Doch als sie versuchte, ihn vom Bügel zu nehmen, begann er sich plötzlich zu drehen und zu winden wie ein lebendiges Wesen – und wie sich herausstellte, war er so schwer, dass sie ihre ganze Kraft aufbringen musste, damit er ihr nicht entglitt. Wie um alles in der Welt sollte der Gewürzmeister damit zurechtkommen?
    »Haltet ihn im Zaum!«, beschwor er sie. »Er ist keine echte Gefahr, aber er wird versuchen, Euch zu würgen!«
    Wie konnte etwas nicht wirklich gefährlich sein, wenn es einen würgen wollte? Und warum hatte dieser verrückte Zwerg den verdammten Mantel zuvor nicht erwähnt, wenn er so besorgt um ihre Sicherheit war? Doch sie wehrte sich tapfer gegen das zappelnde Kleidungsstück.
    »Meine Schultern!«, rief der Gewürzmeister. »Legt ihn mir über die Schultern! Er wird sich beruhigen, sobald er mich zu fassen bekommt!«
    Wenn ich ihm den Mantel über die Schultern lege, wird das Gewicht ihn zu Boden reißen, dachte Blue. Das Ding fühlte sich an, als wöge es eine Tonne! Aber der Gewürzmeister drehte sich in Position, und inzwischen war der Mantel so außer Rand und Band, dass er ihr fast von selbst aus den Händen sprang. Ganz plötzlich lag er auf den Schultern des Gewürzmeisters. Der schwankte ein wenig, seine Knie bogen sich, aber er schaffte es, sich aufrecht zu halten. Der Mantel beruhigte sich sofort, ganz wie es der Gewürzmeister vorhergesagt hatte.
    »Danke, Majestät«, sagte Memnon.
     
    Blue saß auf dem Lederstuhl. Mit einer Hand strich sie gedankenverloren über die Drachenhaut – fast so, als würde sie eine Katze streicheln. Auch klang das Vibrieren der Haut wie Katzenschnurren. Aber Blues Augen waren ganz auf den Gewürzmeister gerichtet, der nun am Eingang des Labyrinths stand. Er sah einfach großartig aus in seinem Mantel – völlig unabhängig von seiner Statur. Das Kleidungsstück hatte ihn verändert, verlieh ihm große Autorität und Präsenz. Zum ersten Mal ertappte Blue sich bei dem Gedanken, ob es nicht doch eine gute Idee gewesen wäre, eine Wache mitzubringen, doch sie schob ihn