Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron
»Vielleicht auch nichts.«
Blue starrte an ihm vorbei auf die Kugel. »Du glaubst, sie bewegen sich, oder?«
»Blue«, sagte Henry, »was dieses Neutronenzeugs anbelangt …«
»Mach es mir doch nicht noch schwerer, Henry. Ich muss das Elfenreich schützen.«
»Ja, aber doch nicht auf diese Art. Nicht, indem man Tausende … wahrscheinlich Zehntausende …«
Müde sagte Blue: »Nenn mir eine andere Lösung. Du warst hier, als wir alles diskutiert haben. Nenn mir eine bessere Lösung.« Als Henry nicht antwortete, drehte sie den Kugeln den Rücken zu. »Es gibt keine Anzeichen für Truppenbewegungen«, sagte sie mit fester Stimme. »Sie würden die Mantikore nicht ohne konventionelle Rückendeckung einsetzen. Das würde keinen Sinn ergeben.« Sie blieb stehen, um das Gewusel im Kontrollraum zu betrachten, dann fügte sie beinahe träumerisch hinzu: »Ich bin sicher, Madame Cardui wird uns über eventuelle Truppenbewegungen sofort informieren.« Henry fand, dass sie erschöpft aussah. Sie hatten in letzter Zeit viel Schlaf versäumt.
Er wandte sich wieder den Kugeln zu. Die Technologie war gar nicht so anders als das, was er aus seiner eigenen Welt gewöhnt war. Die Informationen kamen von Kameras, die strategisch an verschiedenen Punkten der Grenze platziert worden waren. Was die Kameras sahen, konnte durch die Fernbedienung verändert werden, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Da die Ausrüstung magische Energie benutzte, konnte der Feind keine Kabel durchschneiden, keine Fernsehsignale blockieren, und die Kameras selbst waren so gut geschützt, dass sie praktisch unzerstörbar waren. Aber es gab drei ernsthafte Fehlerquellen. Die erste war, dass die Bildqualität sehr schlecht war. Die zweite war, dass die Bilder selbst sehr klein waren und dass man sie auch nicht vergrößern konnte. (Mr Fogarty hatte einst erklärt, warum: Es hatte mit der geometrischen Progression des Energiebedarfs zu tun.) Die dritte und problematischste von allen war, dass das Bild in Echtzeit nicht aufgefrischt werden konnte. Stattdessen reagierte es auf die Stellung des Mondes. Das Resultat war, dass die Bilder auf den Sichtkugeln nur in bestimmten Phasen flüssig aufeinanderfolgten, während sie in anderen Phasen so ruckartig waren wie bei einer alten Internetverbindung über Modem-Einwahl. Dummerweise waren sie im Moment in einer ungünstigen Internet-Mondphase.
Blue hatte wahrscheinlich recht. Wenn es keine Truppen gab, um die Mantikore zu unterstützen, hatte es wenig Sinn, eine Stampede über die Grenze zu schicken. Nur dass er dachte, er hätte Bewegung in der Nähe der Herde erkannt. Keine Truppenbewegung, das nicht – derzeit waren da nur ein paar Gestalten –, aber vielleicht das Vorspiel zu Truppenbewegungen: Kundschafter, die die beste Stellung für eine angreifende Armee suchten. Aber vielleicht war alles auch ganz harmlos: eine kleine Gruppe Haleklinder Wanderer, die von den ausgetretenen Pfaden abgekommen waren. Henry schloss die Augen. Er musste wirklich aufhören, in jeder Situation das Schlimmste anzunehmen. Wenn das so weiterging, würde er noch anfangen sich auszumalen, dass Lord Hairstreak ein wundersames Comeback gefeiert hatte und nun plante, den ganzen Planeten zu übernehmen.
»Entschuldigen Sie, Kaiserlicher Prinzgemahl, Lord Hairstreak möchte Sie und Ihre Majestät, die Kaiserin, sprechen.«
Henry starrte auf den Boten hinunter, eine junge Frau in Uniform, und fragte sich, ob er sich verhört hatte oder bloß halluzinierte. Er bemerkte, dass Madame Cardui neben dem Mädchen stand, und wandte sich sofort an sie. »Ich dachte, Lord Hairstreak sei tot – oder so gut wie. Wird er nicht künstlich am Leben erhalten?«
Madame Cardui nickte. »Er wird mit einem Körper im Kasten am Leben erhalten. Aber es scheint so, als hätte ihm VMD inzwischen etwas Besseres verkauft – ich habe Kaiserin Blue dazu einen Aktenvermerk geschickt. Hairstreak ist voll funktionsfähig und beweglich. Wieder ganz der alte, mehr oder weniger. Der gefährliche alte.«
Es gab einiges, das Henry plötzlich wissen wollte. »Sie glauben nicht, dass er in die Invasionspläne der Haleklinder verwickelt ist, oder?«
Trocken sagte Madame Cardui: »Ich bezweifle es, wenn man bedenkt, dass er so lange handlungsunfähig war. Gleichzeitig habe ich aber gerade die Geheimdienstinformationbekommen, dass Lord Hairstreak dem Führenden Kameraden direkt, bevor Mella verschwand, einen Besuch abgestattet hat – ein
Weitere Kostenlose Bücher